Das Gesetz soll die Wirtschaft jährlich um 944 Millionen Euro entlasten. Dazu ist unter anderem vorgesehen, Formerfordernisse im Zivilrecht abzusenken, Aufbewahrungspflichten für Buchungsbelege im Handels- und Steuerrecht zu verkürzen sowie für deutsche Staatsangehörige die Hotelmeldepflicht abzuschaffen.
Ferner soll laut Entwurf eine zentrale Datenbank der Steuerberaterinnen und Steuerberater für Vollmachten im Bereich der sozialen Sicherung eingeführt werden. Die Bundesregierung führt zur Begründung aus, dass "in Zeiten multipler Krisen, stockender Konjunktur und angespannter Haushaltslagen [...] die Beseitigung überflüssiger Bürokratie besonders dringend" sei. Sie stellt den Gesetzentwurf in einen Zusammenhang mit weiteren Maßnahmen zum Bürokratieabbau, etwa dem bereits verabschiedeten Wachstumschancengesetz.
Am Mittwoch hatte der Rechtsausschuss den Gesetzentwurf um einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen ergänzt. Die mehrheitlich angenommenen Änderungen greifen Anregungen von Verbänden und des Bundesrates auf. Der Entwurf sieht in der geänderten Fassung nunmehr 74 statt 62 Artikel vor.
Digitale Steuerbescheide und Änderungen im Aktienrecht
Zu den wesentlichen Änderungen gehört die Modernisierung der Bekanntgabe der Steuerbescheide und anderer Steuerverwaltungsakte. Künftig sollen Steuerbescheide und andere Steuerverwaltungsakte digital zum Abruf bereitgestellt werden können. Die bisher vorgesehene Einwilligung des Empfängers entfällt, stattdessen ist eine Widerspruchslösung geplant. Dadurch solle die Steuerverwaltung der Länder um schätzungsweise 116 Millionen Euro entlastet werden, da auf den Versand von 116 Millionen Briefen sowie den Druck von 6,2 Milliarden Blatt Papier verzichtet werden könne, so die Bundesregierung.
Ferner sollen Unternehmen durch Änderungen im Aktienrecht entlastet werden. So soll es künftig ausreichen, Unterlagen zu vergütungsbezogenen Beschlüssen auf der Hauptversammlung auf der Internetseite zu veröffentlichen. Eine Bekanntmachung soll nicht mehr nötig sein.
Änderungen beim Nachweisgesetz und der Leiharbeit
Im arbeitsrechtlichen Nachweisgesetz sollen die Formerfordernisse erweitert werden. Damit soll es Unternehmen erlaubt werden, Abläufe in ihren Personalverwaltungen zu digitalisieren. "Gleichzeitig wahrt der Vorschlag das berechtigte Interesse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, ihre Arbeitsbedingungen im Streitfall einfach nachweisen zu können", heißt es in der Begründung. Von der Neuregelung ausgenommen sollen solche Wirtschaftsbereiche und -zweige sein, die in § 2a Abs. 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannt sind. "In diesen Bereichen ist die Beibehaltung der Schriftform zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erforderlich", heißt es dazu. Das betrifft unter anderem das Bau-, das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe sowie das Speditions-, Transport- und damit verbundene Logistikgewerbe sowie die Fleischwirtschaft.
Im Bereich der Leiharbeit sind ebenfalls Änderungen vorgesehen. Im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz soll künftig verankert werden, dass für Überlassungsvereinbarungen zwischen Ver- und Entleihern die Textform ausreichend ist, diese also beispielsweise per E-Mail abgeschlossen werden können. Weitere Änderungen betreffen zum Beispiel Unternehmen, die Betriebsstätten vollständig in einen anderen behördlichen Zuständigkeitsbereich verlegen. Statt jeweils einer An- und Abmeldung bei der örtlichen Behörde soll künftig die Anmeldung im neuen Zuständigkeitsbereich ausreichen.
Zudem nahmen die Koalitionsfraktionen noch etliche Änderungen an Regelungen vor, die bereits im Regierungsentwurf vorgesehen waren. Verzichtet wird beispielsweise auf die vorgesehene Regelung, bei Flugabfertigungen Reisepässe digital auszulesen. "Insbesondere die während des Gesetzgebungsverfahrens vorgebrachten datenschutzrechtlichen Bedenken bedürfen weiterer Prüfung", heißt es dazu.
Änderungen bei den Aufbewahrungsfristen
Mit Blick auf laufende Cum-Ex-Ermittlungsverfahren wurde zudem die Regelung zu den modifizierten Aufbewahrungsfristen angepasst. Dies hatte auch die Bürgerbewegung Finanzwende gefordert. Die verkürzte Aufbewahrungsfrist soll für Personen und Gesellschaften, die der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegen, erst mit einer Verzögerung von einem Jahr gelten. "Die Einschränkung dient dem Zweck, laufende Cum-Ex-Ermittlungsverfahren durch die als bloße Entbürokratisierungsmaßnahme intendierte Verkürzung der Aufbewahrungsfristen nicht zu beeinträchtigen oder zu erschweren", heißt es dazu.
Ebenfalls angenommen wurde ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen. Darin kündigen die Fraktionen weitere Anstrengungen zum Bürokratieabbau an und fordern die Bundesregierung auf, diverse weitere Vorhaben in Angriff zu nehmen beziehungsweise zu prüfen.
Bundesrat sieht weiteren Entlastungsbedarf
Der Bundesrat begrüßte in seiner Stellungnahme den Gesetzentwurf grundsätzlich, sieht aber noch Verbesserungsbedarf. Er werde dem Entlastungsbedarf der Wirtschaft nicht gerecht. Ferner fordert die Länderkammer die Bundesregierung auf, "bereits getroffene Beschlüsse, wie beispielsweise jene im Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung, rasch umzusetzen". Der Gesetzentwurf im Bundesrat zustimmungspflichtig.
In ihrer Gegenäußerung kündigt die Bundesregierung die Prüfung einzelner Vorschläge der Länderkammer an, andere lehnt sie ab, einige will sie direkt übernehmen. Das trifft in modifizierter Form unter anderem auf den Vorschlag des Bundesrates zu, die Textform bei Arbeitsverträgen zu stärken. Beabsichtigt sei, den Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in Textform zu ermöglichen, "sofern das Dokument für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber einen Übermittlungs- oder Empfangsnachweis erhält", so die Bundesregierung.