79. Auflage
Nachträge zur 79. Auflage
Nachtrag vom 6.2.2020: Gesetz zur Verlängerung des Betrachtungszeitraums für die ortsübliche Vergleichsmiete
Nachtrag vom 24.1.2020: Gesetz zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz)
Nachtrag vom 4.12.2019: Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 im Strafverfahren sowie zur Anpassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen an die Verordnung (EU) 2016/679
Vorwort zur 79. Auflage
Am 22.3.2019 ist unser hochgeschätzter Mitautor Prof. Dr. Dr. h.c. Gerd Brudermüller nach kurzer schwerer Krankheit verstorben. Ab der 59. Auflage und damit seit etwas mehr als 20 Jahren hat er im Palandt mit vortrefflicher Meisterschaft u.a. die vielfältigen und häufigen gesetzgeberischen Änderungen unterworfenen Bereiche des Eherechts, des Unterhaltsrechts und des Versorgungsausgleichs betreut. In seine Zeit fallen wichtige und tiefgreifende Reformen auf diesen Gebieten, in jüngster Zeit das Gesetz zur Einführung der „Ehe für alle“. Gerd Brudermüller hat es vorzüglich verstanden, in seiner Kommentierung die im Familienrecht wichtigen Gesichtspunkte der Praxistauglichkeit und der Rechtssicherheit mit der Öffnung für neue Entwicklungen zu verbinden und dabei auch die zuweilen zu beobachtende Kurzatmigkeit des Gesetzgebers fassbar zu machen. Als erfahrenem Familienrichter lagen ihm stets die Bedürfnisse des in der Praxis tätigen Juristen besonders am Herzen, ohne dabei die Anliegen der Rechtswissenschaft zu vernachlässigen. So hat Gerd Brudermüller das Familienrecht des Palandt im Laufe der Jahre zu einem allseits anerkannten und viel zitierten Glanzstück gemacht. Die verbleibenden Mitautoren danken ihm aber auch für seine persönliche Zugewandtheit, seine Hilfsbereitschaft und sein ausgleichendes Wirken im Autorenkreis. Gerd Brudermüller hat seinen Arbeitsabschnitt bis kurz vor seinem Tod noch maßgeblich überarbeitet und aktualisiert, so dass sich Verlag und Mitautoren entschlossen haben, ihn in der 79. Auflage noch als Autor zu benennen. In der Schlussphase haben Freunde und Kollegen von Gerd Brudermüller seine Kommentierung in seinem Sinne auf dem neuesten Stand gehalten, denen hiermit besonders gedankt sei: Prof. Dr. Christine Budzikiewicz, Rechtsanwalt Jörn Hauß, Prof. Dr. Elisabeth Koch, Richter am KG Martin Menne, Prof. Dr. Anne Sanders, Vorsitzender Richter am OLG Prof. Dr. Alexander Schwonberg, Direktor des AG Dr. Christian Seiler, Richter am OLG Walther Siede und Prof. Dr. Marina Wellenhofer.
Die
79. Auflage bietet dem Nutzer des Palandt eine Menge Neues. An erster Stelle sind die Änderungenim Mietrecht durch das Mietrechtsanpassungsgesetz und im Familienrecht durch das Gesetz zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts zu nennen. Daneben treten weitere kleinere Gesetzesänderungen im BGB durch das Qualifizierungschancengesetz, das Gesetz zur Förderung der Freizügigkeit von EU-Bürgerinnen und -Bürgern sowie zur Neuregelung verschiedener Aspekte des Internationalen Adoptionsrechts sowie zuletzt das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 im Strafverfahren sowie zur Anpassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen an die Verordnung (EU) 2016/679. Schließlich ist auf mehrere Änderungen des EGBGB durch das Gesetz zum Internationalen Güterrecht und zur Änderung von Vorschriften des Internationalen Privatrechts hinzuweisen. Hinzu kommen zahlreiche wichtige Entscheidungen des BVerfG, BGH, BAG und EuGH. All dies hat, neben der Überarbeitung und Straffung verschiedener Erläuterungen, auch in der vorliegenden Neuauflage zu zahlreichen Änderungen, Ergänzungen und Neubearbeitungen in der Kommentierung geführt. Die wichtigsten sind in der folgenden Darstellung der Einzelbereiche erwähnt.Im
Allgemeinen Teil wurden die durch das Gesetz zur Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung
erfolgten Änderungen betreffend das Vereinsregister eingearbeitet (§ 55a) und neu kommentiert (§ 79a), ebenso die gesetzlichen Änderungen im Personenstandsrecht. Weiter wurde die höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung eingearbeitet, vor allem zu Fragen des Vereinsrechts, der Nichtigkeit und Sittenwidrigkeit von Rechtsgeschäften und zum Verjährungsrecht, insbesondere zum Verjährungsbeginn und zur Hemmung der Verjährung.
Im
Allgemeinen Schuldrecht haben eine Fülle neuer Entscheidungen des EuGH, des BGH und der
Instanzgerichte Anlass zu zahlreichen Änderungen und Ergänzungen gegeben. Hervorzuheben sind grundlegende Entscheidungen des EuGH, die das Verbraucherrecht weiter konturiert haben, wie etwa zum Widerruf des Online-Kaufs einer Matratze oder eines auf einer Messe getätigten Kaufs, aber auch maßgebende Urteile des BGH zur Rückabwicklung von Verbraucherverträgen nach Widerruf. Im Schadensrecht waren wichtige Entscheidungen des BGH nicht nur zur Abwicklung von Kfz-Schäden, sondern auch im Zusammenhang mit mangelhaften Bauleistungen zu verzeichnen, die in der Kommentierung zu berücksichtigen waren. Im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben mehrere Entscheidungen des EuGH, des BGH und des BAG die Rechtsprechung weiter präzisiert und neue Akzente gesetzt.
Im
Besonderen Schuldrecht waren in erster Linie die bereits erwähnten Gesetzesänderungen imMiet- und Dienstvertragsrecht zu kommentieren. Die Hauptarbeit bestand jedoch, wie im Allgemeinen
Schuldrecht, in der Sichtung und Einarbeitung der auch in diesem Jahr sehr zahlreichen gerichtlichen Entscheidungen insbesondere des EuGH, des BGH, des BAG und der Oberlandesgerichte sowie der umfangreich veröffentlichten Literatur. Hervorzuheben sind die inzwischen zahlreichen Entscheidungen zum Abgasskandal sowohl zum Kaufrecht wie zur unerlaubten Handlung. Im Mietrecht waren mehrere bedeutsame Entscheidungen zu verzeichnen, die streitige Rechtsfragen geklärt haben. Gleiches gilt für das Arbeitsrecht, etwa zum Urlaubsanspruch. Auch die Entscheidung des EuGH zur teilweisen Europarechtswidrigkeit der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), die Insolvenz des Reiseveranstalters Thomas Cook und eine Vielzahl von Veröffentlichungen zu den 2017 erlassenen Neuregelungen im Werk-, Bauvertrags- und Reiserecht gaben Anlass zu teils umfangreicheren Änderungen und Ergänzungen.
Im Sachenrecht lagen die Schwerpunkte der Überarbeitung beim Überbau (Bemessung der Überbaurente, grundbuchliche Verlautbarung eines Rentenverzichts), möglichen Grenzen des Erwerbs von Kulturgütern im Sinne des Kulturgüterschutzgesetzes in öffentlichen Versteigerungen und durch Ersitzung, der Grunddienstbarkeit (u. a. Belastung des Wohnungseigentumsgrundstücks zugunsten eines Sondereigentümers, Anforderungen an ein spezifiziertes Nutzungsrecht oder eine spezifizierte Unterlassungspflicht, lastenfreie Abschreibung bei Teilung des dienenden Grundstücks) sowie – erneut – bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Grundbuch (Gestaltungsempfehlungen für einen kondiktionsfesten Erwerb angesichts des nach wie vor unklaren Geltungsanspruchs von § 899a BGB). Zudem waren wiederum zahlreiche höchst- und obergerichtliche Entscheidungen einzuarbeiten, u. a. zur verbotenen Eigenmacht (Arbeitskampfmaßnahmen, bloße Duldungsansprüche gegen den Störer), zu Abwehransprüchen bei häuslichem Musizieren oder zur Vollstreckung aus einer isoliert erworbenen Sicherungsgrundschuld.
Das Familienrecht hat sich auch im vergangenen Jahr in Bewegung befunden. Zunächst wurden die Fehler, die dem Gesetzgeber bei der überstürzten Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts unterlaufen sind, durch das Eheöffnungsumsetzungsgesetz weitgehend behoben. Der – durch die Einführung der Ehe für alle noch einmal verstärkte – Reformdruck im Abstammungsrecht zeigt sich in Entscheidungen des BGH zur Elternstellung gleichgeschlechtlicher Paare, aber auch zu Kindern, die im Ausland von Leihmüttern geboren wurden. In beiden Fällen steht eine verlässliche Eltern-Kind-Zuordnung in Frage, die vor allem das Wohl des Kindes im Auge hat. Der inzwischen vorgelegte Diskussionsteilentwurf zur Neuregelung des Abstammungsrechts erfasst die in der Praxis sich ergebenden Probleme nur zum Teil. Im Abstammungsrecht wird bereits darauf hingewiesen, welche Änderungen er mit sich brächte. Im Güterrecht waren neue Entscheidungen des BGH zu Eheverträgen, aber auch zu Bewertungsfragen im Zugewinnausgleich einzuarbeiten. Im Kindschaftsrecht schien zunächst die Entscheidung des BGH zur Anordnung eines Wechselmodells auch gegen den Willen eines Elternteils alle Fragen geklärt zu haben. Sie hat aber im vergangenen Jahr zahlreiche, zum Teil konträre Entscheidungen der Oberlandesgerichte nach sich gezogen, die für die beteiligten Familien mehr als misslich sind. Diese werden dargestellt und gewichtet. Das BVerfG hat zudem das Adoptionsrecht für verfassungswidrig erklärt, soweit eine Stiefkindadoption durch unverheiratete Eltern, auch wenn diese in einer stabilen Partnerschaft leben, ausgeschlossen wird. Im Adoptionsrecht werden die Folgen dieser Entscheidung dargestellt. Im Betreuungsrecht und beim Versorgungsausgleich waren eine Vielzahl neuer Entscheidungen einzuarbeiten. Eine völlige Neukommentierung erforderte schließlich das Gesetz zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung, mit dem für Betreuer abweichend von der bisherigen Rechtslage Fallpauschalen eingeführt wurden. Diese werden ausführlich erläutert, die hierfür maßgeblichen Tabellen sind im Anhang zum VBVG abgedruckt.
Im Erbrecht wurden wieder zahlreiche Entscheidungen und Veröffentlichungen eingearbeitet, die Erläuterungen auf den neuesten Stand gebracht und an vielen Stellen neu gefasst. So hat der BGH den Umfang des Totenfürsorgerechts näher präzisiert. Hervorzuheben sind auch seine neuen Entscheidungen zur Erbausschlagungsfrist bei kurzzeitigem Aufenthalt des Erben im Ausland, zur Schiedskompetenz eines Testamentsvollstreckers und zur Auslegung von Klauseln zum gleichzeitigen Versterben. Im für die Praxis schwer handhabbaren Bereich des notariellen Nachlassverzeichnisses sind neben weiteren obergerichtlichen Entscheidungen nunmehr auch erste Stellungnahmen des BGH erfolgt. Von besonderer Bedeutung ist ferner die neue Rechtsprechung des BAG zum Abgeltungsanspruch für nicht genommenen Urlaub bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers.
Im Internationalen Privatrecht sind die zahlreichen Änderungen durch das Gesetz zum Internationalen Güterrecht und zur Änderung von Vorschriften des Internationalen Privatrechts sowie das Gesetz zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts eingearbeitet und kommentiert worden. Diese betreffen weite Teile des Internationalen Familienrechts: Art. 3a, 15 und 16 EGBGB wurden gestrichen, die Art. 14, 17, 17a und 17b EGBGB grundlegend überarbeitet sowie Art. 19 und 22 EGBGB ergänzt. Darüber hinaus waren wiederum eine Reihe von Grundsatzurteilen des EuGH und mitgliedstaatlicher Obergerichte zu den europäischen Rechtsakten zu berücksichtigen. Im übrigen EGBGB war vor allem die reichhaltige Rechtsprechung des BGH zu den Anforderungen an die Ordnungsgemäßheit einer Widerrufsbelehrung und Widerrufsinformation in Verbraucherdarlehensverträgen und sonstigen einem Widerruf unterliegenden Verbraucherverträgen zu berücksichtigen.
In der Kommentierung des AGG sind insbesondere die Entscheidungen des BAG zur unterschiedlichen Behandlung von Bewerbern durch kirchliche Einrichtungen wegen der Religion, zu Spätehenklauseln und zu rechtsmissbräuchlicher Bewerbung hervorzuheben. Im Wohnungseigentumsrecht waren einige bemerkenswerte Entwicklungen der Rechtsprechung zu verzeichnen, die in der Praxis der Wohnungseigentümer und Verwalter große Aufmerksamkeit erlangen werden. So hat der BGH die Bedeutung allgemeiner Öffnungsklauseln zur Regelung der Rechtsverhältnisse durch Mehrheitsbeschluss weiter eingeschränkt mit der Folge, dass die grundsätzliche Befugnis zur Nutzung des Wohnungseigentums, z.B. hinsichtlich der kurzfristigen Vermietung an Feriengäste, dem betroffenen Wohnungseigentümer nicht ohne seine Zustimmung genommen werden darf. Hervorzuheben sind weiter Entscheidungen des BGH über den Anspruch auf Änderung der Gemeinschaftsordnung auch bei „Geburtsfehlern“, die Möglichkeit zu Einschränkungen des Stimmrechts von „Geisterwohnungen“ bei stecken gebliebenem Bau sowie schließlich über die Tücken einer Verwalterwahl bei mehreren Kandidaten.
Aufgrund des zunehmenden Umfangs des BGB war es leider unumgänglich, mit dieser Auflage zwei Nebengesetze, nämlich das LPartG und das UKlaG, auf die Palandt-Homepage auszulagern. Diese werden dort aber weiterhin in gewohnter Palandt-Qualität kommentiert. Das Sachverzeichnis wurde vollständig durchgesehen, bereinigt und um wichtige neue Stichworte ergänzt.
Die Verfasser danken den Lesern für die zahlreichen Anregungen und Hinweise, die uns auch in diesem Jahr wieder erreicht und zur Verbesserung des Werkes beigetragen haben. Wir freuen uns auf die Anregungen und Hinweise zur vorliegenden Auflage (Kontaktadresse s. S. VIII).
Hamburg, Karlsruhe, München, Roth
im November 2019
Die Verfasser
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