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Umsatzsteueränderungen zum Jahreswechsel 2023/2024

Dr. Stefanie Becker

 

Ab dem 1.1.2024 sind einige umsatzsteuerliche Neuerungen zu beachten, die nachfolgend zusammengefasst werden. Daneben hat der BFH einige interessante Entscheidungen im Jahr 2023 gefällt, die ebenfalls kurz dargestellt werden.


 

Praxis-Info!

 

Steuersatz auf Restaurantleistungen wieder bei 19%

Durch die Medien schon vielfach bekannt. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde der Steuersatz für Restaurantleistungen, soweit es sich um Speisen handelt, von 19% auf 7% gesenkt. Die Steuersatzsenkung galt befristet bis 31.12.2023. Trotz vieler Diskussionen wurde die Frist nicht verlängert. Damit gilt seit 1.1.2024 für Restaurantleistungen wieder einheitlich ein Steuersatz von 19% sowohl für Getränke als auch für Speisen. Für die Silvesternacht beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn noch von 7% für Speisen ausgegangen wird.

 

 

Keine Erklärungspflicht für Kleinunternehmer

Mit dem noch nicht verabschiedeten Wachstumschancengesetz soll die Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen bzw. Umsatzsteuer-Jahreserklärungen für Kleinunternehmer wegfallen. Die Begünstigung soll jedoch nicht greifen, sofern der Kleinunternehmer als Leistungsempfänger nach § 13b UStG die Umsatzsteuer schuldet („Umkehr der Steuerschuldnerschaft“, sog. Reverse-Charge-Verfahren), die Fahrzeugeinzelbesteuerung zur Anwendung kommt oder die Finanzverwaltung eine Erklärung anfordert.

Beabsichtigt war, dass die Neuerung bereits ab dem Besteuerungszeitraum 2023 greift. Da das Wachstumschancengesetz jedoch bislang nicht verabschiedet werden konnte, ist die Wirkung ab 2023 fraglich.

 

 

BFH: Vorsteuerabzug mit Zahlung bei Ist-Versteuerung des Leistenden

Der BFH bekräftigt in einem aktuellen Urteil vom 12.7.2023 (XI R 5/21) die Auffassung des EuGH, dass das Recht auf Vorsteuerabzug erst mit der Zahlung entsteht, wenn der leistende Unternehmer Ist-Versteuerer ist. Ob dies bereits durch eine richtlinienkonforme Auslegung des § 15 UStG erreicht werden kann oder eine Neuregelung erforderlich ist, lässt er offen.

Bislang beurteilt sich der Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs jedoch – mit Ausnahme von Anzahlungen, unabhängig von der Besteuerung beim Leistenden – nach dem Zeitpunkt der Leistungsausführung; überdies muss eine Mindest-Rechnung vorliegen. Für die Praxis lässt sich eine Beurteilung in Abhängigkeit von der Besteuerung beim Leistenden derzeit nur schwer realisieren. Denn das nationale Recht sieht, im Gegensatz zur Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL), keine Rechnungsangabe zur Ist-Besteuerung beim Leistenden vor. Damit ist dem Empfänger nicht bekannt, ob Leistungsausführung oder Zahlung entscheidend ist.

Sollte also eine richtlinienkonforme Auslegung möglich sein, liefe die Regelung mangels Umsetzbarkeit in der Praxis ins Leere, solange der Gesetzgeber keine weitere Rechnungspflichtangabe vorsieht. Damit ist nun der Gesetzgeber auf den Plan gerufen, für eine unionsrechtskonforme Umsetzung der Rechtsprechung zu sorgen – auch wenn diese für die Praxis nicht zwingend vorteilhaft sein mag. Bis zu einer Neuregelung bzw. einer klaren Aussage des BFH, inwiefern eine richtlinienkonforme Auslegung möglich sei, bleibt es für die Praxis dabei, den Vorsteuerabzug unabhängig von der Besteuerung beim Leistenden vorzunehmen.

 

 

BFH: Steuerfreie Vermietung von Betriebsvorrichtungen als Nebenleistung

Bislang waren sich Rechtsprechung und Finanzverwaltung einig, dass die Vermietung von Betriebsvorrichtungen steuerpflichtig ist, auch wenn sie gemeinsam mit einer Grundstücksvermietung erfolgt. Das Gesetz normiere hier ein Aufteilungsgebot unabhängig von der Beurteilung als einheitliche Leistung.

Der BFH hat nun am 17.8.2023 (V R 7/23, vgl. auch BC 2023, 539 f., Heft 12) in einer Nachfolgeentscheidung zum Urteil des EuGH v. 4.5.2023 (C-516/21) seine Auffassung geändert und geurteilt, dass die Vermietung von Betriebsvorrichtungen, wenn sie eine Nebenleistung zur Grundstücksvermietung darstellt, wie diese steuerfrei ist. Sofern zur Grundstücksvermietung optiert wurde, verbleibt es bei der Steuerpflicht der vermieteten Betriebsvorrichtungen. Falls eine steuerfreie Beurteilung im Einzelfall günstiger ist, auch wenn hierdurch ein Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit der Vermietung der Betriebsvorrichtungen ausgeschlossen ist, besteht die Möglichkeit, sich auf das Urteil des BFH zu berufen.

Im Übrigen geht die Finanzverwaltung derzeit noch vom Aufteilungsgebot aus. Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass wird hier aber an die Rechtsprechung angepasst werden müssen.

Inwieweit sich aus dem Urteil auch Seitenwirkungen auf die Steuerermäßigung für kurzfristige Beherbergungsleistungen ergeben, bleibt abzuwarten. Hierüber wird der XI. Senat in mehreren Fällen zeitnah entscheiden. Es besteht die Möglichkeit, dass er auch hierzu den EuGH um Klärung bittet.

 

 

Weitere Urteile in aller Kürze

  • Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte: Der mittlere Unternehmer kann die Vereinfachungen, insbesondere keine Registrierung im Zielstaat der Ware, nur in Anspruch nehmen, wenn er in seiner Rechnung nicht nur auf das Dreiecksgeschäft, sondern auch auf die Steuerschuldnerschaft seines Abnehmers hinweist. So urteilte der EuGH am 8.12.2022 (C-247/21).
  • Vorsteuerabzug aus Betriebsveranstaltungen: Eine Versteuerung als unentgeltliche Wertabgabe scheidet nur dann aus, wenn es sich um Aufmerksamkeiten handelt. Hier gilt grundsätzlich der ertragsteuerliche Freibetrag (bisher 110 €, durch das Wachstumschancengesetz künftig aller Voraussicht nach 150 €). In Abweichung dazu stellt sie im Umsatzsteuerrecht jedoch eine Freigrenze dar, greift nur einmal pro Kalenderjahr und berechnet sich aus den Aufwendungen einschließlich der Kosten des äußeren Rahmens, soweit es sich um einheitliche Leistungen handelt, bezogen auf die tatsächlich teilnehmenden Arbeitnehmer. Die lohnsteuerlichen Berechnungen und Werte können damit in die Umsatzsteuer nicht übernommen werden. Dies stellte der BFH am 10.5.2023 (V R 16/21, vgl. BC 2023, 364 f., Heft 8) fest.
  • Unternehmereigenschaft von Bruchteilsgemeinschaften: Der BFH bleibt in seinem Beschluss vom 28.8.2023 (V B 44/22) weiterhin der Auffassung, dass Bruchteilsgemeinschaften keine Unternehmer sein können. Er widerspricht hier nicht nur der Auffassung der Finanzverwaltung, sondern seit 1.1.2023 auch der gesetzlichen Regelung und zweifelt deren Unionsrechtskonformität an. Nichtsdestotrotz können sich Bruchteilsgemeinschaften zum einen der Sichtweise der Finanzverwaltung anschließen und zum anderen die gesetzliche Regelung anwenden.
  • Steuerermäßigung auf Campingplätzen: Die Finanzverwaltung hat sich mit Schreiben vom 6.10.2023 dem BFH in seinem Urteil v. 29.11.2022 (XI R 13/20) angeschlossen und gewährt nun ebenfalls den ermäßigten Steuersatz auf die kurzfristige Vermietung von nicht fest mit dem Grund und Boden verbundenen Bauwerken. Betroffen sind davon insbesondere Campingplätze, die Mobilheime, Wohnwägen oder auch Zelte kurzfristig vermieten. Da die geänderte Auffassung auf alle noch offenen Fälle anzuwenden ist, kann auch rückwirkend noch der ermäßigte Steuersatz geltend gemacht werden. Keine Anwendung findet der Steuersatz auf die Vermietung von Wohnmobilen u.Ä. zur Durchführung von Reisen.

 

Dr. Stefanie Becker, Dipl.-Wirtschaftsjuristin, Dipl.-Finanzwirtin (FH), Steuerberaterin, Ansbach (www.umsatzsteuer3.de)

 

 

 

BC 2/2024

BC20240203

 

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