Gesetzentwurf: Verfassungsschutz soll bei WhatsApp mitlesen dürfen

Der Verfassungsschutz soll künftig auch Chats über verschlüsselte Messengerdienste wie WhatsApp mitlesen dürfen. Die Bundesregierung hat am 21.10.2020 den Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Verfassungsschutzrechts beschlossen, der die Möglichkeiten für die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) regelt. Diese ist für die Überwachung digitaler und verschlüsselter Kommunikation wichtig, die oft über Messengerdienste erfolgt.

Aufklärung unabhängig von gewähltem Kommunikationsmittel

Die Regelung zur Quellen-TKÜ erweitere die rechtlichen Möglichkeiten der Telekommunikationsüberwachung nicht, sondern sorge dafür, dass die Täter sich der Aufklärung technisch nicht mehr durch Wahl des Kommunikationsmittels entziehen können, heißt es in der entsprechenden Mitteilung des Bundesinnenministeriums. Die Quellen-TKÜ setzt im Endgerät an, bevor die Nachrichten technisch verschlüsselt werden beziehungsweise  wenn sie wieder entschlüsselt sind.

Immer entsprechende Anordnung erforderlich

Voraussetzung für die sogenannte Quellen-TKÜ ist allerdings in jedem einzelnen Fall eine entsprechende Anordnung. Die Geheimdienste könnten also nicht nach eigenem Gutdünken Kommunikation mitlesen und speichern, so das Bundesinnenministerium. Um die Kontrolle der Überwachungsmaßnahmen zu verbessern, soll die Zahl der Mitglieder der für ihre Genehmigung zuständigen G10-Kommission des Bundestages erhöht werden. Außerdem soll der Kommission ein technischer Berater an die Seite gestellt werden. Die Reform muss noch vom Bundestag gebilligt werden.

Befürworter: Wieder auf ursprünglichem Stand angekommen

Befürworter des Entwurfs sagen, damit wäre der Inlandsgeheimdienst von seinen Möglichkeiten her bloß wieder auf dem Stand angekommen, auf dem er vor der Erfindung von Internet und Mobilfunk war. Damals genügte es, Festnetztelefone abzuhören.

Neuregelung war innerhalb der Koalition sehr umstritten

Die Reform war in der Koalition sehr umstritten. Ein erster Entwurf war den anderen Ministerien bereits im März 2019 zur Stellungnahme übersandt worden. Damals sah er für die Geheimdienste auch noch die Erlaubnis für "Online-Durchsuchungen" vor. Darunter versteht man den verdeckten Zugriff auf Computer, Smartphones und andere IT-Geräte, deren Daten dann ausgelesen werden können. Dieser Passus wurde auf Druck der SPD gestrichen.

Erweiterte Beobachtung von Einzelpersonen

"Das Gesetz ist ein überfälliger Schritt im Kampf gegen Terroristen und militante Extremisten. Wir brauchen einen Verfassungsschutz, der auch im digitalen Zeitalter sehen und hören kann", sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Der jetzt beschlossene Gesetzesentwurf sieht außerdem eine erweiterte Beobachtung von Einzelpersonen für eine verbesserte Bekämpfung des Rechtsextremismus vor. Zudem werde der Informationsverbund zwischen Verfassungsschutz und MAD verbessert.

Redaktion beck-aktuell, 21. Oktober 2020 (ergänzt durch Material der dpa).