Die Änderung im Schwangerschaftskonfliktgesetz, die der Bundesrat heute gebilligt hat, verpflichtet die Bundesländer dazu, sicherzustellen, dass Schwangere ungehinderten Zugang zu Beratungsstellen und Kliniken erhalten. Das Gesetz untersagt es zudem, in einem Bereich von 100 Metern um den Eingang einer Einrichtung Schwangere zu bedrängen, sie unter Druck zu setzen oder in ihrer Entscheidung zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu beeinflussen. Auch darf das Personal nicht an der Ausübung seiner Tätigkeit behindert werden. Verstöße dagegen werden mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro bestraft.
Ziel des Gesetzes sei es, so die Bundesregierung, Schwangere zu schützen, die sich in einer besonderen psychischen Konfliktsituation befinden. Die Entscheidung, eine Schwangerschaft fortzuführen oder abzubrechen, gehöre zu den höchstpersönlichen Entscheidungen des Lebens. Bei Gehsteigbelästigungen seien die Schwangeren vielfach in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen, das zu schützen auch ein staatlicher Schutzauftrag sei. Wenn die Beratung gesetzliche Voraussetzung für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch sei, müsse der Gesetzgeber auch einen ungehinderten Zugang zu Beratungsstellen sicherstellen.
Erleichterungen für Balkonkraftwerke und virtuelle Eigentümerversammlungen
Der Bundesrat billigte auch Änderungen am Wohnungseigentums- und Mietrecht. Diese sollen unter anderem das Anbringen von sogenannten Steckersolaranlagen, auch bekannt als Balkonkraftwerke, erleichtern. Mit der Gesetzesänderung zählen sie zu den privilegierten Vorhaben, die Eigentümergemeinschaften nicht mehr ohne triftigen Grund verweigern können. Gleichermaßen haben Mieterinnen und Mieter nun einen Anspruch auf die Erlaubnis des Vermieters zur Installation einer Steckersolaranlage.
Bislang können Eigentümerversammlungen nur als Videokonferenz stattfinden, wenn sich alle Eigentümer und Eigentümerinnen darauf verständigt haben. Andernfalls finden sie in Präsenz oder in hybrider Form statt. Die Länderkammer billigte heute eine von der Regierung vorgelegte Gesetzesänderung, die vorsieht, dass die Versammlungen künftig auch rein online durchgeführt werden können, wenn dies in der WEG mit drei Vierteln der abgegebenen Stimmen beschlossen wird. Dadurch sparten viele Eigentümer Zeit und Geld, da sie nicht mehr zu Versammlungen reisen müssten, heißt es in der Gesetzesbegründung. Es muss allerdings sichergestellt sein, dass die Teilnahme und das Ausüben der Eigentümerrechte genauso möglich sind wie bei einer Versammlung in Präsenz. Kritik am Gesetzesvorhaben gab es bereits im Vorfeld. So lehnte der Deutsche Anwaltsverein diese Vorhaben ab.
Grünes Licht für Stärkung der medizinischen Forschung
Die Länderkammer hat heute in seiner Sitzung das Medizinforschungsgesetz durchgewunken. Mit dem Gesetz will die Bundesregierung die Rahmenbedingungen für die Entwicklung, Zulassung und Herstellung von Arzneimitteln verbessern und so die Attraktivität des Standorts Deutschland im Bereich der medizinischen Forschung steigern. Das soll durch eine verbesserte Zusammenarbeit der Arzneimittelzulassungsbehörden und eine Spezialisierung und Harmonisierung der Ethik-Kommissionen geschehen. Das Gesetz schafft zudem eine Grundlage für verbindliche Standardvertragsklauseln und vereinfacht und beschleunigt die Zulassung von Arzneimitteln sowie die Genehmigung und Durchführung klinischer Prüfungen.
Um die Arzneimittelpreise zu senken, werden zudem die Verhandlungsspielräume für diese vergrößert. Pharmazeutischen Unternehmern soll es – unter bestimmten Bedingungen - möglich sein, vertrauliche Erstattungsbeträge bei Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen zu vereinbaren. Dies gilt zunächst bis zum 30. Juni 2028 und soll Ende 2026 evaluiert werden.
Während der Beratungen im Bundestag wurde das Gesetz um Meldepflichten für medizinisches Personal ergänzt. Danach sind Krankenhäuser verpflichtet, quartalsweise detaillierte Daten zur Zuordnung des ärztlichen Personals zu den Leistungsgruppen, die im Rahmen der Krankenhausreform maßgeblich sein sollen, zu übermitteln. Andernfalls sind sie zur Zahlung von 50.000 Euro verpflichtet.
Gesetzentwurf zum Speichern von IP-Adressen beschlossen
Die Länderkammer hat am heutigen Freitag zudem beschlossen, den Gesetzentwurf des Landes Hessen, mit dem die Mindestspeicherung von IP-Adressen zur Bekämpfung schwerer Kriminalität eingeführt werden soll, einzubringen. Die IP-Adresse sei häufig der einzige, immer aber der erste Anhaltspunkt, um im Internet schwere Kriminalität - insbesondere beim Verbreiten von Kinderpornographie - zu verfolgen, heißt es in dem Antrag Hessens.
Die bisher existierenden deutschen Regelungen zur anlasslosen Vorratsdatenspeicherung sind seit Jahren ausgesetzt. Der EuGH, das BVerfG und das BVerwG hatten festgestellt, dass sie dem Unionsrecht widersprechen. Die Speicherung für einen Monat sei - anders als bisherige Zeiträume von zehn Wochen oder sechs Monaten - ein auf das absolut Notwendige begrenzter Zeitraum und somit unionsrechtskonform, heißt es in Hessens Antrag weiter. Das alternativ denkbare "Quick Freeze" Verfahren werde von der Mehrheit der Strafrechtspraxis als ineffizient betrachtet.
Mehr Schutz für BVerfG, Mandatsträger und Rettungskräfte und Polizisten
Außerdem hat sich die Länderkammer für den vom Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und verschiedenen Bundestagsfraktionen vorgestellten Vorschlag ausgesprochen: Er hat zum Ziel, die im Grundgesetz verankerten Regelungen zum BVerfG zu erweitern und es so vor Übergriffen antidemokratischer Kräfte besser zu schützen. Dies betreffe vor allem den Status und die Organisation des Gerichts, die Amtszeit seiner Richterinnen und Richter und die Bindungswirkung der Entscheidungen.
Diese seien bisher lediglich im BVerfGG geregelt, das - anders als das Grundgesetz - als einfaches Gesetz im Parlament mit einer einfachen Mehrheit geändert werden kann. Um in Bundestag und Bundesrat die für eine Grundgesetzänderung erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit sicherzustellen, seien jedoch Gespräche zwischen Bund und Ländern erforderlich, da aus Sicht des Bundesrates noch Änderungen an dem Vorschlag notwendig seien. So soll zukünftig das BVerfGG nur mit Zustimmung der Länder gerändert werden können.
In einer weiteren Entschließung spricht sich der Bundesrat für eine Ausweitung des von der Bundesregierung für Einsatzkräfte und Mandatsträger geplanten besseren Schutzes aus. Strafbar müsse es künftig auch sein, Mitglieder von Verfassungsorganen zu nötigen, ihr Amt oder Mandat ganz oder teilweise aufzugeben. Besser erfasst werden sollen insbesondere Fälle, in denen Bürgermeister mit Einschüchterung oder Angriffen zum Rücktritt gebracht werden.
Die Bundesregierung plant Änderungen im Strafrecht, um daneben auch Polizeibeamte, Rettungskräfte, Feuerwehrleute, Ehrenamtliche und weitere Kommunalpolitiker besser zu schützen. Bei der Strafzumessung soll klargestellt werden, dass es strafverschärfend berücksichtigt werden kann, wenn mit einer Tat eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird.
Zudem sollen die Straftatbestände Nötigung von Verfassungsorganen sowie Nötigung des Bundespräsidenten und von Mitgliedern eines Verfassungsorganes ergänzt werden, sodass auch Mitglieder des Europäischen Parlaments, der Kommission und des Gerichtshofes der EU erfasst werden. Gleiches gilt für Mitglieder in Gemeindevertretungen, Bürgermeister und Landräte.
Der Bundesrat schlägt zudem einen neuen Straftatbestand vor: Beeinflussung von Amts- und Mandatsträgern durch sogenanntes politisches Stalking, bei dem es zu bedrohlichen Übergriffen im Privatleben von Entscheidungsträgern kommt. Einen Gesetzentwurf dazu hatte der Bundesrat in seiner Juli-Sitzung auf den Weg gebracht.