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Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen

BC-Redaktion

BFH Urt. v. 10.5.2023 – V R 16/21

 

1. Bezieht der Unternehmer Leistungen für sogenannte Betriebsveranstaltungen (hier: Weihnachtsfeier), ist er nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn diese nicht ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienen, sondern durch die besonderen Umstände seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bedingt sind.

2. Der Vorsteuerabzug für sogenannte Aufmerksamkeiten (Freigrenze von 110 € je Arbeitnehmer und Kalenderjahr) richtet sich nach der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers.

3. Die Kosten des äußeren Rahmens einer Betriebsveranstaltung sind jedenfalls dann in die Berechnung der 110 €-Freigrenze einzubeziehen, wenn es sich um eine einheitliche Leistung handelt.

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Der Kläger führte im Dezember 2015 für seine Arbeitnehmer aus den Bereichen Vorstand sowie Steuer- und Rechtsabteilung und Innendienst der Prüfungsabteilung (jeweils einschließlich der Leitungen) eine Weihnachtsfeier durch. Hierfür wurde ein „Kochevent“ bei einem Veranstalter mit entsprechendem Kochstudio gebucht. Dort bereiteten die Teilnehmer unter Anleitung von zwei Köchen gemeinsam das Abendessen zu, das sie anschließend gemeinsam verzehrten.

Der Kläger beantragte beim Finanzamt, aus der Rechnung des Veranstalters (Personalstunden, Getränke, Miete etc.) den Vorsteuerabzug vornehmen zu dürfen. Nicht berücksichtigt werden dürften hierbei die Aufwendungen für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung (Miete, Personalkosten zur Verbesserung des Ambientes), sodass sich Aufwendungen pro Teilnehmer in Höhe von 90,05 € ergeben. Diese liegen unterhalb der umsatzsteuerlichen Freigrenze von 110 € (inklusive Umsatzsteuer) für Betriebsveranstaltungen.

Das Finanzamt lehnte dies ab. Begründung: Zuwendungen im Rahmen einer Betriebsveranstaltung seien überwiegend durch den privaten Bedarf des Arbeitnehmers veranlasst, wenn die Aufwendungen pro Arbeitnehmer die Freigrenze von 110 € (inklusive Umsatzsteuer) überstiegen. Im vorliegenden Streitfall sind Aufwendungen von insgesamt 145,77 € pro Teilnehmer entstanden, und diese überschritten deutlich die 110 €-Grenze. Von daher entfalle sowohl der Anspruch auf Vorsteuerabzug als auch die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe.

Die Verbesserung des Betriebsklimas als nur mittelbar verfolgter Zweck genüge insoweit nicht. Anderes könne auch nicht aus der Beurteilung von „Aufmerksamkeiten“ im Sinne von § 3 Abs. 9a UStG abgeleitet werden. Die Abspaltung von Raum- und Personalkosten sei umsatzsteuerrechtlich ausgeschlossen, da es sich beim Kochevent um eine einheitliche Leistung handle. Eine Aufspaltung in einzelne Veranstaltungsbestandteile sei daher nicht möglich.

 

 

Lösung

Der Vorsteuerabzug aus dem Bezug der Eingangsleistungen für die Weihnachtsfeier 2015 wurde zu Recht versagt.

Bezieht der Unternehmer Leistungen für sogenannte Betriebsveranstaltungen, ist er nur zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die bezogenen Leistungen nicht ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienen, sondern durch die besonderen Umstände seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bedingt sind. Hierbei muss u.a. der erlangte persönliche Vorteil des Arbeitnehmers gegenüber dem Bedarf des Unternehmens als nebensächlich (untergeordnet) erscheinen.

Dient eine Betriebsveranstaltung demgegenüber lediglich dazu, das Betriebsklima durch gemeinsame Freizeitgestaltung zu verbessern, liegt ein ausschließlicher Zusammenhang der für den Betriebsausflug bezogenen Leistungen zum privaten Bedarf des Personals vor. Dies stellt eine Entnahme nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG dar, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Ausnahme: Es handelt sich um eine „Aufmerksamkeit“ im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG (Geschenke von geringem Wert). Bei der Ermittlung der Freigrenzenicht Freibetrag wie in der Einkommen- bzw. Lohnsteuer – von 110 € sind auch die Aufwendungen für den „äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung“ zu berücksichtigen.

Die Weihnachtsfeier war nicht auf den Verzehr von Speisen und Getränken in festlichem Rahmen beschränkt, sondern erfolgte im Rahmen eines „Kochevents“, bei dem die Teilnehmer unter Anleitung von professionellen Köchen das gemeinsame Abendessen selbst zubereiteten. Derartige „Teambuilding-Events“ sind allgemein dafür bekannt, dass sie die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Mitarbeitenden in der jeweiligen Abteilung und zwischen den verschiedenen Abteilungen verbessern können und sollen. Allerdings geht es vorliegend um die Abgabe von Speisen und Getränken im außerunternehmerischen Bereich und nicht während der Dienstzeit.

Das „Kochevent“ stellt ein marktfähiges Gesamtpaket dar, das vom Zusammenspiel der besonderen Örtlichkeit in gehobenem Ambiente und dem gemeinsamen Zubereiten und Verzehren von Speisen und Getränken geprägt wurde. Das Herauslösen einzelner Bestandteile (wie der Raumkosten) aus dieser einheitlichen (auch einheitlich abgerechneten) Leistung führt daher zu einer künstlichen Aufspaltung.

Die Gesamtkosten des Arbeitgebers sind hierbei zu gleichen Teilen auf die bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer und nicht auf die angemeldeten Teilnehmer aufzuteilen. Auf die nicht teilnehmenden Arbeitnehmer entfallen demach keinerlei Aufwendungen, für die ein Vorsteuerabzug in Betracht kommen könnte.

 

 

Beispiel:

Die Zuwendungen des Arbeitgebers anlässlich eines Betriebsausflugs betragen je teilnehmenden Arbeitnehmer 137,50 €.

 

Behandlung:

  • Lohnsteuerlich führt nach Abzug des arbeitnehmerbezogenen Freibetrags von 110 € ein Betrag von 27,50 € (137,50 € abzüglich 110 €) je teilnehmenden Arbeitnehmer zu steuerpflichtigem Arbeitslohn, der mit 25% pauschal besteuert werden kann und in diesem Falle sozialversicherungsfrei ist.
  • Der Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen ist beim Arbeitgeber bereits dem Grunde nach in vollem Umfang ausgeschlossen, da der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallende Betrag 110 € überschreitet.

    Annahme: Würde auch umsatzsteuerlich eine Aufteilung der Eingangsleistung in einen unternehmerischen und einen nicht unternehmerischen Teil zugelassen und für den unternehmerischen Teil der Betrag von 110 € angesetzt, wäre der Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen dem Grunde nach nur zu 20% (27,50 € im Verhältnis zu 137,50 €) ausgeschlossen und zu 80% (110 € im Verhältnis zu 137,50 €) abziehbar gewesen. Das ist aber nicht der Fall.

 

[Anm. d. Red.]

 

 

 

BC 8/2023 

BC2023826

 

 

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