Keine Aussetzung des Kündigungsschutzverfahrens bei Verdacht der Begehung von Tötungsdelikten

Wird einer Mitarbeiterin wegen des Verdachts, Tötungsdelikte begangen zu haben, gekündigt, so darf das von ihr angestrengte Kündigungsschutzverfahren nicht mit Blick auf das noch laufende Strafverfahren ausgesetzt werden. Das gilt selbst dann, wenn in dem Strafverfahren die Schuldfähigkeit der Betroffenen in Frage steht. Denn laut Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg fehlt bei einem Tötungsdelikt im Sinne eines personenbedingten Kündigungsgrundes die Eignung für die Tätigkeit auch bei fehlender Schuldfähigkeit.

Fristlose Kündigung wegen Verdachts des Begehens von Tötungsdelikten

Eine Mitarbeiterin in der Behindertenhilfe steht im Verdacht, vier Tötungsdelikte begangen zu haben. Arbeitgeberin ist eine Einrichtung, die Teilhabeleistungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Behinderungen anbietet. Diese hat das Arbeitsverhältnis der Mitarbeiterin fristlos gekündigt.

Kündigungsschutzverfahren wegen laufenden Strafverfahrens ausgesetzt

Gegen diese Kündigung wendet sich die Mitarbeiterin mit ihrer beim Arbeitsgericht Potsdam anhängigen Kündigungsschutzklage. Das ArbG hat das Kündigungsschutzverfahren im Hinblick auf das laufende Strafverfahren und eine in im Strafverfahren veranlasste Begutachtung der Mitarbeiterin zur Feststellung der Schuldfähigkeit ausgesetzt. Gegen diese Entscheidung hat die Arbeitgeberin das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde beim LAG Berlin-Brandenburg eingelegt.

Frage der Schuldfähigkeit für personenbedingte Kündigung irrelevant

Das LAG hat den Beschluss zur Aussetzung des Verfahrens aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, ein Aussetzungsgrund sei nur gegeben, wenn die strafrechtlichen Ermittlungen maßgeblich für die Entscheidung des ArbG seien. Dies könne hier für die Frage der Schuldfähigkeit der Mitarbeiterin nicht festgestellt werden. Jedenfalls für die hier neben einer verhaltensbedingten Kündigung zusätzlich ausgesprochene personenbedingte Kündigung komme es nicht auf die Schuldfähigkeit an.

Tötungsdelikt macht weitere Zusammenarbeit unzumutbar

Bei einem Tötungsdelikt wie dem hier vorgeworfenen fehle der Mitarbeiterin im Sinne eines personenbedingten Kündigungsgrundes die Eignung für die Tätigkeit auch bei fehlender Schuldfähigkeit. Auch in diesem Fall sei eine weitere Zusammenarbeit mit der Mitarbeiterin weder der Arbeitgeberin noch den weiteren Beschäftigten zumutbar. Dass die Vorwürfe auch Gegenstand eines Strafverfahrens sind, rechtfertige die Aussetzung nicht. Für die Entscheidung des ArbG komme es nicht auf das strafrechtliche Urteil, sondern den Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten und einen damit gegebenenfalls verbundenen Vertrauensbruch an. Das LAG hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.

LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.10.2021 - 11 Ta 1120/2

Redaktion beck-aktuell, 21. Oktober 2021.