Die Anwaltschaft einbeziehen: DAV veröffentlicht rechtspolitische Forderungen

Regelmäßige Anpassungen der Anwaltsvergütung, einheitlicher Schutz des Berufsgeheimnisses und Tempo bei der Digitalisierung der Justiz – vor der Bundestagswahl hat der DAV rechtspolitische Forderungen formuliert. Kritik ist auch dabei, etwa am beA-Verbot bei Finanzämtern und an der Regelung zu Sammelanderkonten.

Im Vorfeld der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar hat der DAV in einem Eckpunktepapier Anliegen der Anwaltschaft für die kommende Legislaturperiode identifiziert. Das Papier betont die Rolle der Anwaltschaft für einen funktionierenden Rechtsstaat; man werde sich aber auch für Bürger- und Freiheitsrechte stark machen.

Rechtspolitik darf Anwaltschaft nicht vergessen

"Der Erhalt des Rechtsstaats ist in politisch unruhigen Zeiten wie diesen von elementarer Bedeutung", so DAV-Präsidentin Edith Kindermann. Dafür sei ein gesicherter Zugang zum Recht essenziell – der ohne Anwaltschaft nicht gegeben sei. Eine zentrale Forderung aus dem Eckpunktepapier ist deshalb eine regelmäßige Erhöhung der gesetzlich geregelten Anwaltsvergütung – und zwar mindestens einmal pro Legislaturperiode. "Wir brauchen ein auskömmliches Einkommen, damit die Anwaltschaft ihre Aufgaben erfüllen kann", betont Kindermann.

Zur Sicherung der anwaltlichen Berufsausübung müsse zudem das Berufsgeheimnis der Anwaltschaft umfassend geschützt werden. Der DAV fordert ein auf Bundes- und Landesebene einheitliches Schutzniveau im Gefahrenabwehr- und im Strafrecht. Eine Aushebelung würde das Vertrauen in das geschützte Verhältnis zwischen Anwältinnen und Mandanten erschüttern, verdeutlicht Kindermann.

Bei allen rechtspolitischen Vorhaben und Gesetzgebungsprozessen solle die Anwaltschaft zudem rechtzeitig einbezogen werden, "um den Blickwinkel der Praxis zu berücksichtigen". Ansonsten, so lässt das Papier durchblicken, käme es zu so "unüberlegte(n) Einschränkungen wie etwa die Ausnahme der Finanzverwaltung vom elektronischen Rechtsverkehr mit Anwältinnen und Anwälten (beA)". Der DAV spielt auf das beA-Verbot für die Kommunikation mit den Finanzbehörden an. Diese Änderung der AO hat im vergangenen November den Bundesrat passiert – der vehemente Protest der Anwaltschaft wurde nicht gehört.

Rechtspolitische Projekte nicht verschleppen

Handlungsbedarf sieht der DAV bei der Modernisierung der Justiz. "Nicht abgerufene Mittel aus dem Digitalpakt müssen im neuen Jahr weiter zur Verfügung stehen, um den schleppenden Verlauf der Digitalisierung zu beschleunigen", fordert Kindermann. Im Bereich der Digitalisierung sei die Anwaltschaft einseitig vorangegangen. Nun stehe zu befürchten, dass die Justiz ihre selbst gesteckten Ziele nicht erreichen wird. Als Beispiel für offene Baustellen nennt Kindermann "die Verschleppung des wichtigen Projekts der audiovisuellen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung". Ein entsprechender Entwurf liegt schon seit Ende 2023 beim Vermittlungsausschuss.

Untätigkeit wirft der DAV der Politik auch beim Thema Sammelanderkonten vor. Nachdem 2022 eine Reihe von Banken wegen neuer Leitlinien die Konten gekündigt hatten, hatte unter anderem der DAV versucht, eine Sonderregelung in der Berufsordnung unterzukriegen. "Es gibt bereits mit Ministerien abgestimmte Vorschläge, die eine Sicherung der Sammelanderkonten im anwaltlichen Berufsrecht vorsehen", erklärt nun DAV-Präsidentin Kindermann. Hier bedürfe es einer zügigen gesetzlichen Umsetzung.

Eintritt für Bürger- und Freiheitsrechte

Notwendig sei auch eine regelmäßige Überprüfung, ob das anwaltliche Berufsrecht noch den Anforderungen eines modernen anwaltlichen Berufsbildes entspricht. So fordert der DAV, die Regelungen der Sozietätserstreckung bei Sozietätswechslern anzupassen. Die jetzigen Regelungen stellten schwere Eingriffe in die Berufsfreiheit von Rechtsanwälten und Berufsausübungsgesellschaften dar. Diese Eingriffe und ihre Folgen seien aufgrund der veränderten Lebenswirklichkeit sowie den vorhandenen technischen und organisatorischen Möglichkeiten zur Errichtung von Informationsbarrieren nicht mehr verhältnismäßig.

Schließlich, so das Versprechen des DAV, werde man sich auch künftig für Bürger- und Freiheitsrechte einsetzen. Dazu gehöre, die von der Ampel initiierte Überwachungsgesamtrechnung durchzuführen bzw. fortzusetzen und deren Ergebnisse in ein Konzept der Überwachung einzubeziehen und fortzuschreiben. "Einzelne Maßnahmen erscheinen vielleicht sinnvoll. In der Summe können sie aber eine unerträgliche Überwachung unbescholtener Bürgerinnen und Bürger darstellen", erläutert Kindermann. Dies betreffe die Bereiche für anlasslose Datenspeicherung, der Chatkontrolle oder biometrischer Überwachungssysteme. Es sei notwendig, so die DAV-Präsidentin, "immer die Verhältnismäßigkeit der einzelnen Maßnahmen zu prüfen."

Redaktion beck-aktuell, dd, 9. Januar 2025.