Künast gegen Facebook: Löschpflicht umfasst auch sinn­glei­che Äu­ße­run­gen
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© Marten Ronneburg/NurPhoto/pa

Die Bundestagsabgeordnete Renate Künast hat im Streit um die Löschung eines Falschzitats gegen den Facebook-Konzern Meta einen Erfolg erzielt. Die konkrete Kenntnis eines rechtsverletzenden Posts verpflichte den Plattformbetreiber, auch andere sinngleiche Äußerungen zu löschen, bestätigt das OLG Frankfurt a.M.

Es ging um ein auf Facebook gepostetes Meme, das die Grünen-Politikerin mit Bild und Namen zeigt und die als Zitat gekennzeichnete Äußerung enthält: "Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal türkisch lernen!". Da Künast dies nie gesagt hat, klagte sie – und bekam Recht. Das LG verpflichtete Meta, es zu unterlassen, identische oder kerngleiche Inhalte auf der Plattform öffentlich zugänglich zu machen. Außerdem verurteilte es Meta zu einer Geldentschädigung von 10.000 Euro. Der Plattformbetreiber ging in Berufung.

Die 10.000 Euro muss Meta nun zwar nicht zahlen. Es bleibe aber bei der Unterlassungsverpflichtung, so das OLG (Urteil vom 25.01.2024 - 16 U 65/22). Das Falschzitat greife rechtswidrig in das allgemeine Persönlichkeitsrecht Künasts ein. Es verletze sie in ihrem Recht am eigenen Wort.

Den Plattformbetreiber treffe nach der E-Commerce-Richtlinie zwar keine allgemeine Überwachungs- und aktive Nachforschungspflicht hinsichtlich rechtswidriger Inhalte. Vorliegend habe Meta aber konkrete Kenntnis der Rechtsverletzung gehabt, insbesondere habe Meta die konkreten URLs von Künasts Anwälten erhalten. Diese habe eine Prüf- und Verhaltenspflicht ausgelöst. Meta sei als "mittelbar verantwortliche Störerin" dazu verpflichtet, alle weiteren identischen oder kern- beziehungsweise sinngleichen Posts zu besagtem Meme zu löschen, betonte das OLG.

Hinsichtlich des Umfangs und der Zumutbarkeit der Nachforschungspflicht verweist das OLG auf Rechtsprechung des EuGH, wonach hierfür auf "automatisierte Techniken und Mittel" zurückgegriffen werden können. Meta sei es zuzumuten, diese automatisiert aufgefundenen sinngleichen Äußerungen teilweise einer kontextgebundenen menschlich-händischen Überprüfung zu unterziehen. So werde Meta nur die Beurteilung auferlegt, ob die Unterschiede aufgrund der abweichenden Gestaltung gegenüber dem Meme nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Empfängers bewirkten, dass erkennbar werde, dass ein Falschzitat vorliege oder nicht. Im Übrigen könne mithilfe von KI eine weitere automatische Vorfilterung erfolgen.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das OLG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Meta als Hostprovider eine Prüf- und Verhaltenspflicht in Bezug auf sinngleiche Inhalte treffe, die Revision zugelassen.

Hinweis der Redaktion: Die Überschrift wurde am 26.01.2024 geändert, mm.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 25.01.2024 - 16 U 65/22

Redaktion beck-aktuell, bw, 25. Januar 2024.