Es ist die nächste Eskalationsstufe in dem Angriff des US-Präsidenten auf das amerikanische Rechtssystem. In den vergangenen Wochen hatte Donald Trump nicht nur die Absetzung unliebsamer Richter gefordert, sondern auch zahlreichen Kanzleien die Sicherheitsfreigabe entzogen und die Diversitätsprogramme von Kanzleien als Diskriminierung bezeichnet.
Nun geht der Präsident noch einen Schritt weiter: In einem Memorandum weist er Justizministerin Pam Bondi und Heimatschutzministerin Kristi Noem an, gezielt gegen Anwälte und Kanzleien vorzugehen, die "leichtfertige, unangemessene und schikanöse Gerichtsverfahren gegen die Vereinigten Staaten" führten.
Trump beruft sich auf Prozessordnungen
"Anwälte und Anwaltskanzleien, die gegen die Gesetze der Vereinigten Staaten oder die Verhaltensregeln für Anwälte verstoßen, müssen effizient und effektiv zur Rechenschaft gezogen werden", heißt es in dem präsidialen Schreiben. Darin wird Anwältinnen und Anwälten vorgeworfen, mit ihren Klagen gegen die Regelungen der amerikanischen Prozessordnungen zu verstoßen.
So schreibe die Zivilprozessordnung etwa vor, dass anwaltlichen Anträgen ein rechtliches Argument zugrunde liegen müsse. Sie dürften nicht "schikanieren, unnötige Verzögerungen verursachen oder die Prozesskosten unnötig erhöhen". Darauf gestützt weist der Präsident Bondi an, Anwältinnen und Anwälte in der Ausübung ihrer Tätigkeit stärker zu überprüfen und Sanktionen gegen sie zu verhängen.
Das Ziel solcher Sanktionen sollen dabei vor allem Kanzleien sein, die Mandantinnen und Mandanten gegen die Bundesregierung oder die Verwaltung vertreten. "Leider haben viel zu viele Rechtsanwälte und Kanzleien diese Vorgaben lange ignoriert, wenn sie gegen die Bundesregierung prozessieren oder haltlose parteipolitische Angriffe verfolgen", heißt es in dem Schreiben. Damit bedient Trump auch wieder das Narrativ eines unglaubwürdigen, weil politisch unterwanderten Rechtssystems.
Staatsanwaltschaft soll Kanzleien denunzieren
Mit Sanktionen allein ist es aber noch nicht getan. Laut dem Memorandum solle die Staatsanwaltschaft nicht nur Anwältinnen und Anwälte im Verfahren bestrafen, sondern deren Kanzleien danach auch an den Präsidenten bzw. seinen Stab melden. In Absprache mit den zuständigen Stellen solle dann über weitere Maßnahmen nachgedacht werden, "einschließlich der Neubewertung von Sicherheitsfreigaben des Anwalts oder der Kündigung eines Bundesvertrags, für den der zuständige Anwalt oder die Anwaltskanzlei mit der Erbringung von Dienstleistungen beauftragt wurde."
Das Ganze gilt dabei nicht nur für laufende oder zukünftige Klagen gegen die Regierung. Vielmehr solle die Generalstaatsanwaltschaft alle Verfahren der vergangenen acht Jahre überprüfen. Sollte dabei ein "Fehlverhalten" zutage treten, zum Beispiel "die Einreichung leichtfertiger Rechtsstreitigkeiten oder die Beteiligung an betrügerischen Praktiken", so solle ebenfalls von Verträgen mit der betreffenden Kanzlei Abstand genommen werden.
Migrationsrechtler im Visier: Partner haften für ihre Associates
Eine Gruppe von Anwältinnen und Anwälten steht dabei laut Memorandum schon per se im Verdacht, "grob unethisches Verhalten" an den Tag zu legen: Migrationsrechtlerinnen und Migrationsrechtler. Insbesondere "mächtigen Pro-Bono-Praxen von Big Law" wird in dem Memorandum nachgesagt, systematisch ihre Mandanten zum Lügen aufzufordern sowie die Einwanderungsbehörden und Gerichte zu täuschen.
"Das Einwanderungssystem – in dem zügelloser Betrug und unbegründete Behauptungen die verfassungsmäßigen und rechtmäßigen Grundlagen verdrängt haben – ist ebenfalls voll von Beispielen für skrupelloses Verhalten von Anwälten und Anwaltskanzleien." So steht es in dem Dokument des Präsidenten. Deshalb solle Bondi der Durchsetzung ordnungsgemäßen Anwaltsverhaltens Priorität einräumen.
Dazu gehört es nach dem Memorandum auch, disziplinarische Maßnahmen gegen Anwältinnen und Anwälte zu verhängen, die "ethisches Fehlverhalten" an den Tag legten. Insbesondere, so heißt es in dem Papier, werde solches Fehlverhalten, das von Associates begangen würde, konsequent der Kanzlei oder ihren Partnern zugerechnet.
Ob das Memorandum tatsächlich zu mehr Sanktionen führen wird, ist unklar. Jedoch reiht sich die Maßnahme in eine Reihe von Einschüchterungsversuchen ein, die Donald Trump in den vergangenen Wochen gegen US-Kanzleien gestartet hat. Seine Wut ausgerechnet auf Migrationsrechtlerinnen und Migrationsrechtler dürfte auch in den zahlreichen Klagen begründet sein, die aktuell gegen die Abschiebe-Agenda der Trump-Regierung laufen.