Nach brisantem EZB-Urteil: Brüssel stellt Verfahren gegen Deutschland ein

Die EU-Kommission hat das gegen Deutschland eingeleitete Verfahren wegen eines umstrittenen Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Europäischen Zentralbank (EZB) eingestellt. Die Bundesrepublik habe förmlich erklärt, den Vorrang und die Autonomie des Unionsrechts anzuerkennen, erklärte die für die Überwachung der Einhaltung von EU-Recht zuständige Behörde am Donnerstag. Dies gelte insbesondere auch für den Bereich der Rechtsstaatlichkeit.

Auch Anerkennung der Autorität des EuGH zugesagt

Zudem habe Deutschland zugesagt, die Autorität des Europäischen Gerichtshofs anzuerkennen, dessen Urteile endgültig und verbindlich seien, schrieb die Kommission. Auch habe sich die deutsche Regierung verpflichtet, alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um weitere "Ultra-vires"-Entscheidungen des BVerfG zu vermeiden. Im Rahmen der Ultra-vires-Kontrolle kann Karlsruhe prüfen, ob EU-Maßnahmen mit den Kompetenzen vereinbar sind, die der nationale Gesetzgeber an die EU übertragenen hat.

BVerfG setzte sich über EuGH-Urteil hinweg

Ein entsprechendes Urteil des BVerfG (NJW 2020, 1647) hatte im vergangenen Jahr großen Wirbel ausgelöst. Die Karlsruher Richter beanstandeten damals milliardenschwere Anleihekäufe im Rahmen des 2015 gestarteten Programms PSPP der Europäischen Zentralbank –obwohl der EuGH diese vorher gebilligt hatte. Damit setzten sie sich über ein EuGH-Urteil hinweg, obwohl Entscheidungen des obersten EU-Gerichts eigentlich für alle Mitgliedsstaaten verbindlich sein sollten.

BVerfG sah EU-Mandat in der Geldpolitik überspannt

Die Europäische Kommission leitete wegen des Urteils dann im Juni dieses Jahres ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Es hätte ohne die Zusicherungen der Bundesregierung in einer Klage vor dem EuGH enden können. In dem EZB-Urteil aus dem Jahr 2020 hatten die Verfassungsrichter argumentiert, die Notenbank habe mit dem 2015 gestarteten Programm ihr Mandat für die Geldpolitik überspannt. Bundesregierung und Bundestag sollten darauf hinwirken, dass Europas Währungshüter nachträglich prüfen, ob die Käufe verhältnismäßig sind.

Redaktion beck-aktuell, 2. Dezember 2021 (dpa).