FG Münster: Bestandskräftige Prüfungsentscheidung trotz Verfahrensfehlers grundsätzlich nicht änderbar

Es stellt zwar einen Verfahrensfehler dar, wenn die mündlichen Vorträge in der Steuerberaterprüfung unter gleichzeitiger Anwesenheit aller Prüflinge abgehalten werden. Eine Aufhebung des Bescheids über das Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung kommt aber dennoch nicht mehr in Betracht, wenn dieser bestandskräftig ist. Das geht aus einem Urteil des Finanzgerichts Münsters vom 06.12.2017 hervor (Az.: 7 K 2451/16 StB).

Klage wegen nicht bestandener Steuerberaterprüfung zunächst zurückgenommen

Die Klägerin unternahm im Jahr 2013 ihren dritten und damit letzten Versuch, die Steuerberaterprüfung zu bestehen und wurde zur mündlichen Prüfung zugelassen. Im Rahmen der mündlichen Prüfung wurde – der damals gängigen nordrhein-westfälischen Praxis folgend – sämtlichen Prüflingen zunächst die Themenauswahl für die mündlichen Vorträge ausgehändigt. Sodann hielten sie nacheinander ihre Vorträge zu jeweils unterschiedlichen Themen im Beisein der Mitprüflinge. Die Klägerin bestand die Prüfung nicht und erhob hiergegen fristgerecht Klage beim damals zuständigen Finanzgericht Düsseldorf. In diesem Klageverfahren wurde der Verfahrensablauf der mündlichen Vorträge nicht thematisiert. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung nahm die Klägerin die Klage zurück.

Später fehlerhaftes Verfahren bei mündlichen Vorträgen geltend gemacht

Nachdem etwa ein Jahr später im Rahmen eines Klageverfahrens eines anderen Kandidaten der Verfahrensablauf der mündlichen Vorträge thematisiert worden war, beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Aufhebung der Prüfungsentscheidung und berief sich auf einen Verfahrensfehler im Hinblick auf die unterschiedlich lange Vorbereitungszeit. Dies lehnte die Beklagte ab und verwies im Wesentlichen darauf, dass die Klägerin einen etwaigen Verstoß bereits im ursprünglichen Klageverfahren hätte geltend machen können. Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg.

FG bestätigt: Verfahrensablauf verletzte Grundsatz der Chancengleichheit

Das FG führt zunächst aus, dass der Bescheid über das Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung rechtswidrig sei, weil der Verfahrensablauf den Grundsatz der Chancengleichheit verletzt habe. Dies folge daraus, dass die Prüflinge unterschiedlich lange Vorbereitungszeiten für ihre mündlichen Vorträge gehabt hätten. Zudem hätten die späteren Prüflinge die Reaktion der Prüfer auf bestimmte Ausführungen beziehungsweise Formulierungen ihrer Vorredner beobachten und sich hierauf einstellen können.

FG Münster hält Ablehnung des Aufhebungsantrags für ermessensgerecht

Dennoch sah das FG die Ablehnung des Aufhebungsantrags als ermessensgerecht an. Die Behörde habe die Klägerin zu Recht darauf hingewiesen, dass es ihr möglich und zumutbar gewesen sei, den fehlerhaften Verfahrensablauf bereits vor dem FG Düsseldorf zu rügen. Sie habe keine Umstände dargelegt, warum dies von ihr nicht habe erwartet werden können. Allein das Aufgreifen dieses Umstands in einem späteren Klageverfahren eines anderen Prüflings genüge hierfür nicht. Zudem habe die Klägerin diesen Verfahrensfehler offensichtlich selbst nicht als schwerwiegend empfunden, so das FG abschließend.

FG Münster, Urteil vom 06.12.2017 - 7 K 2451/16

Redaktion beck-aktuell, 17. Januar 2018.