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Vorwort zur 85. Auflage
Mit der 85. Auflage hat Hartwig Sprau aus Altersgründen seine Tätigkeit als Kommentator beendet. Er hat seit der 57. Auflage, also über 28 Auflagen und fast 30 Jahre hinweg, große Teile des Besonderen Schuldrechts, zu erwähnen sind vor allem das Werkvertragsrecht, das Reisevertragsrecht, das Zahlungsdiensterecht, das Gesellschaftsrecht, das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung und das Deliktsrecht, bearbeitet und daneben auch das Sachverzeichnis betreut. Er hat es meisterhaft verstanden, aus der Fülle des in seinem Arbeitsbereich anfallenden Stoffes die für die Bedürfnisse der Praxis wichtigen Informationen herauszufiltern und äußerst prägnant und verständlich darzustellen. Besondere Glanzstücke waren seine Erstkommentierungen der Kodifizierung des (Verbraucher-)Bauvertragsrechts und des damals völlig neuen Zahlungsdiensterechts, dessen zahlreichen, europarechtlich fundierten Verästelungen er bis in die kleinsten Details nachgegangen ist und praxisnah dargestellt hat. Nicht minder imposant waren seine Erläuterungen des Bereicherungs- und Deliktsrechts als einem der Herzstücke des Schuldrechts. Damit hat er in vortrefflicher Weise zum Erfolg des Buches beigetragen. Diesem Erfolg diente auch sein rühriger, weit über seinen Arbeitsbereich als Autor hinauswirkender Einsatz für das Gesamtwerk, zu dessen Gelingen und Fortentwicklung er, als weiser Doyen, mit seiner stets freundlich-liebenswürdigen, aber auch beharrlichen Wesensart bis in jüngste Zeit große Verdienste erworben hat. Wir Mitautoren werden seine Tatkraft und seinen Rat vermissen.
Die 85. Auflage gibt in bewährter Form den aktuellen Stand des Bürgerlichen Rechts wieder. Aufgrund des Bruchs der Ampelkoalition und der Auflösung des Deutschen Bundestages konnten zwar mehrere Vorhaben des Gesetzgebers nicht mehr umgesetzt werden. Gleichwohl waren aber in die Neuauflage diverse Gesetzesänderungen einzuarbeiten und zu kommentieren, die noch in den beiden vorangegangenen Legislaturperioden beschlossen worden waren. So fügt das bereits im Jahr 2021 verkündete Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts zum 1.1.2026 weitere Vorschriften zum Stiftungsregister in das BGB ein. Das Familienrecht hat durch das Gesetz zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts und des Internationalen Namensrechts vom 11.6.2024 und das Gesetz zur Neuregelung der Vormünder- und Betreuervergütung vom 7.4.2025 zahlreiche Änderungen erfahren. Schließlich ist auch das Gesetz zur Änderung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn eingearbeitet worden. Daneben waren zahlreiche wichtige Entscheidungen des BVerfG, BGH, BAG, BSG und EuGH einzuarbeiten. All dies hat, neben der Überarbeitung und Straffung verschiedener Erläuterungen, auch in der Neuauflage zu zahlreichen Änderungen, Ergänzungen und Neubearbeitungen in der Kommentierung geführt. Die wichtigsten sind in der folgenden Darstellung der Einzelbereiche erwähnt.
Im Allgemeinen Teil sind die am 1.1.2026 in Kraft tretenden §§ 82b-d, 84d, 85b, 86i und 87d BGB, die allesamt Anmeldungen zum Stiftungsregister nach dem ebenfalls am 1.1.2026 in Kraft tretenden StiftRegG und den Rechtsfolgen der Anmeldung betreffen, neu kommentiert worden. Im Übrigen ist die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung eingearbeitet worden.
Im Allgemeinen Schuldrecht haben eine Fülle neuer Entscheidungen des EuGH, des BGH und der Instanzgerichte Anlass zu zahlreichen Änderungen und Ergänzungen gegeben. Hervorzuheben sind mehrere grundlegende Entscheidungen des BGH zur Schadensabwicklung bei Verkehrsunfällen, zur Reichweite des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, zur Haftung des Betreibers von Autowaschanlagen und zu Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Widerrufs eines verbundenen Vertrags. Im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben mehrere Entscheidungen des EuGH, des BGH und des BAG zur Klauselkontrolle und zu den Rechtsfolgen unwirksamer Klauseln neue Akzente gesetzt; besonders erwähnenswert sind mehrere Grundsatzurteile des BGH zur AGBKontrolle von Bankentgelten bei Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten, aber auch Entscheidungen des BAG zu formularmäßigen Zielvereinbarungen oder Spätehenklauseln in Arbeitsverträgen.
Im Besonderen Schuldrecht ist die Kommentierung der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 bis 687 BGB) grundlegend überarbeitet und vollständig neu verfasst worden. Die Rechtsprechung setzte insbesondere beim Kauf-, Miet-, Arbeits-, Werk- und Maklervertrag sowie im Deliktsrecht neue Akzente. Neue Entscheidungen des BGH betreffen etwa die kaufvertragliche Mängelhaftung für Zustandsangaben über eine Wohnung, die Erneuerung eines Hausdachs oder die Zustandsnote eines Oldtimers, im Mietrecht die Mieterhöhung, energetische Modernisierung, Kündigung einschließlich Sperrfrist und Widerspruch sowie die Rückgabe des Mietobjekts, im Werk- und Reiserecht unterschiedliche Probleme der Kündigung. Im Arbeitsrecht gab es neue Judikate des EuGH und des BAG zu Arbeitnehmerstatus, Arbeitszeiterfassung, Auskunft, Annahmeverzug, Befristung und Kündigung.
Im Sachenrecht lagen die Schwerpunkte der Überarbeitung im Nachbarrecht, bei den Schutzwirkungen der Vormerkung (u.a. Perpetuierung der Übertragbarkeit von Dienstbarkeiten iSv § 1092 Abs. 3 BGB, Vormerkungsschutz für die noch nicht eingetragene GbR) und den Bestimmtheitsanforderungen bei Verfügungen über Immobilien. Zudem waren zahlreiche höchstrichterliche und obergerichtlichen Entscheidungen einzuarbeiten, unter anderem zum gutgläubigen Erwerb beweglicher Sachen und zu den Folgen der Errichtung eines Gebäudes auf fremdem Grund.
Im Familienrecht ermöglicht die Reform im Namensrecht zwar eine größere Freiheit bei Namenswahl und Namensänderungen, sie enthält aber auch eine nicht unerhebliche Zahl von Widersprüchen und offenen Fragen, für die die Kommentierung praktische Lösungen unterbreitet. Nachdem weitere wesentliche familienrechtliche Vorhaben des Gesetzgebers, wie insbesondere eine Reform des Unterhalts- und des Kindschaftsrechts, wiederum unvollendet blieben, war es erneut der Praxis überlassen, innerhalb der Grenzen der überkommenen Regelungen den geänderten Lebenswirklichkeiten Rechnung zu tragen; die diesbezüglichen Lösungsvorschläge in Rechtsprechung und Literatur werden detailliert dargestellt und bewertet. Zudem ergingen zahlreiche Entscheidungen in für die Praxis wichtigen Detailfragen, etwa die Entscheidung des BGH im Güterrecht zur Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Trennungsvermögens bei Auskunft für einen streitigen Trennungszeitpunkt. Im Unterhaltsrecht, das der Betreuung gemeinsamer Kinder auch nach Trennung und Scheidung Rechnung tragen muss, wurden grundlegende Systemfragen neu justiert. Eingearbeitet wurde eine Fülle ober- und höchstgerichtlicher Entscheidungen, etwa zur Berücksichtigung einer erweiterten Mitbetreuung bei der Berechnung des Barunterhalts oder zur Berücksichtigung von Naturalunterhaltsleistungen des betreuenden Elternteils. Hervorzuheben sind zudem drei Entscheidungen des BGH, mit denen er seit Inkrafttreten des Angehörigen-Entlastungsgesetzes offene Rechtsfragen zum Selbstbehalt unterhaltspflichtiger Kinder gegenüber ihren Eltern geklärt hat und die grundlegenden Ausführungen für das Verhältnis von Unterhaltsrecht und Sozialrecht enthalten. Obschon der BGH im Kindschaftsrecht seine Linie zur systematischen Einordnung der tatsächlichen Betreuung eines Kindes in den Kontext von elterlicher Sorge und/oder Umgang bei geteilter Betreuung bekräftigt, divergieren die verschiedenen Oberlandesgerichte nach wie vor insbesondere bei der Frage, ob auch ein Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts eines Kindes im Weg einer (bloßen) Umgangsregelung erfolgen kann oder insoweit ein Sorgerechtsverfahren erforderlich ist. Schließlich waren zahlreiche Judikate, die die Anforderungen der Instanbul-Konvention im Rahmen des Kindschaftsrechts umsetzen, zu berücksichtigen. Die Reform des Betreuervergütungsrechts erforderte eine grundlegende Überarbeitung des VBVG.
Im Erbrecht waren zahlreiche Entscheidungen und Fachveröffentlichungen zu berücksichtigen. Besonders hervorzuheben sind die Entscheidungen des BGH zur Vertretung des Nacherben auf Grundlage einer transmortalen Vollmacht, zur Anwendbarkeit des § 2270 BGB auf Verfügungen in einem Erbvertrag und zu den Auswirkungen der Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 5 BGB auf die Verjährung eines Pflichtteilsanspruchs. In der obergerichtlichen Rechtsprechung standen insbesondere Fragen zum digitalen Nachlass und zur Sittenwidrigkeit erbrechtlicher Zuwendungen bei ehebezogenen Potestativbedingungen im Blickpunkt. Anpassungen ergaben sich zudem im Bereich der Testamentsvollstreckung infolge der neuen Empfehlungen des Deutschen Notarvereins zur Vergütung von Testamentsvollstreckern.
Im Internationalen Privatrecht waren in Folge der Reform des Internationalen Namensrechts die Art. 10, 23 und 48 EGBGB neu zu kommentieren. In vielen anderen Bereichen waren höchstrichterliche Leitentscheidungen einzuarbeiten, so zur Geschlechtsidentität, zur Frage der Substitution bei notariellen Beglaubigungen oder zum Erwachsenenschutz. Eine Fülle neuer Entscheidungen ergingen zu Fragen des ordre public. Im übrigen EGBGB waren vor allem neue Urteile des BGH zu den bei Verbraucherverträgen und in Besonderheit bei Verbraucherdarlehensverträgen bestehenden Informationspflichten zu berücksichtigen.
In der Kommentierung des AGG sind insbesondere Entscheidungen des BAG zu den Diskriminierungsmerkmalen sowie zur Beweislast für die Benachteiligung und den Benachteiligungsgrund hervorzuheben.
Im Wohnungseigentumsrecht konnte eine Reihe offener und umstrittener Rechtsfragen durch den BGH geklärt werden. Die Rechtsprechung zu den praxiswichtigen Beschlussfassungen über die Kostenverteilung gewinnt immer deutlichere Konturen. So soll die Formulierung „bestimmte Kosten“ in § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG lediglich das allgemein für Beschlüsse geltende Bestimmtheitserfordernis hervorheben und keine darüber hinaus gehenden Anforderungen begründen. Der BGH hat eine Teilanfechtung von Beschlüssen über Vor- und Nachschüsse für möglich erachtet. Ob der aktuell beliebte Einbau von Klimageräten zu einer unbilligen Benachteiligung anderer Wohnungseigentümer führt, ist nach Ansicht des BGH regelmäßig nur anhand der unmittelbar mit der baulichen Veränderung verbundenen Auswirkungen zu beurteilen. Die Nutzung kann anschließend im Rahmen der Hausordnung geregelt werden, auch können Abwehransprüche begründet sein.
Im UKlaG, das ebenso wie das LPartG, das PrKlG und das WBVG auf der Grüneberg-Homepage zu finden ist und dort in gewohnter Qualität kommentiert wird, sind insbesondere neue Entscheidungen des BGH, etwa zum Umfang des Folgenbeseitigungsanspruchs nach §§ 1, 2 UKlaG, und der Instanzgerichte eingearbeitet worden. Das Sachverzeichnis wurde vollständig durchgesehen, bereinigt und um wichtige neue Stichworte ergänzt.
Die Verfasser danken den Lesern für die zahlreichen Anregungen und Hinweise, die uns auch in diesem Jahr wieder erreicht und zur Verbesserung des Werkes beigetragen haben. Wir freuen uns auf die Anregungen und Hinweise zur vorliegenden Auflage (Kontaktadresse s. S. VIII).
Berlin, Frankfurt a.M., Hamburg, Karlsruhe, München, Roth
im November 2025
Die Verfasser