BAG: Kein Anspruch auf Ermöglichung der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt

BGB §§ 241 II, 242, 313; BRAO § 46a

Ein im Unternehmen tätiger Jurist hat keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ihn vertraglich fachlich weisungsfrei stellt und/oder ihm durch Unterzeichnung einer entsprechend formulierten Tätigkeitsbeschreibung die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt gemäß § 46 ff. BRAO ermöglicht.

BAG, Urteil vom 24.10.2018 - 10 AZR 69/18 (LAG Hamburg), BeckRS 2018, 32259

Anmerkung von
RA Prof. Dr. Martin Diller, Gleiss Lutz, Berlin, Stuttgart

Aus beck-fachdienst Arbeitsrecht 03/2019 vom 24.01.2019

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Sachverhalt

Der Kläger ist seit 2001 als Rechtsschutzsekretär bei der beklagten DGB Rechtsschutz GmbH beschäftigt. Seit 1997 war er als Rechtsanwalt im Nebenberuf zugelassen und gemäß der früheren Rechtsprechung des BSG und der Praxis der DRV wegen der Mitgliedschaft im berufsständischen Anwaltsversorgungswerk von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Nach der Änderung der Rechtsprechung des BSG im Jahr 2014, wonach die Anwaltszulassung im Nebenberuf keine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung für den Hauptberuf ermöglicht, versicherte die Arbeitgeberin den Kläger gesetzlich bei der DRV Bund. Nach Schaffung der geänderten §§ 46 ff. BRAO, die erstmals die Zulassung als „Syndikusrechtsanwalt“ bei gleichzeitiger Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ermöglichten, begehrte der Kläger von der Arbeitgeberin die Mitwirkung an der Schaffung der Zulassungsvoraussetzungen gem. §§ 46 ff. BRAO. Insbesondere begehrte der Kläger einen Vertragsnachtrag, in dem ihm ausdrücklich fachliche Weisungsfreiheit zugesichert werden sollte, sowie die Unterzeichnung einer ausführlichen Tätigkeitsbeschreibung. Die Arbeitgeberin hatte jedoch beschlossen, ihren angestellten Juristen die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nicht zu ermöglichen, u.a. weil sie zusätzliche technisch/organisatorische Belastungen vermeiden wollte, u.a. im Hinblick auf das beA.

Entscheidung: Interessenabwägung fällt zugunsten des Arbeitgebers aus

Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos. Zwar folge aus der Rücksichtnahmepflicht des § 241 II BGB ggfs. ein Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Unterstützung. Dies könne jedoch nicht gelten, wenn dem Interesse des Arbeitnehmers gleichrangige Interessen des Arbeitgebers entgegenstünden. Die vom Arbeitgeber befürchteten zusätzlichen technisch/organisatorischen Belastungen, die mit einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt verbunden sein (könnten), stünden dem Begehren des Klägers entgegen.

Der begehrte Vertragsnachtrag, in dem fachliche Weisungsfreiheit zugesichert werden sollte, könne auch nicht mit der Begründung verlangt werden, dass der Kläger tatsächlich in der Vergangenheit keinen fachlichen Weisungen unterlegen habe. Die zeitweise Nicht-Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts führe nicht zu einem Verlust dieses Rechts, wenn nicht ausnahmsweise Verwirkung eingetreten sei. Dafür seien aber keine Anhaltspunkte ersichtlich. Es sei auch kein Grund ersichtlich, warum der beklagte Arbeitgeber auf Dauer auf sein fachliches Weisungsrecht verzichten solle. Den Anspruch auf Ausstellung oder jedenfalls Unterzeichnung der erstrebten Tätigkeitsbeschreibung lehnte das BAG schon deshalb ab, weil dort die fachlich weisungsfreie Art der Tätigkeit bestätigt werden sollte, auf die der Kläger jedoch wie dargelegt gerade keinen Anspruch habe.

Der Kläger könne seine Ansprüche auch nicht aus § 313 BGB herleiten. Die Möglichkeit der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung sei nicht Geschäftsgrundlage des Anstellungsverhältnisses gewesen.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BAG beendet eine seit der Neuregelung des Syndikusrechts geführte heftige Diskussion. Zum einen stellt das BAG fest, dass – von Ausnahmefällen abgesehen – kein Anspruch des Arbeitnehmers darauf besteht, dass der Arbeitgeber ihm – durch welche Maßnahmen auch immer – die Zulassung als Syndikusrechts-anwalt i.S.d. § 46 ff. BRAO ermöglicht.

Zugleich ist damit die im berufsrechtlichen Schrifttum diskutierte Frage erledigt, ob ein Unternehmensjurist, der tatsächlich die Anforderungen der §§ 46 ff. BRAO erfüllt, sich zwingend als Syndikusrechtsanwalt zulassen muss, oder ob dies für ihn nur eine freiwillige Option ist. Denn wenn der Arbeitgeber die erforderlichen Mitwirkungshandlungen nicht vornehmen muss, kann es auch keine berufsrechtliche Pflicht zur Zulassung geben.

Allerdings bezieht sich das Urteil des BAG nur auf Altfälle. Unternehmensjuristen, die nach Inkrafttreten der §§ 46 ff. BRAO ausdrücklich als „Syndikusrechtsanwälte“ eingestellt wurden, werden schon wegen der gewählten Positionsbezeichnung regelmäßig einen Anspruch gegen den Arbeitgeber haben, dass dieser die für eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erforderlichen Handlungen vornimmt.

Redaktion beck-aktuell, 24. Januar 2019.