VG Frankfurt am Main: Kein Lebensarbeitszeitkonto für hessische Richter

Hessische Richter haben keinen Anspruch auf ein Lebensarbeitszeitkonto, wie es für hessische Beamte eingerichtet wurde. Dies hat das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 21.09.2017 entschieden und die Klage eines Richters abgewiesen. Anders als für Beamte gebe es für Richter aufgrund ihrer Unabhängigkeit keine festen Arbeitszeiten, so dass das Lebensarbeitszeitkonto auf die Richterschaft nicht anwendbar sei. Das VG hat die Berufung zugelassen (Az.: 9 K 5730/16.F).

Lebensarbeitszeitkonto als Ausgleich für erhöhte Arbeitszeit von hessischen Beamten eingeführt

2003 wurde für hessische Beamte die Arbeitszeit von 38,5 auf 42 Wochenstunden erhöht. Rund vier Jahre später vereinbarten das Land Hessen, der Deutsche Beamtenbund und der Landesbund Hessen, dass den hessischen Beamten für die erhöhte Arbeitszeit ein Ausgleich zu bewilligen ist. Dieser Ausgleich erfolgt in der Regel durch die Gewährung von Dienstbefreiung mit Bezügen, die nach Freistellung vom Dienst vor Eintritt in den Ruhestand abzugelten ist, ausnahmsweise auch in Geld ausgezahlt werden kann. Damit verständigten sich die Tarifvertragsparteien im Hinblick auf den Umfang der Dienstbefreiung auf ein sogenanntes Ansparsystem mit Wirkung ab dem 01.01.2007. Gesetzlich umgesetzt wurde dieses System durch § 1a der Hessischen Arbeitszeitverordnung (HAZVO).

Richter begehrt Lebensarbeitszeitkonto auch für hessische Richter

Der Kläger, ein Richter am Landgericht, begehrt die Errichtung dieses sogenannten Lebensarbeitszeitkontos auch für Richter im hessischen Justizdienst. Er meint, dass die Erhöhung der Wochenarbeitszeit für Hessische Beamte auch zu einer Arbeitsverdichtung für die Hessischen Richter geführt habe. Daher sei es nur folgerichtig, einen Ausgleich in Form des Lebensarbeitszeitkontos auch für die Richterschaft einzuführen. Nach § 2 des Hessischen Richtergesetzes (HRG) gölten die beamtenrechtlichen Vorschriften auch für die Richterschaft, soweit das Deutsche Richtergesetz (DRiG) nichts anderes bestimme. Staatsanwälte und Rechtspfleger seien ebenfalls Beamte, für die ein Lebensarbeitszeitkonto eingerichtet worden sei. Auch diese Berufsgruppen unterlägen - ebenso wie die Richter - keiner Zeiterfassung. Deshalb müssten auch Richter von dem oben genannten Ansparmodell profitieren können.

Land verweist auf fehlende feste Arbeitszeiten infolge richterlicher Unabhängigkeit

Das beklagte Land Hessen verweist insbesondere auf die Vorschrift des § 25 DRiG, die bestimme, dass Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind. Dies sei in Art. 97 GG verfassungsrechtlich normiert. Diese Unabhängigkeit beinhalte auch, dass für Richter keine festen Arbeitszeiten gelten, so dass die Hessische Arbeitszeitverordnung und insbesondere deren eingeführter § 1a HAZVO für die Richterschaft nicht zur Geltung kommen könne.

VG: Mangels Arbeitszeitregelung kein Lebensarbeitszeitkonto für hessische Richter

Das VG hat die Klage abgewiesen. § 1a HAZVO stehe in engem Zusammenhang mit § 1 HAZVO und stelle auch sprachlich eine deutliche Bezugnahme lediglich auf die Arbeitszeitregelung her. Da eine solche Regelung für Richter nicht gelte, könne auch eine Abgeltung der Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit für Richter nicht in Betracht kommen. In mehreren obergerichtlichen und auch verfassungsgerichtlichen Entscheidungen sei die Unabhängigkeit der Richter, wie sie aus Art. 97 GG folgt, als ein hohes Rechtsgut eingestuft worden. Die nicht vorhandene Arbeitszeitregelung stelle einen Ausfluss der Unabhängigkeit dar.

§ 25 DRiG andere Regelung im Sinne des § 2 HRG

Insoweit könnten sich die hessischen Richter nicht auf die nur für Beamten geltenden Arbeitszeitregelungen und dementsprechende Ausgleichsmöglichkeiten berufen, so das VG. Dies ergebe sich eindeutig aus § 2 HRG, der nur dann eine Anwendung der beamtenrechtlichen Vorschriften für Richter ermögliche, soweit das DRG nichts anderes bestimme. Durch die ebenfalls in § 25 DRiG normierte Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Richter werde aber eine andere Regelung getroffen, die gerade den Unterschied zur Beamtenschaft deutlich mache. Aus diesem Grund könne die Vergünstigung für die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit für Beamte nicht für die Richterschaft entsprechend angewandt werden.

VG Frankfurt a. M., Urteil vom 21.09.2017 - 9 K 5730/16.F

Redaktion beck-aktuell, 22. September 2017.