Klimaschützer warnen: Reform des Klimaschutzgesetzes verfassungswidrig

Noch ist offen, ob der Bundestag am Freitag über die Reform des Klimaschutzgesetzes abstimmen darf. Aktivisten fordern die Abgeordneten zum Nein auf – auch wegen rechtlicher Zweifel.

So halten Umwelt- und Klimaschützer die Ampel-Reform des Klimaschutzgesetzes für verfassungswidrig. Maßnahmen für mehr Klimaschutz würden damit auf die Zeit nach 2030 verschoben, das missachte Vorgaben des BVerfG, argumentierten die Deutsche Umwelthilfe, Fridays for Future, Greenpeace, Germanwatch und der Solarenergie Förderverein am Donnerstag. Der Klimaschutz werde durch das Gesetz massiv geschwächt.

Noch ist zwar nicht klar, ob am Freitag überhaupt über die Reform abgestimmt wird. Denn der CDU-Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Tho­mas Heil­mann hat am Mittwoch vor dem BVerfG eine einst­wei­li­ge An­ord­nung zum Stopp des Ge­set­zes beantragt. Für den Fall, dass abgestimmt werden sollte, riefen die Organisationen alle Abgeordneten des Bundestags auf, gegen die Reform zu stimmen. "Wir brauchen Bundestagsabgeordnete, die sich beim Klimaschutz nicht von einer Wirtschaftslobbypartei am Nasenring durchs Parlament ziehen lassen. Wir brauchen Volksvertreter, die nach bestem Wissen und nur nach ihrem Gewissen über so zentrale alle Fragen wie den Klimaschutz abstimmen", betonte der Geschäftsführer der Umwelthilfe, Jürgen Resch.

Keine verbindlichen Sektorziele mehr

Die Novelle des Klimaschutzgesetzes sieht grundlegende Änderungen vor. Bisher gilt: Wenn einzelne Sektoren wie der Verkehrs- oder Gebäudebereich gesetzliche Vorgaben zum CO2-Ausstoß verfehlen, müssen die zuständigen Ministerien im folgenden Jahr Sofortprogramme vorlegen. Mit der Reform soll die Einhaltung der Klimaziele nun nicht mehr rückwirkend nach Sektoren kontrolliert werden, sondern in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifend. Wenn sich in zwei aufeinander folgenden Jahren abzeichnet, dass die Ziele gerissen werden, muss die Bundesregierung nachsteuern. 

Bis 2030 muss Deutschland laut Gesetz seinen Treibhausgas-Ausstoß um mindestens 65% im Vergleich zu 1990 senken. Bis 2045 soll Treibhausgasneutralität erreicht werden – dann dürften also nicht mehr Treibhausgase ausgestoßen werden als auch wieder gebunden werden können.

Jurist: Gesetz nicht mit Vorgaben des BVerfG vereinbar

Mit dem neuen Gesetz sei eine Einhaltung dieser Ziele nicht zu erwarten, sagte der von den Klimaschutz-Verbänden beauftragte Jurist Remo Klinger. Die aktuelle Bundesregierung könne sich damit zurücklehnen, Sofortmaßnahmen müssten erst ab 2030 ergriffen werden. Außerdem blicke man nur noch auf Prognosen statt tatsächliche CO2-Minderungswerte. Das Gesetz sei damit "in zentralen Punkten nicht mit dem Bundesverfassungsgerichts-Beschluss von 2021 vereinbar", sagte Klinger.

Damals hatte das Gericht festgestellt, dass die Politik deutlich mehr für das Erreichen der Klimaziele tun muss und Schritte zur Senkung der Emissionen nicht zulasten der jungen Generation auf die lange Bank schieben darf. Juristin Franziska Heß erklärte, die Bundesregierung wolle sich offenkundig nicht an diese Vorgaben halten. Klimaschutz-Maßnahmen kämen mit dem neuen Gesetz weder rechtzeitig, noch seien sie für Bevölkerung und Industrie planbar.

Die geplante Novelle des Klimaschutzgesetzes ist immer wieder heftig kritisiert worden – nicht nur von Umweltschutzverbänden, sondern auch bei einer Experten-Anhörung im Bundestag und von Jura-Professoren und -Professorinnen.

Redaktion beck-aktuell, bw, 25. April 2024 (dpa).