Die Sanktionen, die US-Präsident Donald Trump seit Monaten über Kanzleien verhängt, reichen von Entzug der Sicherheitsfreigabe über Kündigung von Regierungsaufträgen bis hin zur Aufforderung zum Mandantenverrat. Um einer der berüchtigten Executive Orders zu entgehen, sind diverse Kanzleien Deals eingegangen: pro-bono-Leistungen im Austausch für Trumps Wohlwollen. Paul, Weiss, Rifkind, Wharton & Garrison; Kirkland & Ellis; Skadden, Arps, Slate, Meagher & Flom und Willkie Farr & Gallagher sind nur einige große Namen auf der Liste der Deal-Kanzleien. Viele haben auch Niederlassungen in Deutschland.
Zu der Frage, welche Auswirkungen solche Deals auf die berufsrechtliche Stellung der in Deutschland tätigen US-Kanzleien haben, hat der Deutsche Anwaltverein (DAV) nun ein Positionspapier erarbeitet, das beck-aktuell vorliegt. Die Berufsvereinigung sieht allerdings kaum wirksame Mittel gegen die Trump-hörigen Kanzleien, selbst wenn sie ihre berufsrechtliche Verpflichtung zur Unabhängigkeit verletzen.
Deals mit der Trump-Regierung gefährden die Unabhängigkeit
Anwältinnen und Anwälte sind unabhängige Organe der Rechtspflege (§ 1 BRAO). Das bedeute in erster Linie die Unabhängigkeit von staatlichen Stellen, schreibt der DAV. Dass Deals mit der Exekutive diese Unabhängigkeit in Zweifel zögen, liegt für den Berufsverband auf der Hand. Erst recht, da nicht klar sei, ob diese auch eine Verpflichtung implizierten, nicht gegen die Trump-Administration zu agieren.
Berufsrechtlich stehe hier ein Verstoß gegen § 43a Abs. 1 BRAO im Raum, der Anwältinnen und Anwälte dazu verpflichtet, ihre Unabhängigkeit zu wahren. Auch Berufsausübungsgesellschaften sind daran gebunden. "Eine Verletzung der Unabhängigkeitsverpflichtung durch die Deals erscheint möglich, vielleicht sogar wahrscheinlich", heißt es vom DAV. Vereinbarungen, durch die sich Anwältinnen und Anwälte ihrer Unabhängigkeit vom Staat begäben, seien nach deutschem Berufsrecht rechtswidrig.
Deutsches Berufsrecht und die US-Kanzleien
Doch inwieweit betrifft es deutsches Berufsrecht, was Kanzleien in den USA tun? Der DAV differenziert: Manche US-Kanzleien seien unmittelbar nach § 59f BRAO in Deutschland tätig und unterlägen demnach – ebenso wie ihre Berufsträger – unmittelbar dem deutschen Berufsrecht. Handlungen solcher Kanzleien – auch in den USA – könnten in Deutschland berufsrechtliche Konsequenzen haben.
Schwieriger sei es allerdings bei Kanzleien, die nur für ihre Zweigniederlassung in Deutschland zugelassen seien (§ 207a BRAO), schreibt der DAV. Grundsätzlich gelten die berufsrechtlichen Verpflichtungen natürlich auch für die deutsche Niederlassung. Das Verhalten von US-Gesellschaftern könne der deutschen Sozietät aber nur ausnahmsweise zugerechnet werden – wenn überhaupt.
Welche Handhabe haben die Kammern?
Die Anwaltskammern haben sich – abgesehen von der Beteiligung der BRAK an einer kritischen Stellungnahme - an der Debatte um die Deal-Kanzleien und deren Tätigkeit in Deutschland, insbesondere zu möglichen berufsaufsichtlichen Verfahren noch nicht geäußert. Diese wären aber grundsätzlich möglich, so der DAV im Positionspapier. Kammern könnten in Wahrnehmung ihrer Befugnisse aus § 73 Abs. 2 Nr. 4 BRAO solche Verfahren einleiten, den betreffenden Kanzleien eine Rüge erteilen oder sogar ein Ermittlungsverfahren bei der Generalstaatsanwaltschaft anregen, das vor dem Anwaltsgericht landen könnte.
Ob das aber die betreffenden Kanzleien hart treffen würde, steht laut DAV auf einem anderen Blatt: Selbst im Falle der schärfsten Sanktion, dem Entzug der Rechtsdienstleistungsbefugnis, wären die Auswirkungen auf die in Deutschland arbeitenden Berufsträger begrenzt, so der Verband. "Die individuelle Zulassung und die Möglichkeit, in anderen Berufsausübungsgesellschaften zusammenzuarbeiten, blieben unberührt."
Über einen möglichen Entzug der Zulassung hat der DAV ebenfalls nachgedacht – sieht aber auch hier schwarz: Wegen einer Verletzung der Unabhängigkeitsverpflichtung könne diese nicht widerrufen werden, heißt es. "Auch für den einzelnen Berufsträger käme der Widerruf seiner Zulassung nur nach § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO in Betracht. Es dürfte sich aber schon nicht um eine ‚unvereinbare Tätigkeit‘ handeln."
Einstellung von DEI-Programmen: Kein Berufsrechtsverstoß
Trump führt einen Feldzug nicht nur gegen den Rechtsstaat, sondern auch gegen marginalisierte Gruppen und Minderheiten. Nachdem der Präsident 20 große Anwaltskanzleien gewarnt hatte, dass ihre Beschäftigungspolitik zur Förderung von Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration möglicherweise illegal sei, stellten etliche Kanzleien ihre DEI-Programme ein.
Das erklärt der DAV jedoch für berufsrechtlich nicht relevant. "Das deutsche Berufsrecht verpflichtet die Anwaltschaft nicht zur Förderung von DEI jenseits der für sie geltenden allgemeinen Vorgaben des AGG und des Schwerbehindertengesetzes." Eine Berufspflichtverletzung käme auch dann nicht in Betracht, wenn Diversity-Programme aufgrund von politischem Druck ausgesetzt würden. Auch hier sieht der Verband mit dem Hebel Berufsrecht keine Handhabe.