Geduld gefragt: BGH setzt Verfahren Künast gegen Facebook aus
© Flashpic | Jens Krick

Der Fall Künast gegen Facebook liegt erstmal auf Eis. Der BGH hat das Verfahren gegen Meta um ein Falschzitat, das der Grünen-Politikerin in einem auf Facebook verbreiteten Meme untergeschoben wurde, ausgesetzt, um zunächst eine Entscheidung des EuGH in einem anderen Verfahren abzuwarten.

Keine Antwort aus Karlsruhe gibt es damit vorerst auf die Frage, welche Ansprüche den Betreiber eines sozialen Netzwerks treffen, wenn auf seiner Plattform falsche Tatsachenbehauptungen verbreitet werden.

Das Meme zeigt ein Bild von Künast mit einem angeblichen Zitat: "Integration fängt damit an, dass sie als Deutscher mal Türkisch lernen." Das Meme wurde bei Facebook in unterschiedlichen Varianten veröffentlicht und geteilt. Das Problem daran: Künast hat den Satz nie gesagt. Sie klagte auf Unterlassung sowie auf Schmerzensgeld von mindestens 10.000 Euro.

Das "Ausgangs-Meme" wurde mittlerweile gelöscht. Vor Gericht will Künast erreichen, dass Facebook auch alle "kerngleichen" Varianten des Memes löschen muss – und zwar ohne, dass die Grünen-Politikerin noch einmal auf die jeweiligen Posts hinweisen muss.

"Ich entscheide, was ich sage"

Das OLG Frankfurt a.M. hatte ihr 2024 diesbezüglich recht gegeben. Einen Anspruch auf Schmerzensgeld hatte das Gericht hingegen – anders als das LG zuvor – verneint. Sowohl Meta als auch Künast gingen gegen das OLG-Urteil in Revision, sodass der Fall in Karlsruhe landete.

"Ich entscheide, was ich sage und nur das ist mein Zitat", betonte Künast nach der mündlichen Verhandlung am BGH. Politikerinnen und Politiker seien schließlich auf ihre Glaubwürdigkeit angewiesen. "Wenn dann jemand ein Zitat erfindet, schadet es einem. Es führt dazu, dass sich Leute aufregen." Gerade Hasskommentare würden über den Facebook-Algorithmus dafür sorgen, dass sich das Falschzitat immer weiter verbreitet.

Es könne nicht sein, dass das Unternehmen daran verdiene, während die Betroffenen sich um die Beseitigung der entsprechenden Posts bemühen müssten, so Künast. "Die Macht dieser Konzerne und ihr Geschäftsmodell sind eine große Gefahr für unsere Demokratie."

Muss Facebook Inhalte prüfen?

Vor Gericht ging es darum, ob es Facebook zumutbar wäre, kerngleiche Posts ausfindig zu machen und zu löschen. Das Unternehmen argumentiert, dafür sei eine manuelle Prüfung des Beitrags auf dessen Sinngehalt nötig – zu der es als sogenannter Hosting-Anbieter nicht verpflichtet sei.

Die Organisation HateAid sieht das anders. "Es ist einem Riesen-Konzern, der Milliardengewinne macht, indem zum Beispiel solche Falschzitate verbreitet werden, durchaus zumutbar, tatsächlich auch dafür zu sorgen, dass dieses Geschäftsmodell sicher betrieben wird", sagte Geschäftsführerin Josephine Ballon. "Diesen Einwand, dass über eine menschliche Moderation gar nichts geleistet werden kann, weil es alles viel zu kompliziert und juristisch zu schwierig ist, den können wir hier einfach nicht gelten lassen."

HateAid hilft nach eigenen Angaben Betroffenen von Hass im Netz bei möglichen Strafanzeigen und in Einzelfällen auch bei Zivilklagen. Auch andere Politiker wie Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) arbeiten bei ihren Anzeigen wegen Hassnachrichten mit der Organisation zusammen.

Fall wirft europarechtliche Fragen auf

Nachdem Künast, Meta und die Vorinstanzen bisher vor allem auf nationales Recht geschaut hatten, wies der BGH darauf hin, dass hier auch die DS-GVO der sowie der Digital Services Act der EU eine Rolle spielen könnten. Es stellten sich verschiedene europarechtliche Fragen, sagte der Vorsitzende Richter, Stephan Seiters, in der mündlichen Verhandlung. 

Der BGH hatte daher eine Vorlage an den EuGH in Erwägung gezogen. Jetzt hat er anders entschieden und das Verfahren zunächst ausgesetzt, um die Entscheidung der Luxemburger Richterinnen und Richter im Fall C-492/23 abzuwarten, in dem es – mit Blick auf die DS-GVO – um die Haftung von Online-Marktplätzen geht (Beschluss vom 18.02.2025 – VI ZR 64/24).

BGH, Beschluss vom 18.02.2025 - VI ZR 64/24

Redaktion beck-aktuell, bw, 18. Februar 2025 (ergänzt durch Material der dpa).

Mehr zum Thema