Aus Sorge vor dem Erstarken extremer Parteien will die Ampel-Koalition Einzelheiten zur Wahl und zur Amtszeit von Verfassungsrichtern nicht nur in einem einfachen Gesetz, sondern im Grundgesetz festschreiben. Dafür ist im Bundestag aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig, womit die Koalition auf die Unterstützung der Unionsfraktion angewiesen ist. Im Februar hatte die Union erste Gespräche dazu abgebrochen, nun ist sie wieder zu Gesprächen bereit; noch in dieser Woche soll verhandelt werden. Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz ist mit einfacher Mehrheit änderbar.
Dass die Diskussion in Ruhe, mit Sorgfalt und in Abgewogenheit geführt werde, wäre aus Harbarths Sicht gerade in den Wochen der großen Verfassungsjubiläen des Jahres 2024 ein starkes Signal, wie er sagte. Das Grundgesetz wurde am 23. Mai 1949 – also vor 75 Jahren – erlassen. Inhaltlich bezog der Präsident des höchsten deutschen Gerichts keine Stellung. "Zunächst liegt der Ball in Berlin", sagte Harbarth. Es sei Sache des Gesetzgebers, darüber zu entscheiden, ob und wie das Bundesverfassungsgerichtsgesetz oder das Grundgesetz geändert werden sollen. Nach langjähriger Staatspraxis gebe der Gesetzgeber vor einer Änderung, die das Gericht betrifft, diesem Gelegenheit, sich dazu zu äußern. "Vorher werden wir zu einzelnen Modellen nicht Stellung beziehen".
Am Mittwoch hat das BVerfG auch seinen Jahresbericht 2023 herausgegeben. Im vergangenen Jahr hat das Gericht danach seinen Verfahrensbestand um etwa 18% reduziert. 5.352 Verfahren wurden 2023 erledigt, 4.828 kamen neu hinzu. 89% der Neueingänge seien Verfassungsbeschwerden gewesen. Erfolgreich sind diese selten: Die Erfolgsquote der vergangenen zehn Jahre habe bei 1,66% gelegen. Seit seiner Gründung 1951 hat das Gericht bis Ende vergangenen Jahres 264.137 Eingänge verzeichnet. Zu den größeren Entscheidungen 2023 zählten beispielsweise das Haushaltsurteil sowie das Urteil zur Parteienfinanzierung.