Der Bundesrat hat am Freitag das sogenannte Solarpaket I gebilligt, das der Bundestag erst kurz zuvor beschlossen hatte. Die Änderungen am Erneuerbare-Energien-Gesetz sollen nach den Wünschen der Bundesregierung den jährlichen Zubau von Photovoltaik verdreifachen - von 7,5 Gigawatt im Jahr 2022 auf bis 22 GW im Jahr 2026. Bis zum Jahr 2030 sollen so 215 Gigawatt aus Photovoltaik produziert werden können.
Wer auf dem heimischen Balkon eine Steckersolaranlage mit dann bis zu 800 Watt betreiben will, muss dieses sogenannte Balkonkraftwerk künftig nicht mehr beim Netzbetreiber anmelden, sondern nur noch bei der Bundesnetzagentur registrieren. Und auch Gebäudestromanlagen lassen sich leichter nutzen: Die gewonnene Energie darf auch in Nebenanlagen wie Garagen verbraucht werden. In einer gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung gewonnener Strom darf zwischengespeichert werden.
Die Betreiber von Solaranlagen dürfen zukünftig ihre Anschlussleitungen über Grundstücke in öffentlichem Besitz legen und diese zu deren Wartung betreten.
Der Bundesrat hat außerdem den Weg für den Aufbau eines Wasserstoff-Kernnetzes in Deutschland frei gemacht. Dafür hat er eine Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes passieren lassen. Die Länderkammer verzichtete darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Das Wasserstoff-Kernnetz soll privatwirtschaftlich finanziert werden – mit einer staatlichen Absicherung. Es soll die wichtigsten Leitungen der Wasserstofftransport- und -importinfrastruktur umfassen. Vorgesehen sind insgesamt 9.700 Kilometer an Leitungen. Zum großen Teil handelt es sich um eine Umwidmung des derzeitigen Gasnetzes.
Mit dem Wasserstoff-Kernnetz sollen große Verbrauchs- und Erzeugungsregionen für Wasserstoff angebunden werden, etwa wo es große Industriezentren, Speicher und Kraftwerke gibt. Die Leitungen des Kernnetzes sollen laut Wirtschaftsministerium schrittweise von 2025 bis 2032 in Betrieb genommen werden. Erwartet werden Investitionen von rund 20 Milliarden Euro.
Bundesrat ebnet Weg zur Bezahlkarte für Asylbewerber
Die Bezahlkarte für Asylbewerber kann kommen. Sie ist Teil des Gesetzes zur Anpassung von Datenübermittlungsvorschriften im Ausländer- und Sozialrecht, dem der Bundesrat am Freitag zugestimmt hat. Einige Bundesländer hatten die Bezahlkarte für Asylbewerber bereits auf Landesebene eingeführt – nun ist sie auch im Bundesrecht, genauer gesagt im Asylbewerberleistungsgesetz gesetzlich verankert. Sie tritt dort neben die bereits bestehenden Regelungen zu Geld- und Sachleistungen. Die Länder sind allerdings weiterhin frei in ihrer Entscheidung, ob sie die Bezahlkarte einführen und wie sie die Nutzung der Karte näher ausgestalten. Auch den zuständigen Behörden bleibt im Rahmen ihrer Ermessensausübung die Möglichkeit, sich im Einzelfall gegen den Einsatz einer Bezahlkarte zu entscheiden.
Das Gesetz verbessert zudem die Möglichkeiten des Datenaustausches zwischen Ausländerbehörden und den Leistungsbehörden, die für die Sicherung des Existenzminimums sorgen sollen. Es verfolgt das Ziel, die Behörden durch eine automatisierte Datenübermittlung über das Ausländerzentralregister von häufigen standardmäßigen Abfragen zu entlasten und einem Leistungsmissbrauch vorzubeugen. Das Ausländerzentralregister soll nun Daten zur zuständigen Leistungsbehörde, zum Bezugszeitraum und zur Art der Leistung enthalten, auf die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Ausländerbehörden und die Leistungsbehörden zugreifen können.
Das am Freitag gebilligte Digitale-Dienste-Gesetz ergänzt die als Digital Services Act bekannte Verordnung der Europäischen Union. Durch das Digitale-Dienste-Gesetz wird eine Koordinierungsstelle innerhalb der Bundesnetzagentur geschaffen, die für Transparenz und Fairness sorgen und Anbieter digitaler Vermittlungsdienste zentral beaufsichtigen soll. Nutzerinnen und Nutzer können ihre Beschwerden direkt an die Koordinierungsstelle richten.
Das bereits im März vom Bundestag beschlossene Gesetz enthält Regelungen zum Schutz von Minderjährigen im digitalen Raum, deren Einhaltung durch die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz überwacht werden soll. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit soll das Einhalten der europäischen Datenschutzregelungen überwachen: So dürfen zum Beispiel personenbezogene Daten nicht für kommerzielle Werbung verwendet werden. Des Weiteren finden sich im Gesetz Bußgeldvorschriften für Verstöße gegen den Digital Services Act.
Einheitliche Ladekabel für alle Mobiltelefone und Tabletts
Die Länderkammer hat nach dem Bundestag Änderungen am Funkanlagengesetz gebilligt und damit den Weg für einheitliche Ladekabel freigemacht. Die Ladeschnittstellen von Mobiltelefonen und ähnlichen technischen Geräten, wie Tablets, eBook-Reader, Digitalkameras etc. müssen zukünftig über einen einheitlichen Ladeanschluss aufgeladen werden können. Dabei handelt es sich um eine USB-C-Schnittstelle. Geräte, die über eine sogenannte Schnellladefunktion verfügen, müssen zukünftig stets dasselbe Ladeprotokoll verwenden.
Die Vereinheitlichung der Ladegeräte hat zur Folge, dass zukünftig Handys und andere Geräte auch ohne neues Ladenetzteil verkauft werden können. Auf den Verpackungen muss anhand von Piktogrammen eindeutig zu erkennen sein, ob das Gerät mit einem Netzteil ausgestattet ist oder nicht.
Bundesrat fordert Mutterschutz für Selbständige und kritisiert BAföG-Reform
Selbständige sollen während der Schwangerschaft und nach der Entbindung die gleichen Mutterschutzleistungen erhalten wie Arbeitnehmerinnen. Dies fordert der Bundesrat von der Bundesregierung in einer Entschließung, die auf eine Initiative von Nordrhein-Westfalen und Hamburg zurückgeht. Der Bundesrat begründet seine Forderung mit dem immer noch auffällig niedrigen Anteil von Frauen bei Unternehmensgründungen und in der Geschäftsführung von Start-Ups sowie kleinen und mittleren Unternehmen.
Der Bundesrat beschäftigte sich am Freitag zudem mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur 29. Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG). In seiner Stellungnahme kritisierte er, dass der finanzielle Rahmen in Höhe von 150 Millionen Euro, den der Haushaltsausschuss des Bundestages vorgegeben hatte, nicht ausgeschöpft wurde. Es wäre möglich gewesen, die geplante Studienstarthilfe auf alle Studienanfänger auszudehnen, da man davon ausgehen könne, dass jeder, der BAföG beziehe, bedürftig sei. Das Prüfen weiterer Voraussetzungen und Nachweise für die Zahlung der Pauschale koste zusätzlich Geld und Zeit.
Außerdem bemängelte die Länderkammer, dass mit der Reform die Bedarfssätze nicht an die gestiegenen Lebenshaltungskosten angepasst werden. Gerade junge Menschen seien von der Inflation und den steigenden Mieten besonders betroffen. Die Bedarfssätze müssten auf Bürgergeld-Niveau angehoben und die Wohnkostenpauschale erhöht werden. Schließlich ist der Bundesrat der Meinung, die geplante Einführung eines Flexibilitätssemesters greife zu kurz und erhöhe den Verwaltungsaufwand. Zielführender sei es, die Förderungshöchstdauer insgesamt um zwei Semester zu verlängern.