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Anscheinsbeweis für private Kfz-Nutzung durch Alleingesellschafter-Geschäftsführer trotz vereinbartem Privatnutzungsverbot

Christian Thurow

FG Köln Urt. v. 8.12.2022 – 13 K 1001/19

 

Ein schönes Wort des deutschen Steuerrechts ist der „Anscheinsbeweis“. Die Maßstäbe für einen solchen Vergleich können dabei unterschiedlich sein. Die Unterschiede können sowohl aus der Besteuerungsfolge – z.B. geldwerter Vorteil oder verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) – oder aus der Fallkonstellation – z.B. angestellter versus Alleingesellschafter-Geschäftsführer – entstehen.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH wurde durch die Gesellschaft ein Firmenwagen der Marke Porsche, Model Cayenne, zur Verfügung gestellt. In den schriftlichen Verträgen zur Firmenwagenüberlassung wurde ein Privatnutzungsverbot vereinbart. Ein Fahrtenbuch wurde nicht geführt. Der Alleingesellschafter-Geschäftsführer verfügte privat über einen Porsche Boxster Cabriolet.

Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, dass das Privatnutzungsverbot mangels Kontrolle und Durchsetzbarkeit nicht anzuerkennen sei. Aus Sicht des Finanzamts lag in der Firmenwagenüberlassung eine vGA vor, deren Höhe mittels der lohnsteuerlichen 1%-Bruttolistenpreisregelung ermittelt wurde.

 

 

Lösung

Das Finanzgericht (FG) Köln schließt sich der Auffassung des Finanzamts an. In seinem Urteil prüft das Finanzgericht zunächst, ob die Firmenwagenüberlassung einen geldwerten Vorteil darstellt. Dies ist aus Sicht des Gerichts zu verneinen. Es gibt keine generellen Anhaltspunkte dafür, dass ein angestellter Gesellschafter-Geschäftsführer arbeitsvertraglich vereinbarte Nutzungsverbote nicht achten werde. Selbst das Fehlen einer Kontrollinstanz rechtfertigt keinen entsprechenden steuerstrafrechtlich erheblichen Generalverdacht. Insofern gilt hier der Anscheinsbeweis des vereinbarten Privatnutzungsverbots, welcher von der steuerlichen Betriebsprüfung nicht hinreichend erschüttert wurde.

Die lohnsteuerlichen Grundsätze sind aber nicht auf die Prüfung des Vorliegens einer vGA übertragbar. Während bei Vertragsbeziehungen unter fremden Dritten normalerweise von einem gewissen Interessengegensatz auszugehen ist, liegt bei Vertragsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaften und ihren beherrschenden Gesellschaftern üblicherweise ein Interessengleichlauf vor.  Die Nichtbeachtung vertraglicher Regelungen durch einen Alleingesellschafter-Geschäftsführer führt nicht einmal ansatzweise zum Risiko arbeits- oder zivilrechtlicher Konsequenzen. Insofern sind in einem solchen Fall strengere Maßstäbe an den Anscheinsbeweis anzulegen.

Aus Sicht des Finanzgerichts ist es weltfremd anzunehmen, dass es nie zu einer Vermischung privater und betrieblicher Fahrten kommt. Ein rein vertragliches Verbot ist hier nicht für einen Anscheinsbeweis ausreichend. Vielmehr kommt es zu einer Umkehrung: Es gilt der Anscheinsbeweis, dass ein zur Verfügung gestellter Firmenwagen von einem Alleingesellschafter-Geschäftsführer auch privat genutzt wird. Im Umfang der privaten Nutzung liegt nun eine vGA vor. Die Ermittlung der Höhe der vGA mittels der 1%-Bruttolistenpreisregelung führt dabei aus Sicht des Finanzgerichts Köln nicht zu einem zu hohen Wert.

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 5/2023

BC2023515

 

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