Homosexuelle Justizopfer sollen künftig auch dann entschädigt werden, wenn sie verfolgt, aber letztlich nicht verurteilt wurden. Der Haushaltsausschuss habe den Weg für die Erweiterung freigemacht, sagte Justizministerin Katarina Barley (SPD) am 09.11.2018. Die im Haushalt vorgesehenen sieben Millionen Euro werden aufgeteilt in sechs Millionen für Verurteilte und eine Million für Verfolgte. Zuletzt waren die Mittel wegen der geringen Antragszahlen nicht ausgeschöpft worden. Der Bundestag muss der Änderung formal noch zustimmen.
Von den Nationalsozialisten verschärfte Regelung wurde übernommen
"Dass Menschen bestraft wurden, weil sie gleichgeschlechtliche Partner liebten, war aus heutiger Sicht grobes Unrecht", sagte Barley. Auch viele, die nicht verurteilt wurden, hätten unter der Verfolgung gelitten. "Manche saßen in U-Haft, manche haben andere demütigende Ermittlungsmaßnahmen über sich ergehen lassen müssen.
Auch ihre Leben hat Paragraf 175 schwer belastet." Künftig sollen auch Betroffene entschädigt werden, die in psychiatrischen Kliniken untergebracht wurden, Untersuchungshaft oder besonders belastende Ermittlungsmaßnahmen erlitten haben.
Endgültige Abschaffung erst 1994
Der frühere Paragraf 175 des Strafgesetzbuchs stellte sexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe. Die Bundesrepublik hatte diese durch die Nationalsozialisten verschärfte Regelung übernommen. Im Jahr 1969 wurde der Paragraf entschärft, aber erst 1994 endgültig abgeschafft. Auf seiner Basis wurden Schätzungen zufolge 64.000 Menschen verurteilt.
Bislang war rechtskräftige Verurteilung Voraussetzung für Entschädigung
Im Jahr 2017 wurden homosexuelle Justizopfer offiziell rehabilitiert, Urteile wurden aufgehoben. Ausnahme: wenn sie sexuelle Handlungen mit unter 16-Jährigen ahndeten. Als finanzielle Entschädigung sind pro Person pauschal 3.000 Euro vorgesehen sowie 1.500 Euro für jedes angefangene Jahr im Gefängnis. Anspruch darauf hatten bisher nur Menschen, die rechtskräftig verurteilt wurden. Bis Juli 2018 gab es laut Bundesamt für Justiz allerdings nur 102 Anträge, Entschädigungen in Höhe von 354.000 Euro wurden ausgezahlt.
Redaktion beck-aktuell, 9. November 2018 (dpa).
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