Nach dem Haftantrag des IStGH-Chefanklägers Karim Ahmad Khan gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joaw Galant kündigte Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara an, „jeden Verdacht illegaler Handlungen“ selbst prüfen zu wollen. „Wir schrecken nicht davor zurück, das Gesetz gegen jede Person durchzusetzen, selbst gegen die Spitze von Militär und Staat, wenn es wohlbegründeten Verdacht auf illegale Handlungen gibt“, sagte sie am Montag der Times of Israel. „Wir brauchen keine Hilfe von außen, um den Verdacht auf kriminelle Handlungen zu klären.“
Bereits in der vergangenen Woche hatte Baharav-Miara die Haftanträge in einem Statement als haltlos bezeichnet. Khan hatte sie mit mutmaßlichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gaza-Krieg begründet. Auch für die Führungsriege der islamistischen Hamas hatte er Anträge gestellt. Über diese muss nun das Gericht entscheiden.
Baharav-Miara: Grundsatz der Komplementarität verletzt
Nun hat die Staatsanwältin die Unabhängigkeit des israelischen Justizsystems betont. „Die Staaten, die den Strafgerichtshof gründeten, sahen ihn als Instrument für Situationen, in denen Rechtlosigkeit herrscht“, sagte Baharav-Miara. „Das ist nicht unsere Situation.“
Khan verstoße mit seinen Schritten gegen den Grundsatz der Komplementarität. Der Grundsatz besagt, dass der Internationale Strafgerichtshof nur dann strafverfolgend tätig werden kann, wenn Staaten nicht willens oder nicht in der Lage sind, selbst eine bestimmte schwere Straftat ernsthaft zu verfolgen.
Baharav-Miara: Israelisches Justizsystem widerstandsfähig
Laut der Generalsstaatsanwältin habe das israelische Justizsystem seine Widerstandsfähigkeit unter Beweis gestellt. Noch kurz vor Beginn der bewaffneten Auseinandersetzung, ausgelöst durch den Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023, war das israelische Justizsystem international in die Kritik geraten. Regierungschef Netanjahu hatte eine umstrittene Reform angestrebt, die die Handlungsfähigkeit des höchsten Gerichts einschränken sollte.
Baharav-Miara selbst hatte der Netanjahu-Regierung im Zuge dieses Reformvorhabens immer wieder die Stirn geboten. Die Reform war im Januar mit einer knappen Mehrheit vom obersten Gericht gekippt worden.