EU-Justizkommissarin: Freiwillige Selbstverpflichtung funktioniert
"Die neuesten Ergebnisse zeigen uns deutlich, dass die freiwillige Selbstverpflichtung derzeit sehr gut funktioniert, wenn es um Hass im Netz geht", sagte EU-Justizkommissarin Vera Jourová der Deutschen Presse-Agentur. Der vor eineinhalb Jahren vereinbarte Verhaltenskodex habe sich "als wirksames und treffsicheres Instrument" erwiesen. Die Kommissarin warnte die Branche allerdings davor, sich auf den Erfolgen auszuruhen. "Ich würde von den IT-Unternehmen ähnliche Entschlossenheit erwarten, wenn es um andere wichtige Themen wie terroristische Inhalte oder unfaire Geschäftsbedingungen für User geht", sagte sie.
Vor allem Facebook betroffen
Jourová will die neuen Zahlen zum Umgang mit Hasskommentaren im Internet am 19.01.2018 offiziell in Brüssel vorstellen. Diese zeigen auch, dass sich die meisten Beschwerden auf Hetzpropaganda gegen bestimmte Volksgruppen, Muslime, Fremde oder Schwule und Lesben beziehen. Am stärksten betroffen ist den Zahlen zufolge das soziale Netzwerk Facebook, das rund die Hälfte aller Beschwerden bearbeiten musste. Über den Kurznachrichtendienst Twitter und die Video-Plattform YouTube werden demnach weitaus weniger Inhalte veröffentlicht, die Anlass zu einer Beanstandung geben.
EU moniert deutschen Alleingang
In der EU-Kommission werden die jüngsten Daten als weiterer Beleg dafür gesehen, dass Deutschland eventuell zu schnell ein Gesetz gegen Hass im Netz eingeführt hat. Die Brüsseler Behörde hatte den deutschen Alleingang zuletzt mehrfach kritisiert. Sie befürchtet einen Flickenteppich an Regeln in Europa und einen möglichen Missbrauch durch Regierungen, die die Meinungsfreiheit einschränken wollen.
Netzwerkdurchsetzungsgesetz auch in Deutschland in der Kritik
Das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz hatte zuletzt auch in Deutschland heftige Kritik ausgelöst. Gegner der Regelung bemängeln, dass es in der Hand der Plattformbetreiber liege, neben klaren Rechtsverstößen auch über juristisch zweifelhafte Fälle zu urteilen.
Zensur unliebsamer Beiträge befürchtet
Befürchtet wird zudem, dass die Betreiber in vorauseilendem Gehorsam in Zweifelsfällen lieber löschen oder sperren. Das könne zu einer Zensur von unliebsamen Beiträgen und letztlich zur Einschränkung der Meinungsfreiheit führen. Unlängst hatte die Sperrung des Twitter-Accounts der Satire-Zeitschrift "Titanic" Empörung ausgelöst.
Bußgelder in Höhe von bis zu 50 Millionen Euro
Das Gesetz soll eigentlich dazu führen, dass Online-Netzwerke strafbare Inhalte schneller löschen. Bei systematischen Verstößen gegen die Vorgaben sind Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro vorgesehen.