Schneeballsysteme: Keine Besteuerung von Scheinrenditen bei vom Betrüger einbehaltener Kapitalertragsteuer
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Bei Kapitaleinkünften aus einem betrügerischen Schneeballsystem ist die Einkommensteuer gemäß § 43 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG abgegolten, wenn der Anleger davon ausgehen konnte, dass die Scheinrenditen dem Steuerabzug unterlegen haben. Dies hat der Bundesfinanzhof entschieden.

Besteuerung von Kapitaleinkünften aus vorgetäuschten Gewinnen aus Schneeballsystemen

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH unterliegen auch Kapitaleinkünfte aus vorgetäuschten Gewinnen im Rahmen eines Schneeballsystems der Besteuerung, wenn der Anleger über diese, beispielsweise durch eine Wiederanlage (Novation), verfügen kann und der Schuldner der Kapitalerträge zu diesem Zeitpunkt leistungsbereit und leistungsfähig ist. Dies gilt auch dann, wenn das Schneeballsystem zu einem späteren Zeitpunkt zusammenbricht und der Anleger sein Geld verliert. 

Bei aus Sicht des Anlegers abgeführter Kapitalertragsteuer tritt Abgeltungswirkung ein ...

Nach Auffassung des BFH ist jedoch nicht nur bei der Besteuerung der Scheinrenditen auf die subjektive Sicht des Anlegers abzustellen, sondern auch bei der Frage, ob die Abgeltungswirkung für die von dem Betreiber des Schneeballsystems einbehaltene Kapitalertragsteuer (§ 43 Abs. 5 Satz 1 EStG) eintritt. Habe der Anleger davon ausgehen können, dass die Scheinrenditen dem Steuerabzug unterlegen haben, sei die Einkommensteuer danach abgegolten.

... auch wenn die Kapitalertragsteuer nicht abgeführt wurde

Dies gilt dem BFH zufolge auch dann, wenn die Kapitalertragsteuer von dem Betrüger nicht beim Finanzamt angemeldet und abgeführt worden sei und dieser keine Genehmigung nach § 32 Kreditwesengesetz gehabt habe. Die Scheinrenditen seien dem Anleger in diesem Fall allerdings in voller Höhe, also auch unter Berücksichtigung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer zugeflossen, da der Einbehalt für Rechnung des Steuerpflichtigen als Gläubiger der Kapitalerträge erfolgt sei.

BFH, Urteil vom 29.09.2020 - VIII R 17/17

Redaktion beck-aktuell, 14. Mai 2021.