Wegen Spionage: Bundesanwaltschaft klagt Ex-Mitarbeiter von AfD-Mann Krah an

Die Festnahme löste ein internationales Echo aus: Jian G. soll einem chinesischen Geheimdienst Informationen aus dem Europäischen Parlament übermittelt haben. Nun folgt die Anklage durch die Bundesanwaltschaft.

Die Bundesanwaltschaft hat den früheren Mitarbeiter des AfD-Politikers und ehemaligen Rechtsanwalts Maximilian Krah, Jian G., und eine mutmaßliche Komplizin, die chinesische Staatsangehörige Yaqi X., wegen Spionage für einen chinesischen Geheimdienst angeklagt. Jian G. legt sie einen besonders schweren Fall der geheimdienstlichen Agententätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst (§ 99 Abs. 2 StGB) zur Last. Der Mann soll wiederholt Informationen über Verhandlungen und Entscheidungen im Europäischen Parlament weitergegeben und für den Nachrichtendienst chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht haben. Zudem habe Jian G. Informationen über führende AfD-Politiker zusammengetragen.

Die Bundesanwaltschaft hatte G. im April 2024 in Dresden festnehmen lassen. Der deutsche Staatsangehörige war nach Angaben der Karlsruher Behörde seit 2002 Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes. Ab September 2019 bis zu seiner Festnahme im April 2024 arbeitete er offiziell als Assistent für Maximilian Krah, der damals Abgeordneter für die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) im Europäischen Parlament war. G. soll diese Funktion genutzt haben, um für den chinesischen Dienst Informationen zu Beratungen und Entscheidungen des Europäischen Parlaments zu sammeln. Er soll mehr als 500 Dokumente beschafft haben, "darunter auch einige, die das Europäische Parlament als besonders sensibel eingestuft hatte". In den Jahren 2023 und 2024 habe der Mann chinesische Oppositionelle und Dissidenten in Deutschland ausgespäht, hieß es. Hierfür sei er in sozialen Medien zum Schein als Kritiker der chinesischen Staatsführung aufgetreten.

Kurz nach der Festnahme hatte die oberste Anklagebehörde Deutschlands Büroräume von G. und Krah im Europäischen Parlament in Brüssel durchsuchen lassen. Dabei betonte sie, dass die Durchsuchung von Krahs Büros "eine Maßnahme bei Zeugen" sei. Das EU-Parlament habe dem Betreten der Räumlichkeiten zugestimmt.

Nach Spiegel-Informationen handelt es sich bei den Informationen, die G. über AfD-Politiker gesammelt haben soll, um Einschätzungen zu Rolle, Status und Stellung von Spitzenfunktionären - darunter zu den Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla. Die Informationen stammten den Ermittlungen zufolge teils aus vertraulichen Gesprächen, die Jian G. offenbar mit Krah geführt habe, schreibt der Spiegel. Chrupalla wollte sich auf Nachfrage dazu nicht äußern. Ein Sprecher Weidels sagte, über die "schmale Pressemitteilung des Generalbundesanwalts" hinaus habe man keinerlei Informationen.

Kein Einzelfall?

Ende September 2024 nahmen Beamte des Bundeskriminalamts im Auftrag der Bundesanwaltschaft dann in Leipzig eine Chinesin fest, die für ein Logistik-Dienstleistungsunternehmen am Flughafen Leipzig/Halle arbeitete. Yaqi X. soll dem ehemaligen Krah-Mitarbeiter zugearbeitet und ihm Informationen zu Flügen, Fracht und Passagieren des sächsischen Flughafens weitergegeben haben - dabei ging es vor allem um den Transport von Rüstungsgütern sowie Personen mit Verbindungen zu einem deutschen Rüstungsunternehmen. Beide sitzen seither in Untersuchungshaft. Das Oberlandesgericht Dresden muss nun entscheiden, ob es die Anklage zulässt und einen Prozess ansetzt.

Krah hatte der Bild-Zeitung nach der Festnahme von G. gesagt, sein Mitarbeiter habe seiner Kenntnis nach nur "Kontakte zu offiziellen chinesischen Stellen in der Botschaft" gepflegt. Nach der Festnahme der Chinesin erklärte er über den Kurznachrichtendienst X, es gebe keinerlei Zusammenhang zu seiner Tätigkeit. Die Beschuldigte habe nur mit seinem Ex-Mitarbeiter kommuniziert. "Der einzige Vorwurf, den ich mir im Zusammenhang mit meinem chinesisch-stämmigen Ex-Mitarbeiter mache, ist, nicht gründlicher aufgepasst zu haben."

Krah erhofft sich nach eigener Aussage nun Klarheit von einem möglichen bevorstehenden Gerichtsprozess. "Ich möchte schon wissen, ob ich da hintergangen wurde, also ob das wirklich belastbare Vorwürfe sind. Und insofern hoffe ich, dass der Prozess jetzt die nötige Klarheit bringt", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Nach der Festnahme der Chinesin hatte er über den Kurznachrichtendienst X erklärt, es gebe keinerlei Zusammenhang zu seiner Tätigkeit. Die Beschuldigte habe nur mit seinem Ex-Mitarbeiter kommuniziert. "Der einzige Vorwurf, den ich mir im Zusammenhang mit meinem chinesisch-stämmigen Ex-Mitarbeiter mache, ist, nicht gründlicher aufgepasst zu haben."

Am selben Tag wie G. hatte die Bundesanwaltschaft drei weitere mutmaßliche Spione für China in Düsseldorf und Bad Homburg festnehmen lassen. Die beiden Männer und eine Frau sollen in Deutschland im Zusammenhang mit Forschungsprojekten Informationen über Militärtechnik beschafft haben, um sie an den chinesischen Geheimdienst weiterzugeben. China wies die Berichte über eigene Spione in Deutschland zurück und sprach von Verleumdung.

G. wollte auch für BND arbeiten

Im Laufe der Zeit wurde auch mehr zur Vorgeschichte von Krahs Ex-Mitarbeiter bekannt. So hatte G. schon vor einigen Jahren versucht, für den Bundesnachrichtendienst (BND) zu arbeiten. Der Auslandsnachrichtendienst lehnte eine Zusammenarbeit nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur damals jedoch ab. Später wurde der Mann dem Vernehmen nach auch noch beim sächsischen Verfassungsschutz vorstellig, wo er aber ebenfalls nicht zum Zuge kam - auch weil man ihn für nicht zuverlässig hielt.

Der damalige Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) warnte indes vor weiteren Spionagefällen. Das Kabinett beschloss zudem strengere Sicherheitsüberprüfungen, damit Saboteure und Informanten ausländischer Geheimdienste keinen Zugang zu Nachrichtendiensten und anderen sicherheitsrelevanten Stellen in Staat und Wirtschaft finden. Die Novelle des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes wurde vor der vorgezogenen Bundestagswahl nicht mehr im Bundestag beraten. Sie sah unter anderem eine verstärkte Internetrecherche auch in sozialen Netzwerken vor.

Redaktion beck-aktuell, js, 29. April 2025 (dpa).

Mehr zum Thema