Fehlerhafte Einmal-Steuerermäßigung: Steuerberater hätte auf Folgen hinweisen müssen

Eine vom Finanzamt zu Unrecht gewährte Steuermäßigung erwies sich für ein Ehepaar später als nachteilig, weil sie nur einmal im Leben genutzt werden kann. Den dadurch entstandenen Schaden muss ihm sein Steuerberater ersetzen, weil er über die möglichen Folgen nicht aufgeklärt hatte, entschied das OLG Schleswig.

Ein Steuerberater prüfte für ein Ehepaar einen 2008 erlassenen Steuerbescheid, laut dem das Paar Steuern nachzahlen sollte. Das Finanzamt hatte bei der Steuerberechnung einen besonderen ermäßigten Steuersatz angewendet (§ 34 Abs. 3 EStG), der nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden kann. Das geht nur auf Antrag, das Paar hatte einen solchen Antrag aber gar nicht gestellt. Der Steuerberater bemerkte den Fehler, riet aber von einem Einspruch ab, da das Paar sonst noch mehr nachzahlen müsste – der Fehler des Finanzamts brachte eine Steuerersparnis von 8.000 Euro.  

Zehn Jahre später verkaufte der Mann seine Arztpraxis. Für den Veräußerungsgewinn wollte das Paar den besonderen ermäßigten Steuersatz aus § 34 Abs. 3 EStG nutzen und beantragte dies in ihrer Steuererklärung. Das Finanzamt lehnte das aber ab: Die Ermäßigung könne nur einmal im Leben genutzt werden und sei bereits angewendet worden. Mit ihrer anschließenden Klage verbuchte das Paar zwar zunächst beim FG Schleswig-Holstein einen Erfolg, erlitt dann aber beim BFH 2021 eine Niederlage, der das Finanzamt bestätigte.

Wegen der steuerlichen Mehrbelastung und der Verfahrenskosten hielt sich das Paar anschließend an den Steuerberater, den es wegen fehlerhafter Beratung auf Schadensersatz in Höhe von 233.000 Euro verklagte. Der Steuerberater wandte ein, er habe nicht wissen können, dass die Steuervergünstigung auch dann verbraucht sei, wenn gar kein Antrag gestellt wurde. Denn das BFH-Urteil sei "aus heiterem Himmel" gekommen, 2008 habe es dazu keine Rechtsprechung gegeben.

Steuerberater hätte auf Einmaligkeit der Ermäßigung hinweisen müssen

Wie schon das LG Lübeck gab nun auch das OLG Schleswig dem Ehepaar Recht (Urteil vom 11.10.2024 - 17 U 4/24): Der Steuerberater hätte das Ehepaar über den Fehler des Finanzamtes und die möglichen Konsequenzen aufklären müssen. Er hätte es darauf hinweisen müssen, dass der angewandte ermäßigte Steuersatz laut Gesetz nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden kann. Zwar habe es 2008 noch keine einschlägige Rechtsprechung gegeben. Aufgrund des Wortlauts der Regelung hätte es sich dem Steuerberater aber aufdrängen müssen, dass der mögliche Verbrauch der Steuervergünstigung für eine vergleichsweise geringe Einnahme drohte. Außerdem hätte er wegen der damals bereits existierenden BFH-Rechtsprechung zum "Objektverbrauch" besonders vorsichtig sein müssen.

Auf seine Rechtsprechung zum "Objektverbrauch" hatte der BFH 2021 in seinem Urteil Bezug genommen, als er darauf verwies, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung eine antragsgebundene Einmal-Steuervergünstigung auch dann verbraucht sei, wenn das Finanzamt sie zu Unrecht, insbesondere ohne Antrag, gewährt hat.

OLG Schleswig, Urteil vom 11.10.2024 - 17 U 4/24

Redaktion beck-aktuell, hs, 17. Oktober 2024.