Aus dem Streit um die Altkanzler-Ausstattung des früheren deutschen Regierungschefs Gerhard Schröder (SPD) hat sich inzwischen beinahe eine kleine Justiz-Saga entwickelt. Der Bundeskanzler a. D. geriet spätestens nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 schwer in die Kritik, weil er auch danach nicht von seinen engen Kontakten nach Russland - und auch zu dessen Präsidenten Wladimir Putin - lassen wollte. Da man ihm anderweitig keine Sanktionen hierfür auferlegen konnte, entschied sich der Bundestag - genauer: der Haushaltsausschuss - dazu, ihm die Mittel für sein Büro und Angestellte zu streichen.
Seitdem wehrt sich Schröder vor Gericht gegen diese Entscheidung, was ihn bis zum BVerwG führte. Bis dato erteilten ihm alle Instanzen eine Absage, denn es gebe schlicht keinen kodifizierten Anspruch auf eine solche Ausstattung und damit auch keine Begründungserfordernisse, um sie wieder zu streichen. Eine merkwürdige Situation: Einerseits existierten Altkanzler-Privilegien, aber welcher Natur sie waren, schien unklar. Und in Schröders Fall gab es sie wiederum nicht. Das BVerwG begab sich nun gar nicht in diese argumentativen Fahrwasser, sondern stellte klar: Die Verwaltungsgerichte sind für diesen Streit schlicht die falsche Adresse (Urteil vom 10.04.2025 - 2 C 16.24).
Instanzgerichte: Kein Rechtsanspruch auf Büromittel
Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt hatte Schröder ab 2006 - wie schon seine Vorgänger und auch seine Nachfolgerin Angela Merkel - Mittel aus dem Bundeshaushalt für Büropersonal erhalten, darunter eine Stelle mit der Wertigkeit der Besoldungsgruppe B 6. Zuletzt machte das über 400.000 Euro pro Jahr aus. Sinn und Zweck dieser jahrzehntelangen Übung ist es, auch nach dem Ende der Amtszeit dafür zu sorgen, dass frühere Kanzlerinnen und Kanzler angemessen in der Öffentlichkeit auftreten können. Schließlich werden sie weiterhin mit ihrem Amt in Verbindung gebracht - im In- wie im Ausland.
Im Fall Schröder hatte der Haushaltsausschuss die Streichung der Mittel im Mai 2022 auch gar nicht mit Schröders Russland-Kontakten begründet, sondern vielmehr festgestellt, dass er keine weitere Verpflichtung mehr aus dem Amt als Bundeskanzler wahrnehme. Schröders Klage hiergegen scheiterte sowohl vor dem VG Berlin als auch vor dem OVG Berlin-Brandenburg. Die Gerichte stiegen dazu tief ein in die Korrespondenz zwischen Schröder und dem Finanzministerium, in denen man seinerzeit über die Mittel verhandelte. Doch einen Anspruch vermochten sie daraus und aus der ganzen zuvor bereits 50 Jahre alten Historie der Altkanzlerbüros nicht abzuleiten.
BVerfG muss klären, was ein Altkanzler tut
Nun erklärte das BVerwG, die Argumentation der Vorinstanzen sei obsolet, da die Verwaltungsgerichte für Schröders Begehren gar nicht zuständig seien.
Diese hatten bis dato keine verfassungsrechtliche Streitigkeit angenommen, weil er kein konkretes Tätigwerden des Haushaltsgesetzgebers erstrebe, sondern sich auf Gewohnheitsrecht und den Gleichbehandlungsgrundsatz stütze. Der 2. Senat in Leipzig sah dies allerdings anders, weil Streitigkeiten über spezifisch verfassungsrechtliche Rechte und Pflichten oberster Staatsorgane nicht der Fachgerichtsbarkeit zugewiesen seien. Darüber zu entscheiden obliege ausschließlich dem BVerfG. Dies betreffe auch die Frage, welche nachwirkenden Aufgaben oder Pflichten frühere Kanzlerinnen und Kanzler hätten und welche Ausstattung sie hierfür bräuchten.
Die Justiz-Saga um Schröders Büro ist damit noch nicht beendet. Vor den Verwaltungsgerichten bekommt er keine Mittel, aber vielleicht in Karlsruhe. Anders als in der Quantenwelt hat der genaue Blick auf die Altkanzlerprivilegien also bisher noch keine Entscheidung darüber herbeigeführt, ob es ein Büro für Schröder gibt oder nicht.