IGH ordnet sofortigen Stopp von Israels Rafah-Offensive an
© ANP | Koen van Weel

Weiterer Tiefschlag für Israel: Der Internationale Gerichtshof hat eine umgehende Einstellung des militärischen Vorgehens in Rafah gefordert – erzwingen kann er das aber nicht. Mit der Entscheidung entsprach das höchste Gericht der Vereinten Nationen in Den Haag am Freitag einer Forderung Südafrikas.

Nach Auffassung der Richter ist die humanitäre Lage in Rafah inzwischen desaströs. Weitere Maßnahmen seien nötig, um weiteren Schaden für die Zivilbevölkerung abzuwenden. Südafrika hat bereits mehrfach im Eilverfahren Maßnahmen gegen Israel gefordert. Dies geschieht im Rahmen der Völkermord-Klage, die das Land vor dem Gerichtshof im Dezember eingereicht hatte. In zwei Eilentscheidungen hatten die UN-Richter Israel bereits verpflichtet, alles zu tun, um einen Völkermord zu verhindern und humanitäre Hilfe zuzulassen. Nach Ansicht von Südafrika hat Israel diese Entscheidungen ignoriert.

Entscheidungen des Weltgerichts sind bindend. Allerdings besitzen die UN-Richter keine Machtmittel, um einen Staat zur Umsetzung zu zwingen. Sie können aber den UN-Sicherheitsrat aufrufen, in der Sache tätig zu werden. Alle Mitgliedstaaten des Gerichts sind verpflichtet, die Entscheidungen des Sicherheitsrats zu respektieren. Es scheint aber zumindest fraglich, ob die USA bei einer entsprechenden Resolution zum Rückzug Israels aus Rafah auf ihr Vetorecht verzichten würden.

Israel: Vorwürfe sind eine "Verdrehung der Wirklichkeit"

Südafrika hatte in seinem jüngsten Eilantrag vom 10. Mai argumentiert, es gehe darum, einen Völkermord an Palästinensern zu verhindern. Der Rückzug aus Rafah war eine der Forderungen. Südafrika begründete den Antrag damit, dass die bisherigen Maßnahmen des Gerichts im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg nicht ausreichend seien.

Israel hatte Vorwürfe des Völkermords im Gazastreifen vor dem Internationalen Gerichtshof als haltlos zurückgewiesen. Die von Südafrika vorgebrachten Vorwürfe seien eine "Verdrehung der Wirklichkeit". Israel beruft sich auf sein Recht auf Selbstverteidigung, nachdem Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7.10.2023 den Süden Israels überfallen und 1.200 Menschen getötet hatten. In Rafah will Israel die letzten dort verbliebenen Bataillone der Hamas zerschlagen.

Der israelische Regierungssprecher Avi Hyman hatte am Donnerstag auf die Frage, was Israel machen werde, falls das Gericht einen Stopp des Militäreinsatzes im Gazastreifen anordnen sollte, gesagt: "Keine Macht der Welt wird Israel daran hindern, seine Bürger zu schützen, und gegen die Hamas in Gaza vorzugehen. Wir werden die Hamas zerstören, wir werden Frieden und Sicherheit für die Menschen in Israel und die Menschen in Gaza wiederherstellen. Wir können kein Regime an unserer südlichen Grenze dulden, das Völkermord anstrebt."

Die islamistische Hamas hat die Aufforderung des IGH an Israel begrüßt. In einer am Freitag veröffentlichten Mitteilung forderte sie die internationale Gemeinschaft und die Vereinten Nationen auf, Druck auf Israel auszuüben. Ein Mitglied des Hamas-Politbüros betonte, ohne internationalen Druck sei die Entscheidung des Gerichts ohne Wirkung. Die Hamas teilte weiter mit, sie habe erwartet, dass das Gericht ein Ende des israelischen Militäreinsatzes im gesamten Gazastreifen anordne.

IGH, Entscheidung vom 24.05.2024

Redaktion beck-aktuell, ew, 24. Mai 2024 (dpa).