Kommission empfiehlt, Abtreibungen in ersten 12 Wochen grundsätzlich zu erlauben

Mit der Frage der Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen haben sich Experten monatelang auseinandergesetzt. Am Montag wollen sie ihre Ergebnisse vorstellen. Der "Spiegel" will vorab erfahren haben, dass eine Empfehlung die generelle Straffreiheit von Schwangerschaftsabbrüchen innerhalb der ersten zwölf Wochen vorsieht.

Das Nachrichtenmagazin bezog sich auf den Abschlussbericht der Expertenkommission, die die Bundesregierung mit der Prüfung dieser Frage beauftragt hatte. Laut "Spiegel" legen die Experten der Bundesregierung nahe, die grundsätzliche Rechtswidrigkeit von Abbrüchen in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen zu überdenken.

Das Gesundheits- und das Familienministerium wollten den "Spiegel"-Bericht auf Anfrage zunächst nicht kommentieren und verwiesen auf die geplante Vorstellung der Kommissions-Empfehlungen in der kommenden Woche. Das Familienministerium von Lisa Paus (Grüne) erinnerte an die Unabhängigkeit der Experten und die Vertraulichkeit der besprochenen Inhalte. "Die Kommission wird die Ergebnisse ihrer Arbeit am 15. April in Form eines Abschlussberichts der Bundesregierung vorlegen. Dieser Abschlussbericht wird nicht nur die Ergebnisse und etwaige Handlungsempfehlungen beinhalten, sondern auch die entsprechenden Begründungen", hieß es.

Die Bundesregierung hatte die Kommission kurz nach ihrem Amtsantritt eingesetzt. Sie sollte prüfen, ob Schwangerschaftsabbrüche weiterhin im Strafgesetzbuch geregelt werden sollen. Eine Abtreibung ist in Deutschland nach § 218 StGB grundsätzlich strafbar, es gibt aber Ausnahmen. So ist der Tatbestand nicht verwirklicht, wenn sie innerhalb der ersten zwölf Wochen stattfindet und die Frau sich zuvor beraten lassen hat. Nicht strafbar ist ein Abbruch zudem, wenn medizinische Gründe vorliegen oder wenn er wegen einer Vergewaltigung vorgenommen wird. Bundesfamilienministerin Paus hatte in der Vergangenheit mehrfach angedeutet, dass sie sich eine Neuregelung vorstellen könne.

Die rot-grün-gelbe Bundesregierung hatte bereits im ersten Jahr ihrer Amtszeit eine weitreichende Gesetzesänderung im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen auf den Weg gebracht: Sie schaffte den umstrittenen § 219a StGB ab, der zuvor das "Werbeverbot" für Abtreibungen geregelt und immer wieder dazu geführt hatte, dass Ärztinnen und Ärzte sich strafbar machten, wenn sie öffentlich Informationen über Schwangerschaftsabbrüche zur Verfügung stellten. Eine Abschaffung von § 218 StGB wäre noch weitreichender, da er Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich nicht mehr unter Strafe stellen würde. Eine solche Neuregelung lehnen AfD und Union strikt ab.

Union droht mit Klage

Unionsfraktionsmanager Thorsten Frei rechnet mit einer Klage der Unionsfraktion vor dem BVerfG, falls die Ampelkoalition Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen generell straffrei stellen sollte. Falls sich die Koalition entsprechende Vorschläge zu eigen mache, "würde das zwangsläufig dazu führen", dass man in Karlsruhe klagen werde, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Abgeordneten am Dienstag in Berlin.

Frei warnte eindringlich davor, mit einem solchen Vorstoß gesellschaftliche Konfliktlinien nach dem Kompromiss um das Abtreibungsrecht aus den 1990er Jahren wieder neu aufzureißen. Dies sei "grundüberflüssig" in einer Situation, in der die Koalition ganz andere Probleme zu bewältigen habe wie etwa die Wirtschaftskrise oder die steigende Kriminalitätsrate. "Es wäre grundfalsch, weitere gesellschaftliche Konflikte zu provozieren", betonte der CDU-Politiker. Es gebe zu dem Thema zwar noch keinen Beschluss der Fraktion. Aber "ich bin mir ziemlich sicher, dass ich da auch für die Fraktion sprechen kann".

Redaktion beck-aktuell, bw, 9. April 2024 (dpa).