Erwerber insolventen Betriebs haftet für Betriebsrenten nur zeitanteilig
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Der Erwerber eines Betriebs in der Insolvenz haftet für Ansprüche der übergegangenen Arbeitnehmer auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nur zeitanteilig für die Dauer der Betriebszugehörigkeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Für Leistungen bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens haftet er laut Bundesarbeitsgericht auch dann nicht, wenn für diesen Teil der Betriebsrente nach dem BetrAVG der Pensions-Sicherungs-Verein nicht vollständig eintritt.

Betriebsrente vor Insolvenz zugesagt

Den beiden Klägern sind Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt worden. Nach der Versorgungsordnung berechnet sich ihre Betriebsrente nach der Anzahl der Dienstjahre und dem - zu einem bestimmten Stichtag vor dem Ausscheiden - erzielten Gehalt. Über das Vermögen ihrer Arbeitgeberin wurde im März 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Im April 2009 ging der Betrieb nach § 613a Abs. 1 BGB auf die Beklagte über.

Klagen gegen Betriebsübernehmer im Streit um Betriebsrenten

Einer der Kläger erhält seit August 2015 von der Beklagten eine Betriebsrente in Höhe von 145 Euro und vom Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) -dem gesetzlich bestimmten Träger der Insolvenzsicherung - eine Altersrente von rund 817 Euro. Bei der Berechnung legte die Beklagte zwar die Versorgungsordnung einschließlich des zum maßgeblichen Stichtag vor dem Versorgungsfall bezogenen höheren Gehalts zugrunde, ließ aber den Anteil an der Betriebsrente, der vor der Insolvenz erdient war, außer Betracht. Der PSV setzte dagegen - wie im Betriebsrentengesetz (BetrAVG) vorgesehen - das zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens maßgebliche niedrigere Gehalt des Klägers an. Der Kläger hält die Beklagte für verpflichtet, ihm eine höhere Betriebsrente zu gewähren. Diese müsse sich nach den Bestimmungen der Versorgungsordnung auf der Basis des höheren Gehalts unter bloßem Abzug des Betrags errechnen, den er vom PSV erhalte. Der andere Kläger verfügte bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht über eine gesetzlich unverfallbare Anwartschaft. Daher steht ihm bei Eintritt eines Versorgungsfalls nach dem Betriebsrentengesetz kein Anspruch gegen den PSV zu. Er hält die Beklagte für verpflichtet, ihm künftig eine Betriebsrente in voller Höhe zu gewähren.

BAG verneint Haftung des Betriebserwerbers für Betriebsrenten

Die Klagen blieben in allen Instanzen erfolglos. Nach der - im Hinblick auf die besonderen Verteilungsgrundsätze des Insolvenzrechts einschränkenden - Auslegung des § 613a Abs. 1 BGB durch die deutschen Arbeitsgerichte könnten die Kläger mit ihren Klagebegehren nicht durchdringen, so das BAG. Danach hafte ein Betriebserwerber in der Insolvenz nicht für Betriebsrentenanwartschaften, die im Sinne von § 108 Abs. 3 InsO für die Zeit vor Insolvenzeröffnung entstanden sind.

Unionsrechtlich gebotener Mindestschutz gewährleistet

Diese Rechtsprechung sei mit Unionsrecht vereinbar, so das BAG mit Hinweis auf Entscheidungen des EuGH. Sie rechtfertige sich nach der allgemeinen Regelung des Art. 3 Abs. 4 Richtlinie 2001/23/EG, der auch neben den nur in der Insolvenz geltenden Bestimmungen in deren Art. 5 Richtlinie 2001/23/EG anwendbar bleibe. Voraussetzung sei, so das BAG, dass ein Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG entsprechender Mindestschutz gewährt werde. Dieser unionsrechtlich gebotene Mindestschutz werde in Deutschland durch einen unmittelbar aus dem Unionsrecht folgenden und gegen den PSV gerichteten Anspruch gewährleistet. Eine Haftung des Erwerbers scheide deshalb aus.

BAG, Urteil vom 26.01.2021 - 3 AZR 139/17

Redaktion beck-aktuell, 27. Januar 2021.