Behaupteter Impfschaden: Comirnaty-Hersteller haftet nicht

Starke Kopfschmerzen und Schwindel nach ihrer Impfung mit dem mRNA-Impfstoff Comirnaty hatten eine Frau bewegt, Hersteller BioNTech/Pfizer auf Schadensersatz zu verklagen. Erfolg hatte sie hiermit nicht: Das OLG bescheinigte dem Impfstoff ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis und schloss eine Gefährdungshaftung aus.

Die Frau war Ende August das erste und Ende September 2021 das zweite Mal mit Comirnaty gegen Corona geimpft worden. Der Impfstoff hatte im Dezember 2020 eine bedingte zentrale arzneimittelrechtliche Zulassung und im Oktober 2022 die Standardzulassung erhalten. Schon kurz nach der ersten Impfung traten bei der Geimpften Kopfschmerzen und Schwindel auf. Beides hat sich ihren Angaben zufolge nach der zweiten Impfung noch verstärkt und beeinträchtige sie noch immer. Für ihren immateriellen Schaden möchte die Frau 100.000 Euro. Auch begehrt sie die Feststellung, dass BioNTech/Pfizer ihr für materielle Schäden haftet.

Nachdem sie damit vor dem LG Mainz gescheitert war, legte die Frau Berufung ein und machte hier zusätzlich einen Auskunftsanspruch gegen den Impfstoffhersteller geltend. Das OLG wies das Rechtsmittel zurück, ließ aber die Revision zum BGH zu (Urteil vom 10.07.2024 – 5 U 1375/23 , nicht rechtskräftig). Die Voraussetzungen für eine Gefährdungshaftung des Herstellers nach § 84 AMG lägen nicht vor.

Positives Nutzen-Risiko-Verhältnis

In der Entscheidung hat sich das OLG von einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis des eingesetzten mRNA-Impfstoffes Comirnaty – ausgehend von den Erkenntnissen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 26.06.2024 projiziert auf den Zeitpunkt der Anwendung des Impfstoffes – überzeugt gezeigt. Ob dies schon aus Rechtsgründen aufgrund der europäischen Zulassung bindend feststehe, ließ das OLG dahinstehen. Denn es sei auch aufgrund der ihm vorliegenden Unterlagen der Europäischen Arzneimittelagentur, von deren Ausschüssen und dem nationalen Paul-Ehrlich-Institut eigenständig vom positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis überzeugt.

Bezogen auf die Gesamtheit aller Personen, die potentiell geimpft werden konnten und sollten, gebe es keinen 100%-igen Schutz, hebt das Gericht hervor – dies sei auch nicht die "versprochene" und zugelassene Wirkung des Impfstoffs. Zwar berge der Impfstoff auch Risiken "in Form von sich realisierenden Nebenwirkungen vor der Zulassung". Allerdings überwiege der Nutzen die Risiken bei Weitem, so die Richterinnen und Richter. Sie erinnern daran, dass dem von der Verwirklichung eines Risikos Betroffenen ein im Sinne des Gesetzes vertretbares Opfer zum Nutzen der Gesamtheit abverlangt werde. Aus der Verwirklichung eines Risikos im Einzelfall könne insoweit nicht auf die Unwirksamkeit des Arzneimittels im Allgemeinen und damit ein den Nutzen überwiegendes Risiko geschlossen werden.

Ursächlichkeit nicht nachgewiesen

Das OLG verneinte auch eine unrichtige Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation zu dem mRNA-Impfstoff Comirnaty. Die gesetzlich relevanten Produktinformationen seien nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Erkenntnisse richtig gewesen und fortlaufend aktualisiert worden. Die Produktinformationen seien auch frei zugänglich gewesen.

Die Geimpfte habe auch nicht nachweisen können, dass ihre behaupteten Gesundheitsprobleme auf die Impfungen zurückzuführen sind. Da sie hierfür auch keine ausreichenden Indiztatsachen darlegen konnte, wies das OLG auch ihre Auskunftsklage ab.

OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024 - 5 U 1375/23

Redaktion beck-aktuell, bw, 11. Juli 2024.