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Besteuerung einer kündigungsbedingten Arbeitnehmerabfindung bei unbefristetem Rückkehrrecht des Arbeitnehmers zum früheren Arbeitgeber

Christian Thurow

FG Niedersachsen Urt. v. 15.2.2024 – 2 K 71/23 (Revision nicht zugelassen)

 

Bei betriebsbedingten Kündigungen können Abfindungszahlungen ermäßigt besteuert werden. Doch ist dies auch möglich, wenn Arbeitnehmer ein Rückkehrrecht zum früheren Arbeitgeber haben?


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung 1

Im Rahmen eines Betriebsübergangs wechselte der Arbeitgeber des Klägers. Die Regelungen des Betriebsübergangs sahen ein unbefristetes Rückkehrrecht des Arbeitnehmers zum früheren Arbeitgeber vor. Aufgrund der Corona-Krise geriet der neue Arbeitgeber in wirtschaftliche Schwierigkeiten und kündigte dem Kläger. Im Rahmen der Kündigung wurde eine Abfindung in Höhe von rund 86.000 € gezahlt.

Der Kläger begehrte erfolglos vom Finanzamt, die Abfindung ermäßigt nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG i.V.m. § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 2 EStG zu besteuern.

 

 

Lösung 1

Wie schon das Finanzamt lehnt auch das Finanzgericht (FG) Niedersachsen eine ermäßigte Besteuerung ab. Die Ermäßigung zielt auf eine Schadensersatzzahlung ab. Der Schaden ist hierbei der Verdienstausfall aufgrund der Kündigung.

Im Ausgangsfall ist dem Kläger jedoch kein Schaden entstanden, da er mit Ausscheiden aus dem Betrieb des neuen Arbeitgebers sofort zu gleichen Konditionen (in Bezug auf den Arbeitsbereich, die Entlohnung und unter Wahrung des sozialen Besitzstands) bei seinem alten Arbeitgeber angestellt war. Insbesondere bestand keine Probezeit, und die bisherigen Dienstzeiten wurden vollumfänglich angerechnet. Bei der Abfindungszahlung handelt es sich somit nicht um eine steuerermäßigte Schadensersatzzahlung, sondern um steuerpflichtigen Arbeitslohn.

 

 

Praxishinweis:

Die Voraussetzung des Vorliegens eines Schadens dient auch der Missbrauchsbekämpfung. So wären Fälle denkbar, in denen Konzerngesellschaften Mitarbeiter in Verbindung mit der Zahlung einer ermäßigt besteuerten Abfindung kündigen und direkt bei einer anderen Konzerngesellschaft weiterbeschäftigen. „Bonus“-Zahlungen könnten so der ermäßigten Besteuerung unterworfen werden.

 


Problemstellung 2

Im Ausgangsfall kehrte der Kläger nicht zu seinem alten Arbeitgeber zurück, sondern handelte auch mit diesem eine Abfindungszahlung aus. Eine Weiterbeschäftigung kam somit nicht zustande.

 

 

Lösung 2

Die zweite Abfindungszahlung hat keinen Einfluss auf die steuerliche Beurteilung der ersten Abfindung. Dem Kläger ist aufgrund des Weiterbeschäftigungsrechts bei seinem alten Arbeitgeber kein Schaden entstanden. Es liegt wiederum ein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Dass sich der Kläger gegen eine Weiterbeschäftigung entschieden hat, ändert die Beurteilung des Sachverhalts nicht.

 

 

Praxishinweis:

Die Abfindungs- bzw. Entlassungsentschädigungsleistung kann im Fall der sog. Zusammenballung nach der Fünftelregelung ermäßigt besteuert werden. Das heißt: Die Einkommensteuer wird für ein Fünftel der steuerpflichtigen Abfindung berechnet und anschließend mit fünf multipliziert (siehe § 34 Abs. 1 S. 2 EStG). Die Zusammenballung ist insbesondere erfüllt, wenn die Abfindungs- bzw. Entschädigungssumme größer ist als zwölf laufende Zahlungen (Beispiel: laufende Zahlung 4.000 € x 12 = 48.000 €; Entschädigung: 50.000 €; Zusammenballung erfüllt).

Die Anwendung der begünstigten Besteuerung nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG setzt nach ständiger Rechtsprechung u.a. Folgendes voraus: Die Entschädigungsleistungen müssen zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum zufließen. Demzufolge gilt der Zufluss mehrerer Teilbeträge in unterschiedlichen Veranlagungszeiträumen regelmäßig als schädlich. Ausnahme: Es handelt sich um eine im Verhältnis zur Hauptleistung stehende geringfügige Zahlung (nicht mehr als 10% der Hauptleistung), die in einem anderen Veranlagungszeitraum zufließt.

Die einkommensteuerliche Belastung lässt sich nur schwer bestimmen, weil hier ja auch noch andere Einkünfte (z.B. Renten, Vermietungseinkünfte usw.) eine Rolle spielen. Bei Anwendung der Fünftelregelung auf Abfindungen und Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten ist der Abzug des Versorgungsfreibetrags und des Altersentlastungsbetrags im Lohnsteuerabzugsverfahren zugelassen (§ 39b Abs. 3 S. 6 EStG).

 


Christian Thurow,
Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 6/2024

BC20240607

 

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