Bisher sah der vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf noch vor, dass der Vorsitzende Richter die Videoverhandlung auch dann vom Gericht aus leiten muss, wenn alle anderen Verfahrensbeteiligten per Bild- und Tonübertragung an der mündlichen Verhandlung teilnehmen. Nun bietet er in seiner neuen Fassung auch für den Vorsitzenden die Option, die Videoverhandlung "von einem anderen Ort als der Gerichtsstelle aus" zu leiten. Handelt es sich um eine öffentliche Verhandlung, so ist gemäß Entwurf "die Öffentlichkeit herzustellen, indem die Videoverhandlung in Bild und Ton an einen öffentlich zugänglichen Raum im zuständigen Gericht übertragen wird".
Und noch eine Änderung gegenüber der ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 20/8095) soll es geben: Der Vorsitzende Richter soll bei einer anstehenden Verhandlung auch dann eine Teilnahme per Video anordnen, wenn dies nur von einem der Verfahrensbeteiligten gewünscht wird. Dies war ursprünglich nur dann vorgesehen, wenn dieser Wunsch von allen Prozessbevollmächtigten geteilt wird.
Zudem soll ein Antrag auf Teilnahme per Video nicht einfach mit einem Formschreiben abgelehnt werden können, sondern nur mit einer konkreten, auf den Einzelfall bezogenen Begründung. Die finale Beratung und Abstimmung zu dem Gesetzesvorhaben wird in dieser Woche erwartet.
Homeoffice soll Attraktivität der Justiz als Arbeitgeber steigern
Der Grünen-Rechtspolitiker Till Steffen hält die im parlamentarischen Verfahren beschlossenen Änderungen für wichtig. Er meint, dadurch könne eine Partei nicht mehr aus taktischen Gründen die gegnerische Seite in eine Präsenzverhandlung zwingen, die für diese vielleicht eine lange, womöglich kostspielige Anreise zur Folge hätte.
"Neu ist auch, dass auch die Urteilsverkündung per Video erfolgen kann", sagte Steffen. Dies sei in der Anhörung im Rechtsausschuss von Sachverständigen angeregt worden. Die Möglichkeit für Richterinnen und Richter, vom Homeoffice aus per Video zu verhandeln, steigere zudem die Attraktivität der Justiz als Arbeitgeber. Das Gericht werde so in der Terminierung noch flexibler, was die Verfahren beschleunigen dürfte.
Grundsätzlich befürwortet wird der Gesetzesvorstoß auch von der Bundesrechtsanwaltskammer und dem Deutschen Anwaltverein.