Beim Wachstumschancengesetz bleibt es weiter spannend. Es kommt zum Showdown am 22. März, wenn im Bundesrat erneut über das umstrittene Gesetz abgestimmt wird. Das Kalkül von SPD, Grünen und FDP dabei ist: Der Druck aus der Wirtschaft auf die Union wird immens sein, doch zuzustimmen. Die Wirtschaft mahnt schließlich schon länger, dass das Gesetz endlich kommen müsse.
Das Gesetz, um das Ampel und Union schon seit Monaten ringen, sieht eine Reihe von steuerlichen Erleichterungen für Firmen und eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren vor. Unter anderem sollen bessere steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten den kriselnden Wohnungsbau ankurbeln. Zur Förderung von Investitionen soll eine sogenannte degressive Abschreibung eingeführt werden. Für kleine und mittlere Unternehmen soll die Sonderabschreibung substanziell verbessert werden. Forschung und Entwicklung von Unternehmen soll ebenfalls stärker steuerlich gefördert werden.
Der Bundesrat hatte das Wachstumspaket mit dem Argument blockiert, Länder und Kommunen müssten einen Großteil der Kosten und Steuerausfälle schultern. In ersten Gesprächen strichen die Verhandlungspartner das Volumen der Entlastungen daraufhin bereits von einst geplanten sieben Milliarden Euro jährlich auf 3,2 Milliarden Euro zusammen. Übrig blieb im Grunde nur eine Light-Variante der ursprünglichen Pläne. Auch eine Prämie für Investitionen in den Klimaschutz wurde bereits gekippt, die ursprünglich als Kern des Gesetzes galt.
SPD-geführte Länder zeigten sich mit der abgespeckten Lösung zufrieden. Die unionsgeführten Länder wollten aber auch der Light-Variante nur zustimmen, wenn die Ampel auf die vom Bundestag beschlossene Streichung der Steuervergünstigung beim Agrardiesel für Bauern verzichtet. Während Koalitionspolitiker kritisierten, die beiden Themen hätten nichts miteinander zu tun, und eine Aufgabe der Blockade forderten, argumentierten Unionspolitiker, beide Male gehe es um Lasten für die Wirtschaft.
Mittelstand: Blockade der Union "verheerendes Signal"
Finanzminister Christian Lindner (FDP) warf der Union nach der Sitzung vor, sich den Rufen der deutschen Wirtschaft nach einer Entlastung und Wachstumsimpulsen zu verweigern. Der Fraktionsvize der Grünen, Andreas Audretsch, sagte, die Union habe die Wirtschaft "wegen taktischer Spielchen zur eigenen Profilierung im Regen stehen lassen". "Ich glaube, auch die deutsche Wirtschaft wird dafür keinerlei Verständnis haben", sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr.
Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig erklärte nach Ende der Beratungen in Berlin, die Ampel-Regierung habe zugesagt, mit der Landwirtschaft weitere Gespräche über Entlastungen zu führen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, es sei eine Chance vertan worden. Es könne nicht ein Teil der Wirtschaft, nämlich die Landwirtschaft, belastet werden. Die Möglichkeit, eine Brücke zu bauen, sei vertan worden. Er habe kein Vertrauen, dass die Ampel bis zum 22. März substanzielle Entlastungen für die Landwirtschaft vorlege.
Aus dem Mittelstand kommt scharfe Kritik an der Union wegen des Agierens beim Wachstumspaket. Die fortwährende Blockade durch das Oppositionslager sende ein "verheerendes Signal", erklärte der Mittelstandsverbund am Donnerstag. Wichtige steuerliche Entlastungen für die Unternehmen, die gerade jetzt dringend nötig wären, stünden gänzlich auf der Kippe. Der Mittelstand dürfe von der Politik nicht in Geiselhaft genommen werden.
Einigung bei Transparenzregister für Kliniken
Bei zwei anderen Gesetzen kam der Vermittlungsausschuss dagegen zu Lösungen. So gab es eine Verständigung beim Krankenhaustransparenzgesetz (BT-Drs. 20/8408 und 20/8904). Die Länderkammer hatte das vom Bundestag im Oktober verabschiedete Gesetz zunächst gestoppt. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte, nun stehe einer Beschlussfassung im Bundesrat nichts mehr im Wege. Mehrere Länder hatten unter anderem Eingriffe in ihre Hoheit für die Krankenhausplanung moniert und zusätzliche Finanzhilfen des Bundes gefordert.
Ein Online-Atlas soll künftig über Leistungsangebot und Behandlungsqualität von bundesweit 1.700 Klinikstandorten informieren. In dem Portal sollen auch Daten zur Behandlungserfahrung, zum Personalschlüssel bei Ärztinnen, Ärzten und Pflegekräften sowie zu Komplikationsraten ausgewählter Eingriffe abrufbar sein. So sollen Patientinnen und Patienten selbstbestimmt entscheiden können, welches Krankenhaus für sie am besten geeignet ist. Der Start ist weiter zum 1. Mai geplant.
Das Gesetz sieht auch Regelungen zu zusätzlicher Liquidität in Milliardenhöhe für die Klinken in diesem Jahr vor. Damit könne eine Insolvenzwelle abgewendet werden, sagte Lauterbach. Das Gesetz soll eine große Reform mit Neuregelungen zur Vergütung der Krankenhäuser begleiten, über die Bund und Länder seit Monaten verhandeln. Für die geplante große Reform der Krankenhäuser stellte Lauterbach einen "Transformationsfonds" in Aussicht, für den 50 Milliarden Euro von 2025 an für zehn Jahre geplant seien. Die Summe sollten sich Bund und Länder hälftig teilen, sagte Lauterbach.
Mit der großen Reform soll das Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle geändert werden, um Kliniken von finanziellem Druck zu immer mehr Fällen zu lösen. Künftig sollen sie 60% der Vergütung allein schon für das Vorhalten von Leistungsangeboten bekommen. Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen zudem genauer definierte Leistungsgruppen sein. Sie sollen auch einheitliche Qualitätsvorgaben absichern. Lauterbach sagte, es bleibe bei dem Plan, den Gesetzentwurf dazu Ende April ins Bundeskabinett zu bringen.
Einigung auf "Fondslösung" statt Kfz-Versicherungspflicht für fahrbare Arbeitsmaschinen
Bund und Länder haben sich außerdem darauf geeinigt, die von der Bundesregierung ursprünglich geplante Kfz-Versicherungspflicht für Aufsitzrasenmäher, Stapler und andere zulassungsfreie fahrbare Arbeitsmaschinen nun doch nicht einzuführen. Stattdessen soll die Verkehrsopferhilfe für etwaige Schäden aufkommen, die bei Gebrauch dieser Fahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von 20 Kilometern pro Stunde entstehen. Diese Ausnahmemöglichkeit erlaubt die EU-Richtlinie, die mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung in nationales Recht umgesetzt werden soll, ausdrücklich.
Die Regierung hatte aber keine "Fondslösung" gewollt, weil dies zu Lasten aller Beitragszahler der Kfz-Haftpflichtversicherung gehen würde, also auch derer, die solche Maschinen nicht besitzen. Der Bundesrat vertrat hingegen die Ansicht, dass damit "insbesondere für landwirtschaftliche Betriebe Vertragsänderungen, Arbeitsaufwand und Kosten vermieden werden". Er hatte das Vorhaben daher zunächst gestoppt.