BMF 24.3.2025, IV C 2 – S 2742-a/00028/012/001

Im Rahmen des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes vom 22.12.2023 kam es zu Änderungen der steuerlichen Zinsschrankenregelung. Ausführlich hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) dazu nun in einem Schreiben Stellung genommen.
Praxis-Info!
Grundlagen
Der Zinsschranken-Mechanismus bleibt im Wesentlichen unverändert. Es gelten weiterhin die folgenden Grundsätze:
- Die Zinsaufwendungen eines Betriebs sind in Höhe des Zinsertrags abziehbar; darüber hinaus ist der Abzug auf 30% des steuerlichen EBITDA begrenzt (Earnings Before Interest, Tax, Depreciation and Amortisation – Ergebnis vor Zinsen, (Ertrag)Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände).
- Die aufgrund der Zinsschranke nicht abziehbaren Zinsaufwendungen eines Wirtschaftsjahres sind in die folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen (Zinsvortrag).
- Die Zinsschranke kommt nicht zur Anwendung, wenn die Nettozinsaufwendungen des Betriebs weniger als 3 Mio. € betragen.
- Bei konzernzugehörigen Betrieben kommt die Zinsschranke nicht zur Anwendung, wenn die Eigenkapitalquote des Betriebs die Eigenkapitalquote des Konzerns um nicht mehr als zwei Prozentpunkte unterschreitet (Escape-Klausel).
Das steuerliche EBTIDA berechnet sich dabei wie folgt:
Personenunternehmen | Kapitalgesellschaft |
Steuerpflichtiger Gewinn vor Anwendung des § 4h EStG + Zinsaufwendungen + Abschreibungen nach § 6 Abs. 2 und 2a EStG (insbesondere GWG) sowie § 7 EStG (u.a. lineare, degressive AfA) = steuerliches EBITDA | Einkommen der Körperschaft im Sinne des § 8 Abs. 1 KStG vor Anwendung des § 4h EStG ./. Zinserträge + Zinsaufwendungen + Abschreibungen nach § 6 Abs. 2 und 2a EStG sowie § 7 EStG + Verlustabzug im Sinne von § 10d EStG (Verlustrück- und -vortrag) + Zuwendungsabzug im Sinne von § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG (Spenden und Mitgliedsbeiträge) = steuerliches EBITDA |
Ausweitung des Zinsbegriffs
Die wesentlichen durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz hervorgebrachten Änderungen betreffen die Ausweitung des Zinsbegriffs. Zinserträge und Zinsaufwendungen sind dabei deckungsgleich zu verstehen. Zinsaufwendungen im Sinne der Zinsschranke umfassen laut dem BMF-Schreiben:
- Zinsen zu einem festen oder variablen Zinssatz,
- Gewinnbeteiligungen (Vergütungen für partiarische Darlehen, typisch stille Beteiligungen, Genussrechte und Gewinnschuldverschreibungen),
- Umsatzbeteiligungen, die für die Überlassung von Fremdkapital gezahlt werden,
- Vergütungen, die zwar nicht als Zins berechnet werden, aber Vergütungscharakter haben (z.B. Damnum, Disagio, Vorfälligkeitsentschädigungen, Provisionen und Gebühren, die an den Geber des Fremdkapitals gezahlt werden),
- Zahlungen im Rahmen von Beteiligungsdarlehen,
- kalkulatorische Zinsen auf Instrumente wie Wandelanleihen und Nullkuponanleihen,
- Beträge im Rahmen von alternativen Finanzierungsmodalitäten, wie sie z.B. islamische Banken praktizieren,
- Finanzierungskosten im Rahmen von Finanzierungsleasing,
- im Bilanzwert eines zugehörigen Vermögenswerts enthaltene kapitalisierte Zinsen,
- die Amortisation (Abschreibung oder Ausbuchung) kapitalisierter Zinsen,
- gegebenenfalls Beträge, die durch Bezugnahme auf eine Finanzierungsrendite im Rahmen von Verrechnungspreisregelungen gemessen werden,
- Beträge fiktiver Zinsen im Rahmen von Derivaten oder Hedging-Vereinbarungen im Zusammenhang mit dem Fremdkapital eines Unternehmens,
- bestimmte Wechselkursgewinne und -verluste auf Fremdkapital und Instrumente im Zusammenhang mit der Beschaffung von Kapital,
- Garantiegebühren für Finanzierungsvereinbarungen,
- Aufwendungen im Fall der Auf- bzw. Abzinsung,
- Aufwendungen für Zinsswaps,
- Vorfälligkeitsentschädigungen,
- im Zusammenhang mit einem Darlehen gezahlte Avalprovision (Bürgschaftsgebühren),
- Gebühren, die für die laufende Verwaltung eines Konsortialkredits bzw. der gewährten Kreditsicherheiten durch den Konsortialführer zu entrichten sind (Arrangement Fees, Agency und Security Agency Fees),
- den fiktiven Zinsaufwand im Rahmen eines Vorteilsverbrauchs (auch in Form eines fiktiven Beteiligungsaufwands) bei einer verdeckten Gewinnausschüttung,
- den Aufwand aus der Auflösung aus vom Zedenten (Forderungsverkäufer) in Höhe der Differenz zwischen dem Nennwert der Verbindlichkeit und dem überlassenen Geldkapital zu bildenden aktiven Rechnungsabgrenzungsposten beim unechten Factoring bzw. bei der unechten Forfaitierung,
Die ausführliche Aufzählung – ergänzt um die Auffangklausel „ähnliche Aufwendungen“ – zeigt, dass die Zinsschranke nunmehr so gut wie alle Entgelte aus der Überlassung von Geldwerten umfasst. Wie erwähnt, sind Zinserträge weitestgehend deckungsgleich zu verstehen, wobei wobei das BMF-Schreiben hier noch zwei zusätzliche Tatbestände erwähnt, nämlich
- Gewinne im Sinne des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG (aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen), soweit hierin Zinsen und angewachsene Zinsansprüche enthalten sind,
- Zinsen und angewachsene Ansprüche im Sinne des § 38 Abs. 3 Nr. 1 InvStG (wenn die Kapitalforderung eine Emissionsrendite hat oder bei ihr das Stammrecht und der Zinsschein getrennt wurden).
Ausgenommen von der Zinsschranke sind Zinsaufwendungen oder Zinserträge für Darlehen, die zur Finanzierung langfristiger öffentlicher Infrastrukturprojekte verwendet und aufgrund von allgemeinen Förderbedingungen vergeben werden, soweit
- es sich um mittelbar oder unmittelbar aus öffentlichen Haushalten gewährte Mittel der Europäischen Union, von Bund, Ländern, Gemeinden oder Mittel anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder einer nach § 5 Abs. 1 Nrn. 2, 17 oder 18 KStG steuerbefreiten Einrichtung handelt (z.B. Deutsche Bundesbank, KfW),
- sämtliche geschaffenen Vermögenswerte in einem EU-Mitgliedstaat belegen sind,
- der Projektbetreiber in einem EU-Mitgliedstaat ansässig ist,
- die Einkünfte aus dem Infrastrukturprojekt in einem EU-Mitgliedstaat der Besteuerung unterliegen.
In seinem Schreiben geht das BMF auch ausführlich auf besondere Sachverhalte wie „Öffentliche Private Partnerschaften“, Organ- und Mitunternehmerschaften etc. ein.
Fazit
Der Grundmechanismus der Zinnschranke bleibt unverändert bestehen. Die wesentlichen Änderungen betreffen die Ausweitung des Zinsbegriffs und die Freistellung von bestimmten Infrastrukturförderprojekten.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Risk Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)
BC 4/2025
BC20250417