Liebich-Grüße aus Moskau? Rechtsextremistin entzieht sich Haftantritt

Die Rechtsextremistin Marla Svenja Liebich hat ihre Gefängnisstrafe in der JVA Chemnitz nicht angetreten. Wo sie jetzt ist, bleibt zunächst unklar. Ein Post bei X weist nach Russland.

Polizei und Staatsanwaltschaft fahnden weiter nach der verurteilten Rechtsextremistin Marla Svenja Liebich, die ihre Haft in der JVA Chemnitz nicht angetreten hat. Derzeit gebe es einen Vollstreckungshaftbefehl, der für das Bundesgebiet gelte, teilte die Staatsanwaltschaft Halle auf Anfrage mit.

Auf der Plattform X wurde über einen Account unter Liebichs Namen unter anderem ein Beitrag verbreitet, in dem es heißt, Liebich halte sich in Russland auf. Laut Staatsanwaltschaft handelt es sich dabei um reine Spekulation. Genaue Angaben zur Fahndung könnten aus ermittlungstaktischen Gründen nicht gemacht werden.

Weil die Staatsanwaltschaft schon im Vorfeld daran gezweifelt habe, dass Liebich die Haft antreten wird, sei ein sogenannter bedingter Vollstreckungshaftbefehl erlassen worden. Dieser erlaube es, schon vor Ladungsende "aufklärend tätig zu werden", erklärte Oberstaatsanwalt Dennis Cernota. "Wir haben erkannt, dass es zweifelhaft ist, dass Liebich sich stellen wird", sagte Cernota der Deutschen Presse-Agentur. Deshalb seien schon vor Ende der Frist zum Haftantritt "operative Maßnahmen" eingeleitet worden - jedoch ohne Erfolg.

Derweil sammelt die Polizei Hinweise zu Liebichs Aufenthaltsort. "Wir schauen uns beispielsweise die Social-Media-Kanäle an", sagte ein Sprecher der Polizeiinspektion in Halle. Auch Hinweise aus der Bevölkerung würden in die Suche nach der flüchtigen Rechtsextremistin einbezogen. Nachdem der Haftbefehl erlassen wurde, sei an allen von Liebich bekannten Adressen überprüft worden, "ob man Liebich dort habhaft werden kann", sagte der Sprecher. Sollten Bürgerinnen und Bürger Liebich sehen, könnten sie sich an jede Polizeistelle in Deutschland wenden. Würde die verurteilte Rechtsextremistin von Beamten angetroffen, werde sie festgenommen.

Verurteilung unter anderem wegen Volksverhetzung

Liebich war im Juli 2023 – damals noch als Sven Liebich – vom AG Halle wegen Volksverhetzung, übler Nachrede und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. Die Berufung dagegen scheiterte, ebenso wie später die Revision. Die Rechtsextremistin sollte ihre Haft nun im Frauengefängnis in Chemnitz antreten.

Der Fall Liebich hatte die Debatte über das neue Selbstbestimmungsgesetz zuletzt wieder angefacht. Mit dem im November 2024 in Kraft getretenen Gesetz, das das frühere Transsexuellengesetz ablöste, wurden Änderungen des Geschlechtseintrags und des Vornamens deutlich erleichtert.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt warf Liebich einen Missbrauch der neuen Regelungen vor und forderte Änderungen am Gesetz. "Der Fall Liebich zeigt, wie simpel das Selbstbestimmungsgesetz missbraucht werden kann, um Öffentlichkeit, Justiz und Politik auf der Nase rumzutanzen", sagte der CSU-Politiker der Bild am Sonntag. Eine Debatte sei nötig, "wie dem offensichtlichen Missbrauch des Geschlechterwechsels ein Riegel vorgeschoben werden kann".

Kritik am Vorgehen der Justiz

Der Fall wirft inzwischen auch in der Landespolitik von Sachsen-Anhalt Fragen auf. Die Landtagsabgeordnete Henriette Quade (fraktionslos), die Mitglied im Innenausschuss ist, kritisierte das Vorgehen der Justiz. "Diverse Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden beschäftigen sich seit Jahren mit Liebich und ließen sich dabei immer wieder auch an der Nase herumführen." Es sei schlicht nicht nachvollziehbar, wie all diese Behörden nicht hätten erkennen können, dass sich Liebich der Haft entziehen würde.

Liebich ist seit Jahrzehnten in der extremen Rechten in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus aktiv. 2002 wurde Liebich erstmals in einem Bericht des Verfassungsschutzes des Landes Sachsen-Anhalt namentlich geführt. "Das Justizministerium muss nun dem Landtag wie auch der Öffentlichkeit erklären, wie sich eine Person aus der Neonaziszene, die im Mittelpunkt einer öffentlichen Kontroverse steht, einfach so der Haft entziehen kann", sagte Quade.

Cernota erklärte auf Anfrage, sollte Liebich gefunden werden, könne sie auf Grundlage des Haftbefehls von der Polizei festgenommen und in die JVA gebracht werden. Dass Liebich ihre Haft nicht pünktlich angetreten hat, führe in der Regel auch dazu, dass ihr das Absitzen der Freiheitsstrafe nicht erleichtert wird – etwa durch eine Unterbringung im offenen Vollzug.

Redaktion beck-aktuell, bw, 1. September 2025 (dpa).

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