Israel muss Militäreinsatz in Gaza nicht aussetzen
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Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat in einem Eilverfahren festgestellt, dass im Gazastreifen die Gefahr eines Völkermordes besteht. Er hat Israel aber nicht zum Aussetzen des Militäreinsatzes, sondern nur zu mehr Schutzmaßnahmen für Palästinenser, verpflichtet.

Die Richter entsprachen damit nur teilweise einem Eilantrag Südafrikas, das eine sofortige Einstellung der militärischen Handlungen gefordert hatte. Israel muss aber nun Schutzmaßnahmen ergreifen und mehr humanitäre Hilfe zulassen. Israel muss außerdem alles dafür tun, Aufrufe zum Völkermord zu verhindern und zu bestrafen, wie die Richter befanden.

Diese erste Entscheidung in dem Völkermord-Verfahren gegen Israel ist ein deutliches Signal der Richter, dass sie die Gefahr sehen, dass die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes verletzt werden könnte. Südafrika hatte Ende Dezember Klage gegen Israel eingereicht. Israel hatte die Vorwürfe Südafrikas als haltlos zurückgewiesen und sich auf das Recht zur Selbstverteidigung nach dem verheerenden Massaker der Hamas und anderer Terrorgruppen vom 7. Oktober berufen.

Das Gericht entschied damit noch nicht über den Hauptvorwurf des Völkermordes. Das passiert im Hauptverfahren, das sich über Jahre hinziehen kann. Entscheidungen des UN-Gerichts sind bindend. Die Richter haben aber kein Machtmittel, um diese auch durchzusetzen. Unklar ist, ob Israel sich an diese Anordnung halten wird. Wann das Verfahren zum Hauptvorwurf des Völkermordes beginnen wird, ist nicht bekannt.

Südafrika begrüßt Entscheidung

Südafrika begrüßte die Entscheidung des IGH, als "einen entscheidenden Sieg für die internationale Rechtsstaatlichkeit". Der Beschluss des höchsten Gerichts der Vereinten Nationen sei "ein bedeutender Meilenstein bei der Suche nach Gerechtigkeit für das palästinensische Volk", teilte das Außenministerium am Freitag mit. Die Entscheidung sei "wegweisend". Drittstaaten, die Israel bislang unterstützten, sollten umgehend sicherstellen, dass sie nicht selbst gegen die Völkermordkonvention verstießen, indem sie die Finanzierung und Erleichterung israelischer Militäraktionen einstellten.

Auch der Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, Riad Malki begrüßte den Entscheid des UN-Weltgerichts. "Die Richter des IGH sind von den Fakten und Gesetzen ausgegangen. Sie urteilten zugunsten der Humanität und des internationalen Rechts", hieß es in der Stellungnahme, die am Freitag in Ramallah veröffentlicht wurde. Alle Staaten, so auch Israel, seien nun aufgefordert, den Entscheid umzusetzen.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu äußerte sich zurückhaltend: "Israels Respekt für das internationale Recht ist unerschütterlich", sagte er in einer Video-Botschaft. Doch werde sich Israel weiterhin "gegen die Hamas, eine völkermordende terroristische Organisation, zur Wehr setzen".

IGH, Entscheidung vom 26.01.2024

Redaktion beck-aktuell, ew, 26. Januar 2024 (dpa).