Palandt-Banner

Zur Person Otto Palandt


Der Titel des Beck’schen Kurz-Kommentars „Palandt“ zum Bürgerlichen Gesetzbuch geht auf Otto Palandt (*1. Mai 1877 – 3. Dezember 1951) zurück. Der Verlag möchte an dieser Stelle auf den kritischen Diskurs zu seiner Person aufmerksam machen:

Otto Palandt war seit 1906 Richter an verschiedenen Gerichten. Mit 56 Jahren trat er am 1. Mai 1933 in die NSDAP ein, 1934 wurde er Präsident des Reichsjustizprüfungsamts. In dieser Funktion trug er dazu bei, die Juristenausbildung nationalsozialistisch auszurichten. 1938 wurde Otto Palandt Herausgeber des Beck’schen Kurz-Kommentars zum Bürgerlichen Gesetzbuch, und zwar erst kurzfristig vor Erscheinen der ersten Auflage, nachdem der ursprüngliche Herausgeber vor Drucklegung des Werks bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Otto Palandt blieb bis zur 9. Auflage Herausgeber des Werks. Allerdings kommentierte er nie einen einzigen Paragraphen im Werk, sondern verfasste lediglich Vorwort und Einleitung, in denen er aber vertrat, das Bürgerliche Gesetzbuch im Sinne des Nationalsozialismus auszulegen. 1948 wurde er im Rahmen seines Entnazifizierungs­verfahrens – heute schwer verständlich – in Gruppe V als „in jeder Hinsicht entlastet“ eingestuft.

Mit der ersten Nachkriegsauflage des Kommentars wurden vor knapp 70 Jahren sämtliche nationalsozialistisch beeinflusste Texte und Gedanken aus dem Werk entfernt. Als Autoren haben seitdem neue Juristengenerationen das Werk geprägt, das zudem seit dem Ausscheiden Otto Palandts ohne Herausgeber als Autorenkollegium fortgeführt wurde. Das Werk konnte deshalb nicht nach einer anderen Herausgeberpersönlichkeit benannt werden. Palandts Einleitung wurde gestrichen, lediglich der Titel „Palandt“ blieb bestehen. Auch aufgrund der in der Rechtsliteratur außergewöhnlichen Konzeption und der daraus resultierenden Bekanntheit des Werks löste sich der Name „Palandt“ von der Person Otto Palandt. Der Titel steht seit mehreren Generationen als Synonym für einen Kommentar mit ausschließlich rechtsstaatlichen Inhalten auf höchstem Niveau sowie für einen rechtswissenschaftlichen und rechtspraktischen Zusammenhang, der durch die unzähligen Zitierungen des Werkes über 70 Jahre hinweg entstanden ist.

Geschichte – problematische zumal – wird durch Verschweigen nicht ungeschehen, sondern gerät in Vergessenheit. Auch deswegen – und nicht etwa als posthume Anerkennung der Person Otto Palandt – halten wir am Titel des Werks „Palandt“ fest: Mit dem Titel bleibt die Geschichte der Entstehung des Werks präsent und bietet auch in Zukunft Anlass zur kritischen Reflexion. Der Verlag ist sich seiner Verantwortung zu Geschichte und Titel des Werks sehr bewusst. Er hat sich deshalb immer wieder intensiv und kritisch mit Otto Palandt, der Geschichte des Werks und des Verlags auseinandergesetzt und dazu publiziert. Auch zum kritischen Verstehen der Rolle und Funktion des Rechts und der Juristen während des Nationalsozialismus hat der Verlag immer wieder veröffentlicht:

Siehe im Einzelnen zu den diesbezüglichen Publikationen des Verlags, zum Diskurs zur Person Otto Palandt sowie zu seiner Biographie, zur Geschichte und Bezeichnung des Kommentars sowie zur Rolle des Rechts und der Justiz im Nationalsozialismus

  1. Publikationen des Verlags C.H.BECK zur Person Otto Palandt sowie zur Geschichte und Bezeichnung des Kommentars (Auswahl):
    1. Nastelski, Karl, Besprechung von: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 19. Aufl., München/Berlin 1960, NJW 1960, S. 1708 - 1709
    2. Festschrift zum zweihundertjährigen Bestehen des Verlages C.H.Beck 1763 - 1963, München 1963, S. 176, 193
    3. Beck, Hans Dieter, Der juristische Verlag seit 1763, in: Juristen im Portrait. Verlag und Autoren in 4 Jahrzehnten. Festschrift zum 225jährigen Jubiläum des Verlages C.H.Beck, München 1988, S. 19 - 67, 26 ff.
    4. Weber, Hermann, Alfred Flemming und Walter Lewald, in: Juristen im Portrait. Verlag und Autoren in 4 Jahrzehnten. Festschrift zum 225jährigen Jubiläum des Verlages C.H.Beck, München 1988, S. 325 ff., 328
    5. Medicus, Dieter, Palandt – 50. Auflage, in: NJW 1991, S. 887 - 889
    6. Slapnicar, Klaus W., Der Wilke, der später Palandt hieß – 60. und 50. Jubiläum des Beck’schen Kurz-Kommentars zum BGB zugleich im Jahre 1999, in: NJW 2000, S. 1692 - 1699
    7. Barnert, Elena, Von Station zu Station, Anm zu Otto Palandt (umstr) uam aAnl seines 130. Gebtags (mwN), myops 2007, S. 56 - 67
    8. Heinrichs, Helmut, Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, in: Willoweit, Dietmar (Hrsg.), Rechtswissenschaft und Rechtsliteratur im 20. Jahrhundert. Mit Beiträgen zur Entwicklung des Verlages C.H.Beck, München 2007, S. 385 - 403
    9. Leipold, Dieter, Erbrecht, in: Willoweit, Dietmar (Hrsg.), Rechtswissenschaft und Rechtsliteratur im 20. Jahrhundert. Mit Beiträgen zur Entwicklung des Verlages C.H.Beck, München 2007, S. 360 ff.
    10. Staudinger, Ansgar, Besprechung von: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 66. Aufl., München 2007, in: NJW 2007, S. 977
    11. Thier, Andreas, Sachenrecht, in: Willoweit, Dietmar (Hrsg.), Rechtswissenschaft und Rechtsliteratur im 20. Jahrhundert. Mit Beiträgen zur Entwicklung des Verlages C.H.Beck, München 2007, S. 259, 264
    12. Willoweit, Dietmar, Hundert Jahre Rechtswissenschaft im Überblick, in: Willoweit, Dietmar (Hrsg.), Rechtswissenschaft und Rechtsliteratur im 20. Jahrhundert. Mit Beiträgen zur Entwicklung des Verlages C.H.Beck, München 2007, S. 30, 33 ff.
    13. Faecks, Fridhelm, Besprechung von: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 68. Aufl., München, 2009,  NJW 2009, 1054 f.
    14. Rebenich, Stefan, C.H.Beck 1763 - 2013. Der kulturwissenschaftliche Verlag und seine Geschichte, München 2013, S. 365 ff., 395
    15. Wesel, Uwe, 250 Jahre rechtswissenschaftlicher Verlag C.H.Beck 1763 - 2013, München 2013, S. 166 - 177
    16. Barnert, Elena, Von Station zu Station, in: Festschrift Palandt Bürgerliches Gesetzbuch 75. Auflage, München 2016, S. 21 -32; die Festschrift ist hier auf dieser Website kostenlos abrufbar
    17. Festschrift Palandt Bürgerliches Gesetzbuch 75. Auflage, München 2016; die Festschrift ist hier auf dieser Website kostenlos abrufbar
    18. Simon, Dieter, Umtaufe, myops 2019, S. 5 - 12; der Beitrag ist hier kostenlos abrufbar
  2. Publikationen anderer Verlage zur Person Otto Palandt sowie zur Geschichte und Bezeichnung des Kommentars (Auswahl):
    1. Wrobel, Hans, Otto Palandt zum Gedächtnis. 1.5.1877 - 3.12.1951, in: Kritische Justiz 1982, S. 1 - 17 (erneut abgedruckt in: Redaktion Kritische Justiz (Hrsg.), Der Unrechts-Staat. Recht und Justiz im Nationalsozialismus, Band 2, Baden-Baden 1984, S. 137 - 153)
    2. Heinrichs, Helmut, Palandt – der Mensch und das Werk, in: Ludwig-Maximilians-Universität München (Hrsg.), Verleihung der Ehrendoktorwürde an Herrn Dr. h.c. Helmut Heinrichs durch die juristische Fakultät am 24. Februar 1988 (o.J.), S. 17 ff.
    3. Wurst-Kuchel-Wolber, Monika/Wrobel, Hans, Warum der Palandt Palandt heißt, in: Hucko, Elmar Matthias (Hrsg.), Warum heißt der Palandt Palandt? Und andere aufklärende Abhandlungen. Festbüchlein für Helmut Pfaff, Köln 1994, S. 19 - 38
    4. Hucko, Elmar Matthias (Hrsg.), Warum heißt der Palandt Palandt? Und andere aufklärende Abhandlungen. Festbüchlein für Helmut Pfaff, Köln 1994
    5. Steimann, Karin, Leben lassen – Auf den Spuren eines unbequemen Anwalts, Leipzig 1999, S. 108
    6. Slapnicar, Klaus W., Palandts langer Schatten – Biographisches über einen bekannten Fremden, in: Spectrum. Zeitschrift der Verwaltungsfachhochschule Wiesbaden [nun Hess. Hochschule für Polizei und Verwaltung] 1/2003
    7. Rath, Martin, Vor 60 Jahren starb Otto Palandt. Schwarz-brauner Namenspatron des grauen Kommentar-Ziegels, in: Legal Tribune Online v. 3.12.2011
    8. Slapnicar, Klaus W., Palandts erster unverschuldeter Karriereknick – ein junger Jurist mit Recht gegen die Konventionen, in Axel Kokemoor et al. (Hrsg.), Recht im Dialog. Gedächtnisschrift für Rainer Wörlen, Baden-Baden 2013, S. 19 - 56
    9. Schlegel, Lukas/Greitens, Marc-Philip, Palandt war Nazi, kommentiert hat er nie, Politik & Gesellschaft, PuG Nr. 13 – 27.11.2014, S. 1 + 2
    10. Henschel, Ulrike, Vermittler des Rechts – Juristische Verlage von der Spätaufklärung bis in die frühe Nachkriegszeit, Berlin/Boston 2015, S. 367 f.
    11. Kästle-Lamparter, David, Welt der Kommentare, Tübingen 2016, 81 ff.
    12. van de Loo, Janwillem, Den Palandt umbenennen, JZ 2017, S. 827 - 830
    13. Rath, Martin, Den „Palandt“ umbenennen?, in: Legal Tribune Online v. 17.09.2017
    14. Martini, Stefan/Wegner, Kilian, Eher Baustelle als Stolperstein, in: Legal Tribune Online v. 27.09.2017
    15. van de Loo, Janwillem, „Palandt umbenennen“ – welche Alternativen die Initiative favorisiert, in AnwBl Online 2018, 1009 - 1011
  3. Publikationen des Verlags C.H.BECK zur Rolle des Rechts, der Justiz und der Juristen während der Herrschaft des NS-Regimes (Auswahl):
    1. Rüthers, Bernd, Entartetes Recht: Rechtslehren und Kronjuristen im Dritten Reich, München 1988
    2. Göppinger, Horst, Juristen jüdischer Abstammung im „Dritten Reich“. Entrechtung und Verfolgung, 2. Auflage, München 1990
    3. Rüthers, Bernd, Carl Schmitt im Dritten Reich, 2. Auflage, München 1990
    4. Benz, Wolfgang, Von der Entrechtung zur Verfolgung und Vernichtung. Jüdische Juristen unter dem nationalsozialistischen Regime, in: Heinrichs, Helmut/Franzki, Harald/Schmalz, Klaus/Stolleis, Michael (Hrsg.), Deutsche Juristen jüdischer Herkunft, München 1993, S. 813 ff.
    5. Gritschneder, Otto, „Der Führer hat Sie zum Tode verurteilt…“, München 1993
    6. Heinrichs, Helmut/Franzki, Harald/Schmalz, Klaus/Stolleis, Michael (Hrsg.), Deutsche Juristen jüdischer Herkunft, München 1993
    7. Stolleis, Michael, Juristen. Ein biographisches Lexikon, München 1995
    8. Wrobel, Hans, Heinrich Schönfelder – Sammler Deutscher Gesetze (1902 – 1944), München 1997
    9. Stolleis, Michael, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Dritter Band: Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur 1914 - 1945, München 1999
    10. Wesel, Uwe, Geschichte des Rechts in Europa – Von den Griechen bis zum Vertrag von Lissabon, München 2010, S. 535 ff.
    11. Wesel, Uwe, Geschichte des Rechts – Von den Frühformen bis zur Gegenwart, 4. Auflage, München 2014, S. 483 ff.
    12. Görtemaker, Manfred/Safferling, Christoph, Die Akte Rosenburg. Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Zeit, München 2016
    13. Maas, Heiko (Hrsg.), Furchtlose Juristen, München 2017
  4. Veröffentlichungen des Verlags C.H.BECK zur juristischen Aufarbeitung und Wiedergutmachung des nationalsozialistischen Unrechts (Auswahl):
    1. Schullze, Erich (Hrsg.), Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus mit den Ausführungsvorschriften und Formularen, 2. Auflage, München 1947
    2. RzW – Rechtsprechung zur Wiedergutmachung, Zeitschrift, Jahrgänge 1949 – 1981
    3. Schwarz, Walter, In den Wind gesprochen? Glossen zur Wiedergutmachung des nationalsozialistischen Unrechts, München 1969
      Bundesminister der Finanzen in Zusammenarbeit mit Walter Schwarz (Hrsg.), Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland
    4. Band I: Rückerstattung nach den Gesetzen der Alliierten Mächte, München 1974
    5. Band II: Das Bundesrückerstattungsgesetz, München 1981
    6. Band III: Der Werdegang des Entschädigungsrechts, München 1985
    7. Band IV: Das Bundesentschädigungsgesetz – Erster Teil (§§ 1 bis 50 BEG), München 1981
    8. Band V: Das Bundesentschädigungsgesetz – Zweiter Teil (§§ 51 bis 171 BEG), München 1983
    9. Band VI: Entschädigungsverfahren und sondergesetzliche Entschädigungsregelungen, München 1987
    10. Krach, Tillmann, Jüdische Rechtsanwälte in Preußen. Über die Bedeutung der freien Advokatur und ihre Zerstörung durch den Nationalsozialismus, München 1991
    11. Gritschneder, Otto, Der Hitler-Prozeß und sein Richter Georg Neithardt. Skandalurteil von 1924 ebnet Hitler den Weg, München 2001
  5. Publikationen des Verlags C.H.BECK allgemein zur Geschichte des Nationalsozialismus (Auswahl):
    1. Frei, Norbert, Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit, München 1997
    2. Meyer, Michael im Auftrag des Leo Baeck Instituts unter Mitwirkung von Michael Brenner (Hrsg.), Deutsch-jüdische Geschichte in der Neuzeit. Band IV: Aufbruch und Zerstörung 1918 - 1945, München 1997
    3. Friedländer, Saul, Das Dritte Reich und die Juden, Band 1: Die Jahre der Verfolgung 1933 - 1939, München 1998
    4. Knigge, Volkhard/Frei, Norbert (Hrsg.), Verbrechen erinnern. Die Auseinandersetzung mit Holocaust und Völkermord, München 2002
    5. Friedländer, Saul, Die Jahre der Vernichtung. Band 2: Das Dritte Reich und die Juden 1939 - 1945, München 2006
    6. Herbert, Ulrich, Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert, München 2014

Weitere Auflagen

Menü
Menü