Schwangerschaftsabbruch: Abgeordnete debattieren über Umgang mit § 218 StGB

In Deutschland ist der Schwangerschaftsabbruch eine Straftat, auch wenn er unter bestimmten Bedingungen nicht bestraft wird. Mehr als 300 Abgeordnete unterschiedlicher Fraktionen im Bundestag wollen das neu regeln. Am Donnerstag wurde ihr Antrag im Plenum sehr emotional beraten.

So betonte die Grünen-Abgeordnete Ulle Schauws, § 218 symbolisiere seit 1871, dass eine Frau nicht das Recht habe, selbst über ihre Schwangerschaft und somit ihr Leben und ihren Körper zu bestimmen. Gyde Jensen von der FDP erklärte, in einer solch schwierigen Lage dürften Frauen nicht zusätzlich der Belastung ausgesetzt sein, potenziell eine Straftat zu begehen. Hingegen warft Dorothee Bär von der Union den Befürwortern und Befürworterinnen vor, das Schicksal des ungeborenen Kindes nicht wichtig genug zu nehmen. Noch drastischer erklärte Beatrix von Storch von der AfD ihr Nein zu einer Liberalisierung der Abtreibung: "Frauen können ja jetzt schon straffrei das Leben ihres ungeborenen Kindes beenden - ich persönlich finde das furchtbar."

Was gilt bisher: Nach § 218 StGB ist eine Abtreibung ist in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig, weil laut Grundgesetz das ungeborene Leben geschützt werden muss. Sie ist aber nicht strafbar, wenn sie innerhalb der ersten zwölf Wochen stattfindet und die Frau sich zuvor hat beraten lassen (§ 218 a Abs. 1 StGB). Ohne Strafe bleibt ein Abbruch auch, wenn medizinische Gründe vorliegen oder wenn er wegen einer Vergewaltigung vorgenommen wird.

Die Abgeordneten, die das ändern wollen, sind der Meinung, dass Frauen, die abtreiben wollen, wegen des Gesetzes schlechter versorgt werden. Die strafrechtliche Komponente schrecke viele Ärzte und Ärztinnen davon ab, Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen, argumentierte die SPD-Abgeordnete Carmen Wegge. Außerdem rechnen die Parlamentarier damit, dass Krankenkassen die Kosten für den Eingriff regulär übernehmen würden, wenn die Illegalität aufgehoben wird.

Deshalb sieht der maßgeblich von Grünen und SPD vorangetriebene Entwurf vor, Schwangerschaftsabbrüche ganz aus dem Strafgesetz herauszunehmen, so dass Abtreibungen bis zur 12. Woche legal sind. Die Pflicht zur Beratung soll aber bestehen bleiben, allerdings ohne die derzeit geltende Wartepflicht von drei Tagen zwischen Beratung und Abtreibung. Wenn ein Abbruch ohne Beratungsbescheinigung vorgenommen wird, soll sich künftig nur der Arzt oder die Ärztin strafbar machen. Die Frau bliebe straffrei. Auch sollten die Kosten für den Eingriff von den Krankenkassen übernommen werden müssen.

Bereits im August hatten die Grünen ein entsprechendes Positionspapier vorgestellt. Zuvor hatte eine von der Regierung eingesetzte Expertenkommission die Legalisierung des Abbruchs mindestens bis zur 12. Woche Schwangerschaftswoche empfohlen.

Erfolgsaussichten für Reform-Antrag ungewiss

Ob die Reform noch vor der Neuwahl kommt, bleibt allerdings offen. Zwar kann der Bundestag noch bis zur für den 23. Februar geplanten Neuwahl Gesetze beschließen - mit straffem Plan wäre also ausreichend Zeit. Aber SPD und Grüne allein haben keine Mehrheit im Parlament. Versucht wird die Reform deshalb über einen sogenannten Gruppenantrag. Solche Anträge werden bei ethisch komplexen Fragen über Lagergrenzen hinweg gestellt. In der Regel müssen sich die Abgeordneten bei einer Abstimmung dann nicht an der Linie ihrer Fraktion orientieren, sondern entscheiden ganz frei.

Derzeit sitzen 733 Abgeordnete im Bundestag, für eine Mehrheit sind also 367 Stimmen nötig. Bisher unterstützen 328 Parlamentarier die Abtreibungs-Legalisierung, vor allem von SPD, Grünen und Linken, doch auch das BSW hat Zustimmung angekündigt.  Ob der Bundestag überhaupt noch über den Antrag abstimmen wird, bleibt auch deshalb offen, weil der Antrag erst einmal in den zuständigen Rechtsausschuss überwiesen wurde. Von dort müsste er wieder auf die Tagesordnung des Bundestags kommen, was im Rechtsausschuss entschieden wird.

Ob es dazu kommt, hängt entscheidend von der Union und FDP ab. Bei Grünen und SPD befürchten einige, dass Union und FDP den Antrag im Rechtsausschuss "versenken", ihn also so lange nicht zum Beschluss freigeben, bis neu gewählt wird. So hatte bereits die FDP-Abgeordnete Jensen im Bundestag argumentiert, eine solche Debatte dürfe nicht in Eile geführt werden, nötig sei Zeit zum Nachdenken, Zuhören und individuellen Abwägen nötig.

Auch Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat bereits moniert, dass das Thema im Schnellverfahren durchgeboxt werden solle.  Bei der SPD kommt das nicht gut an. Merz stelle sich völlig ins Abseits, kritisierte die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast. Dass die Union und die FDP nun sogar versuchten, eine Anhörung zu blockieren, sei unerträglich. Sie rief Merz Merz dazu auf, sich an die Seite der Frauen, Ärztinnen und Ärzte und die eindeutige Mehrheit im Land zu stellen. Die Zeit sei reif für eine Entscheidung.

Redaktion beck-aktuell, gk, 6. Dezember 2024 (ergänzt durch Material der dpa).