Neben Niersbach und Zwanziger ist auch Horst R. Schmidt wegen Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall angeklagt. Dessen Rechtsbeistand Tilman Reichling sagte am Montag in seinem Eingangsstatement vor dem LG Frankfurt a.M., eine Steuerhinterziehung im Jahr 2006 sei ausgeschlossen.
Die Staatsanwaltschaft habe zudem den angeblich entstandenen Steuerschaden seit dem Jahr 2015 "mehr als vervierfacht, um das Verfahren aufzublähen". Damals habe die Staatsanwaltschaft den Steuerschaden noch auf 2,7 Millionen Euro beziffert. In der zur Eröffnung der Verhandlung verlesenen Anklage warf die Staatsanwaltschaft den drei Beschuldigten eine Steuerhinterziehung von 13,7 Millionen Euro im Jahr 2006 vor.
Eine im April 2005 an den Weltverband FIFA getätigte Zahlung von 6,7 Millionen Euro, mit der ein Privatdarlehen von Franz Beckenbauer bei dem französischen Unternehmer Robert Louis-Dreyfus aus dem Jahr 2002 getilgt worden war, soll in der Steuererklärung 2006 unzulässigerweise als Betriebsausgabe geltend gemacht worden sein. Dem DFB war deshalb rückwirkend für das betreffende Jahr die Gemeinnützigkeit aberkannt worden. Der Verband musste 2017 rund 22,5 Millionen Euro an Steuern nachzahlen. Eine Klage des Verbandes beim FG Kassel wurde bis zum Abschluss des Sommermärchen-Prozesses ausgesetzt.
Zwanziger von Freispruch überzeugt
Nach Ansicht von Zwanzigers Anwalt Hans-Jörg Metz ist bei den Ermittlungen der Eindruck entstanden, dass es der Staatsanwaltschaft mehr um "eine Prominenten-Verfolgung ging als um die Wahrheitsfindung. Außer Spekulationen finden wir in den Ermittlungsakten nichts. Es fehlt an den Voraussetzungen und Tätern für eine Steuerhinterziehung", sagte er.
Einem von Niersbachs Anwalt, Sven Diener, am Montag gestellten Einstellungsantrag schlossen sich Zwanziger und sein Rechtsbeistand nicht an. "Ich habe den Eindruck, dass die Vertreter der Anklage sehr wohl wissen, dass sie auf sehr dünnem Eis sind und dass es einen Freispruch geben kann und geben wird für alle drei Angeklagten", sagte Zwanziger dazu. Deshalb sei es ihm und seinem Rechtsbeistand "sehr viel sympathischer, wenn es zu der vom Gericht angekündigten Beweisaufnahme kommt", so der 78-Jährige.
Diener hatte am Montag die Einstellung des Verfahrens beantragt. Er argumentiert, wegen des Verbots der Doppelverfolgung und Doppelbestrafung liege ein Verfahrenshindernis vor. Niersbach sowie seine Mitangeklagten hatten sich wegen der 6,7 Millionen Euro bereits 2020 vor dem Schweizer Bundesstrafgericht verantworten müssen. Das Verfahren war wegen Verjährung eingestellt worden.
Niersbachs Anwältin Renate Verjans kritisierte, dass es auf Anordnung des OLG Frankfurt überhaupt zu dem Verfahren gekommen sei. Das OLG hatte im Vorjahr den 2022 getroffenen Einstellungsbeschluss des LG aufgehoben und das Verfahren wieder in Gang gesetzt. "Es macht fassungslos, dass wir mehr als acht Jahre nach Beginn der Ermittlungen hier sitzen", sagte Verjans und äußerte die Erwartung, dass Niersbach mit einem Freispruch "Gerechtigkeit widerfährt".