Stuttgart: Ältere Diesel-Autos dürfen ab 2019 nicht mehr ins Stadtgebiet

Im Kampf gegen schlechte Luft durch Dieselautos macht Stuttgart mit einem Fahrverbot Ernst und folgt als zweite deutsche Metropole dem Beispiel Hamburgs. Vom 01.01.2019 an müssen sich Besitzer älterer Dieselautos in der baden-württembergischen Landeshauptstadt auf Fahrverbote einstellen. Die grün-schwarze Koalition von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) einigte sich am 11.07.2018 nach wochenlangen Verhandlungen auf Fahrverbote für Diesel der Euro-Abgasnorm 4 und schlechter.

Fahrverbot gilt für das ganze Stadtgebiet

Ob es ab 2020 auch Fahrverbote für jüngere Diesel der Euronorm 5 gibt, will die Koalition von der Wirkung eines Luftreinhaltepaketes abhängig machen, zu dem auch die Fahrverbote ab 2019 gehören. Von diesen möglichen Verboten sollen aber für eine Übergangszeit von zwei Jahren solche Euro-5-Diesel ausgenommen werden, die entweder mit Software oder Hardware nachgerüstet worden sind. Stuttgart folgt mit dem Verbot Hamburg, wo Einschränkungen für Dieselwagen auf zwei Streckenabschnitten gelten. In Stuttgart, der Heimat von Mercedes und Porsche, beziehen sie sich aber auf das gesamte Stadtgebiet.

Übergangsfrist für Anwohner bis April 2019

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte im Februar 2018 (NJW 2018, 2074) entschieden, dass Fahrverbote zur Luftreinhaltung grundsätzlich erlaubt sind, wenn die Verhältnismäßigkeit gewahrt wird. Seither stand das Land unter großem Handlungsdruck. Bei den jetzt angekündigten Fahrverboten soll es eine Übergangsfrist bis zum 01.04.2019 für Anwohner geben. Nach den Worten von Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz greift dann auch eine Reform der Tarife im Verkehrsverbund VVS, der den Menschen das Umsteigen auf den ÖPNV schmackhaft machen soll.

Ausnahmen für Handwerker und Lieferverkehr

Daneben gibt es auch zahlreiche Ausnahmen von den Fahrverboten, etwa für Lieferverkehre und das Handwerk, wie Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) berichtet. "Wir haben hier unbefristete freie Fahrt vereinbart.“ Ausnahmen gebe es auch für Menschen im Schichtdienst, Pflegedienste und Kleinstbetriebe, die bei Verboten in ihrer Existenz bedroht seien. Ministerpräsident Kretschmann sagte, die Einigung zeige, dass die Koalition handlungsfähig sei. Zuvor war spekuliert worden, die Landesregierung könnte an der Frage der Diesel-Verbote zerbrechen.

Langer Kampf gegen Feinstaub und Stickoxid

Stuttgart kämpft seit langem gegen viel zu hohe Feinstaub- und Stickoxid-Werte. Stickoxide sind Gase, die unter anderem die Atemwege und Augen reizen können. Die Umweltgifte entstehen bei vielen Verbrennungsvorgängen, im Straßenverkehr vor allem aus Dieselmotoren. Die Landesregierung musste auch deshalb eine Entscheidung treffen, weil das Verwaltungsgericht Stuttgart ihr eine Frist bis zum 16.07.2018 gesetzt hatte, um ihre Luftreinhaltemaßnahmen genauer zu erklären. Das Gericht verlangte, dass das Land Fahrverbote für Euro-5-Diesel mit einem Termin in den Luftreinhalteplan für Stuttgart aufnimmt.

Parkraummanagement und Expressbuslinien sollen helfen

Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) kündigte flankierend unter anderem mehr Expressbuslinien und ein besseres Parkraummanagement in Stuttgart an. Insgesamt kostet das Maßnahmenpaket zur Luftreinhaltung nach seinen Worten 450 Millionen Euro, wobei die Finanzierung zu einem Großteil schon gesichert sei. Es gebe eine offene Summe von 105 Millionen Euro über zehn Jahre, die es zu finanzieren gelte.

Gut eine halbe Million Diesel im Großraum Stuttgart

Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes (Stand 01.01.2018) sind in der Region Stuttgart, Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und im Rems-Murr-Kreis insgesamt 534.573 Dieselautos zugelassen. 34% davon sind mit Euro-5-Norm unterwegs, das entspricht 183.358 Autos. Hinzu kommen noch 188.163 Dieselwagen, die mit den Euronormen 1 bis 4 registriert sind. Das entspricht einem Anteil von 35% aller Dieselautos.

Redaktion beck-aktuell, Bettina Grachtrup und Alexia Angelopoulou, 12. Juli 2018 (dpa).