Wer als Anwalt oder Anwältin in Zivilsachen vor dem BGH vertreten möchte, braucht dafür eine gesonderte Zulassung. 32 Anwältinnen und Anwälte hatten sich laut dem Branchenmagazin Juve beworben, der BGH hatte sich sieben neue Anwältinnen und Anwälte gewünscht. Nun sind es elf geworden.
Damit ergänzt eine bunte Mischung die aktuellen BGH-Anwältinnen und Anwälte: von der Kartellrechtlerin Dr. Ines Bodenstein, über den Anwalt für Transport- und Speditionsrecht Prof. Dr. Patrick Schmidt bis zu dem auf Unternehmenskäufe spezialisierten Dr. Truls Hebrant. Weitere Namen auf der Liste sind Dr. Jochen Höger, Dr. Christoph Hugemann, Dr. Maximilian Konrad, Dr. Maximilian Menn, Dr. Julia Nobbe, Arne Quast, Dr. Matthias Schröder und Dr. Sophie Charlotte Thürk.
Über den Antrag auf Zulassung als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt beim BGH entscheidet das Bundesjustizministerium auf Anregung der BGH-Präsidentin. Bei bei der Zahl der Neuernennungen ist das Ministerium frei. Außerdem ist nicht festgelegt, in welchem Turnus die Wahlen stattfinden sollen. Im vergangenen Jahr hatte BGH-Präsidentin Bettina Limperg Bedarf an neuen BGH-Anwälten und -Anwältinnen festgestellt und eine Wahl in die Wege geleitet. Es war die erste seit 2013.
Wahlprozedere seit Jahren umstritten
Zugelassen werden kann dabei nur, wer zuvor durch einen entsprechenden Wahlausschuss benannt wurde. Dieses Verfahren ist höchst umstritten. Denn wessen Name auf der Vorschlagsliste landet, die dem Ministerium vorgelegt wird, entscheiden im Wesentlichen die BGH-Richterinnen und Richter selbst. Der Wahlausschuss besteht aus der Präsidentin und den Senatspräsidentinnen und -präsidenten der Zivilsenate des BGH sowie den Mitgliedern des Präsidiums der Bundesrechtsanwaltskammer und des Präsidiums der Rechtsanwaltskammer beim BGH.
Auch die Feinheiten des Auswahlverfahrens bei diesem Wahlausschuss für Rechtsanwälte beim BGH (§§ 164, 165 BRAO) sorgen in der Branche immer wieder für Diskussionen. Sie gelten als intransparent und sind gesetzlich kaum geregelt. Die Sitzungen des Wahlausschusses sind nicht öffentlich und werden von Eingeweihten hinter vorgehaltener Hand gern mit Staatsexamina oder gar mit Inquisitionen verglichen.
Erste Konkurrentenklage eingereicht
Auch führt das intransparente Auswahlverfahren immer wieder zu Konkurrenzklagen. So bestätigte etwa der Berufs- und Insolvenzrechtler Volker Römermann auf Anfrage, dass seine Bewerbung nicht berücksichtigt wurde - es ist bereits sein zweiter Versuch. Wie schon vor zwölf Jahren hat er nun erneut eine Konkurrentenklage eingereicht. Römermann fühlt sich durch eine Entscheidung des EGMR darin bestätigt, dafür nicht auf den üblichen Rechtsweg zum BGH zu setzen – stattdessen baut er auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Klage ist noch anhängig.
Aber nicht nur das Verfahren steht in der Kritik, auch die Existenz der BGH-Anwaltschaft an sich sorgt für Debatten. Einer gesonderten Zulassung bedarf es inzwischen nur noch beim BGH und ausschließlich in Zivilsachen. Die Gegnerinnen und Gegner dieser sogenannten Singularzulassung kritisieren die mangelnde Spezialisierung der BGH-Anwälte auf einzelne Fachgebiete sowie den hohen Eingriff in die Berufsfreiheit, den die Zugangsbeschränkung darstellt. Es sei Mandantinnen und Mandanten schwer zu vermitteln, dass sie sich für die Revisionsinstanz einen ganz neuen Rechtsbeistand suchen müssen, so die Kritiker.
Zuletzt hatte die Rechtsanwaltskammer Berlin versucht, die Abschaffung der Singularzulassung in die Wege zu leiten. Mit einem Antrag bei der BRAK-Hauptversammlung hatte sie durchbringen wollen, dass die Singularzulassung durch eine Art Fachanwalt für Revisionsrecht ersetzt wird. Dafür hatte sich scheinbar sogar eine Mehrheit ausgesprochen. Später musste die Abstimmung aber aufgrund eines Zähl-Fehlers wiederholt werden und die Idee konnte keine Mehrheit mehr holen.