Eine Gläubigerin hatte einen Vollstreckungsbescheid gegen eine Schuldnerin erwirkt. Dieser wurde in den Briefkasten des Geschäftsführers der Schuldnerin eingelegt, an dessen privatem Wohnsitz, an dem sich auch die Geschäftsanschrift der Schuldnerin befand. Im Rahmen eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumnis der Einspruchsfrist bestritt die Schuldnerin die wirksame Zustellung.
Sie behauptete, dass der Briefkasten mit Silikon verklebt gewesen sei, um ihn unbenutzbar zu machen. Dadurch wäre die Zustellung unwirksam gewesen. Die Schuldnerin rügte daher eine fehlende Verkündung der Entscheidung. Das LG winkte ab und verwarf den Rechtsbehelf als unzulässig.
Auch in zweiter Instanz dürfte das Unternehmen nicht weiterkommen. Das OLG Karlsruhe erteilte den Hinweis, dass es das Rechtsmittel der Schuldnerin gegen das Urteil des LG durch einstimmigen Beschluss zurückweisen wolle. Die Berufung habe keinerlei Erfolgsaussichten, entschieden die OLG-Richterinnen und Richter. Das LG habe zu Recht festgestellt, dass der Vollstreckungsbescheid ordnungsgemäß zugestellt worden sei und die Schuldnerin die Versäumung der Frist selbst verschuldet habe (Beschluss vom 10.10.2024 – 19 U 87/23).
OLG zweifelt: War der Briefkasten wirklich verklebt?
Die gesetzliche Vermutung, dass Vertreter einer GmbH unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift „stets und jederzeit“ erreichbar sind, hat die Schuldnerin nach Ansicht des OLG nicht widerlegt. Insbesondere komme es nicht darauf an, dass kein gesonderter, mit dem Namen der Gesellschaft versehener Postbriefkasten angebracht war. Der Vollstreckungsbescheid, so das OLG weiter, sei vorliegend durch eine ersatzweise durch Einlegen in den Briefkasten zugestellt worden, der an der Geschäftsanschrift der Schuldnerin angebracht gewesen sei.
Zwar gebe es keinen zur Wohnung oder zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten im Sinne von § 180 ZPO, wenn der Briefkasten überquillt, zugeklebt ist oder sich sonst in einem nicht ordnungsgemäßen Zustand befindet, aus dem erkennbar wird, dass er nicht benutzt wird, so das OLG Karlsruhe.
Überzeugende Beweise dafür, dass das bei der Schuldnerin so gewesen sei, habe diese aber nicht geliefert. Die behauptete Verklebung der Klappe kauft das OLG der Schuldnerin offenbar nicht recht ab: Dagegen spreche schon, dass das Schriftstück tatsächlich ja in den Kasten eingelegt werden konnte und auch worden sei, argumentiert das OLG. Außerdem hätte die Schuldnerin, wenn sie Zustellungen an diesen Briefkasten verhindern wollte, einfach den Namen des Geschäftsführers entfernen können. Das habe sie aber nicht getan.
Schließlich bewertete das OLG das Verhalten des Geschäftsführers auch als nachlässig. Die Schuldnerin hätte, gerade weil der Briefkasten immer noch mit seinem Namen beschriftet war, regelmäßig überprüfen müssen, ob der Briefkasten tatsächlich unzugänglich ist.