Die Diskussionen um eine Reform des § 218 StGB wird schon seit einiger Zeit geführt. Zuletzt hatte im Frühjahr eine von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission ihre Empfehlungen für eine Neuregelung abgeben. Nach derzeitiger Rechtslage ist ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschlang gemäß § 218 Abs. 1 Satz 1 StGB strafbar. Von der Strafbarkeit ausgenommen ist ein Abbruch nach § 218a Abs. 1 StGB dann, wenn er in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft von einer Ärztin oder einem Arzt nach vorgegangener nachweisbarer Beratung durchgeführt wurde.
Die Ministerinnen und Minister der Grünen Anna Gallina, Katja Meier, Katharina Fegebank, Doreen Denstädt, Benjamin Limbach, Ursula Nonnenmacher, Antje Töpfer, Josefine Paul, Aminata Touré und Katharina Binz äußerten sich nun in einem heute veröffentlichen Positionspapier zur Debatte. Die Gruppe schlägt Alternativen vor, die an die Stelle der §§ 218 ff. StGB treten könnten.
Grundlegend fordern sie, dass Schwangerschaftsabbrüche in der Frühphase, innerhalb der derzeitigen Fristenregelung, keinen rechtlichen Sanktionierungen mehr unterliegen und daher uneingeschränkt legal werden. Dafür soll eine Regelung im Schwangerschaftskonfliktgesetz statt wie bisher im Strafgesetzbuch geschaffen werden, die normieren soll, dass ein Abbruch bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ohne Indikation und ohne Beratungspflicht zulässig ist. Somit wäre ein Schwangerschaftsabbruch innerhalb dieser Frist gänzlich legal und nicht nur straffrei gestellt.
Nach Ablauf dieser Frist sieht das Papier vor, dass Abbrüche nur bei medizinischer oder kriminologischer Indikation erfolgen können. Die Regelungen aus § 218 Abs. 2 und Abs. 3 StGB sollen mit in das SchKG übernommen werden.
Neuer Straftatbestand, Recht auf Beratung statt Beratungspflicht
Die Gruppe sieht weiterhin einen neuen Straftatbestand vor. Dieser soll Eingriffe, die sich gegen die körperliche Unversehrtheit und reproduktive Selbstbestimmung von Schwangeren richten, unter Strafe stellen. Dabei soll der vorsätzliche Abbruch gegen den Willen der Schwangeren als Verbrechen und die fahrlässige Begehung als Vergehen geahndet werden. Auch ein minder schwerer Fall für mögliche Ausnahmesituationen ist vorgesehen.
Weiterhin sieht das Papier ein Recht auf Beratung statt einer Beratungspflicht vor. Die Gruppe argumentiert, dass Schwangere nicht leichtfertig über den Abbruch einer Schwangerschaft entscheiden würden – der Konflikt zwischen selbstbestimmter Entscheidung und dem in ihnen entstehenden Leben sei ihnen bewusst. Daher sei Beratung in dieser schwierigen Zeit besonders wichtig. Aber "eine Beratungspflicht innerhalb einer Wartezeit vor der Durchführung des Schwangerschaftsabbruches ist das Gegenteil von Selbstbestimmung", so die Gruppe. Diese würde in den Entscheidungsprozess der ungewollt Schwangeren eingreifen und sei in fast keinem europäischen Land vergleichbar geregelt. Die Beratungspflicht sei "restriktiv" und spreche Schwangeren in Deutschland ihre souveräne Entscheidung ab, was "nicht begründbar" sei. Deshalb sieht das Positionspapier vor, dass an die Stelle der derzeitigen Beratungspflicht ein Recht auf freiwillige und kostenfreie Beratung tritt.