LG hatte hinreichenden Tatverdacht verneint
Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten Horst R. Schmidt, Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach Hinterziehung beziehungsweise Beihilfe zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für das Jahr 2006 vor. Die Angeklagten sollen bewirkt beziehungsweise daran mitgewirkt haben, dass in den genannten Steuererklärungen die Rückzahlung eines Privatdarlehens des Fußballers F. B. in Höhe von 6,7 Millionen Euro im Jahr 2005 zu Unrecht als Betriebsausgabe des DFB im Jahr 2006 ertrags- und steuermindernd verrechnet worden ist. Es sei fälschlich angegeben worden, dass es sich bei der Zahlung des Organisationskomitees WM 2006 an die FIFA um eine Beteiligung des DFB an den Kosten einer FIFA-Gala 2006 gehandelt habe. Das LG hatte die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen Gründen abgelehnt. Es fehle ein hinreichender Tatverdacht für die angeklagten Taten.
OLG: Zahlung keine Beteiligung an Kosten der FIFA-Gala
Auf die hiergegen von der Staatsanwaltschaft eingelegte sofortige Beschwerde hatte das OLG im Jahr 2019 die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Verfahren vor dem LG eröffnet. Zur Begründung hatte es ausgeführt, dass nach Würdigung des gesamten Akteninhalts ein hinreichender Tatverdacht dafür gegeben sei, dass der im Rahmen des Betriebsausgabenabzugs geltend gemachte Bestimmungsgrund der Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro vom April 2005 des Organisationskomitees WM 2006 an die FIFA falsch gewesen sei. Die Zahlung habe tatsächlich nicht die Beteiligung an den Kosten der FIFA-Gala zum Gegenstand gehabt.
Strafverfahren in Schweiz wegen Verfolgungsverjährung eingestellt
In der Schweiz hatte das dem Strafverfahren zugrunde liegende Gesamtgeschehen ebenfalls zu strafrechtlichen Ermittlungen geführt. Gegen die drei Angeklagten wurde dort wegen Betrugs beziehungsweise Gehilfenschaft zum Betrug Anklage erhoben seitens der schweizerischen Bundesanwaltschaft. Die Verfahren wurden mit Beschluss vom 20.05.2021 eingestellt, da spätestens im Jahr 2020 Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Das LG Frankfurt am Main hatte nachfolgend das hiesige Strafverfahren eingestellt. Bei den angeklagten Taten handele es sich um dieselbe Tat im Sinne des Art. 54 des Schengener Durchführungsübereinkommens, die in der Schweiz angeklagt und hinsichtlich der das dortige Verfahren wegen Verfolgungsverjährung eingestellt worden sei. Die gegen diese Einstellungsentscheidung gerichtete sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hatte Erfolg. Die Einstellungsentscheidung sei aufzuheben, beschloss das OLG nun. Es liege kein Verfahrenshindernis vor.
Verbot der Doppelbestrafung greift laut OLG nicht
Insbesondere stehe der Aburteilung der Angeklagten nicht das Verbot der Doppelbestrafung entgegen. Mit dem Verbot solle erreicht werden, dass ein Beschuldigter wegen einer bestimmten Tat im prozessualen Sinne nicht mehrfach in verschiedenen Vertragsstaaten mit einem Strafverfahren überzogen wird. Die Verfahrenseinstellung im schweizerischen Strafverfahren betreffe aber nicht dieselbe Tat in diesem Sinne (Art. 54 Schengener Durchführungsübereinkommen). Beide Anklagen knüpften zwar an einen zusammenhängenden historischen Gesamtkomplex an. Die im hiesigen Verfahren streitigen Steuerstraftaten im Jahr 2007 bauten auf der im schweizerischen Verfahren zur Last gelegten Betrugstat im April 2005 auf. Es handele sich bei wertender Gesamtbetrachtung aber gerade nicht um einen Komplex "unlösbar miteinander verbundener Tatsachen", der die Annahme derselben Tat im Sinne des Art. 54 rechtfertigen würde. Die Umstände im schweizerischen Verfahren stellten vielmehr das "Vortatgeschehen" für die hier verfahrensgegenständlichen Steuerstraftaten dar.
Unterschiedliche Vorwürfe
Die in der Schweiz angeklagte Betrugstat solle im April 2005 in Köln begangen worden sein; die hiesigen Steuerstraftaten im Jahr 2007 in Frankfurt am Main. Im schweizerischen Verfahren sei den Angeklagten zur Last gelegt worden, dass sie aus Mitteln des DFB einen Betrag von 6,7 Millionen Euro zur Befriedigung eines Darlehensrückzahlungsanspruchs gegenüber F.B. verwendet und zu diesem Zweck Mitglieder des OK-Präsidialausschusses über den Anlass der Zahlung getäuscht und die Überweisung an die FIFA zur Weiterleitung an den Darlehensgeber veranlasst haben sollen. Im hiesigen Verfahren werde den Angeklagten dagegen zur Last gelegt, die Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro unberechtigt als Betriebsausgabe in die Gewinnermittlung des DFB einbezogen zu haben. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.