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Steuerfreiheit der Vorteile des Arbeitnehmers aus der Nutzung eines betrieblichen Telekommunikationsgeräts

Christian Thurow

BFH Urt. v. 23.11.2022 – VI R 50/20

 

Zwangsarbeit und Sklaverei sind in Deutschland glücklicherweise durch Art. 12 GG verboten. Da die Verwaltung bekanntlich langsam arbeitet, scheint sich die Abschaffung der Leibeigenschaft aber noch nicht in allen Finanzamtsstuben herumgesprochen zu haben. So wird denn mitunter davon ausgegangen, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer nahestehende Personen sind und Verträge zwischen ihnen nicht wie unter fremden Dritten üblich geschlossen werden. Glücklicherweise sind hierbei die Finanzrichter etwas aufgeklärter.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Die Klägerin – eine GmbH & Co. KG – kaufte von ihren Arbeitnehmern deren private Mobilfunktelefone zu einem („symbolischen“) Preis von 1 € bis 6 €. Im Anschluss wurde den Arbeitnehmern das entsprechende Gerät direkt zur betrieblichen und privaten Nutzung überlassen. Die Mobilfunkkosten (Grundgebühr, Flatrate etc.) für den vom Arbeitnehmer privat abgeschlossenen Mobilfunkvertrag trug der Arbeitgeber bis zu 20% (nach Vorlage der Telefonrechnung des Arbeitnehmers), höchstens 20 € monatlich. Der Verkauf und die anschließende Überlassung, Wartung und Haftung wurden vertraglich als Ergänzung zu den jeweiligen Arbeitsverträgen erfasst. Die monatlichen Kosten für die Überlassung des Mobilfunkgeräts wurden als steuerfreie Einnahmen im Sinne des § 3 Nr. 45 EStG gewertet.

Aus Sicht des Finanzamts handelte es sich bei dem Verkauf der persönlichen, gebrauchten Mobiltelefone der Arbeitnehmer an die Klägerin um eine unangemessene rechtliche Gestaltung, da Arbeitnehmer einem fremden Dritten das eigene Mobiltelefon nur zu einem marktüblichen Wert überlassen würden. Somit sei auch die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 45 EStG nicht zu gewähren.

 

 

Lösung

Wie schon das erstinstanzliche Finanzgericht widerspricht auch der BFH der Auffassung des Finanzamts. Unstreitig liegt durch die Überlassung des Mobilfunkgeräts die Gewährung eines geldwerten Vorteils vor. Dieser ist jedoch gemäß § 3 Nr. 45 S. 1 EStG steuerfrei.

Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft liegen nicht vor. Durch die schriftlichen Verträge hat ein tatsächlicher Vermögensübergang stattgefunden. Die Klägerin ist tatsächliche Eigentümerin der Mobilfunkgeräte geworden und trägt auch das Risiko des plötzlichen Untergangs. Ein Fremdvergleich der geschlossenen Verträge ist nicht vorzunehmen. Zwischen der Klägerin und ihren Arbeitnehmern bestand bei Abschluss der Verträge ein natürlicher Interessengegensatz, d.h., sie standen sich bei Abschluss der Kaufverträge als wirtschaftlich selbstständige Marktteilnehmer gegenüber. Jede der beiden Parteien war dafür verantwortlich, ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen beim Vertragsabschluss zu wahren.

Im Ausgangsfall haben die Arbeitnehmer zwar ihr Eigentum verbilligt abgegeben, im Gegenzug dafür aber eine Kostenübernahme erhalten. Auch wurde das Risiko des plötzlichen Untergangs auf den Arbeitgeber übertragen. Dabei steht es dem Steuerpflichtigen frei, einen gesetzlich vorgesehenen Steuervorteil in Anspruch zu nehmen. Kein Steuerpflichtiger ist verpflichtet, einen Sachverhalt so zu gestalten, dass ein Steueranspruch entsteht.

Somit hat das erstinstanzliche Finanzgericht zu Recht die Versagung der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 45 S. 1 EStG abgelehnt.

 

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 3/2023

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