"Die Ausführungen des vorlegenden Gerichts sind insgesamt nicht nachvollziehbar und lassen überdies nicht erkennen, dass es die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift – wie geboten – sorgfältig geprüft hat", moniert das BVerfG (Beschluss vom 05.09.2024 – 2 BvL 3/17).
Eltern erhalten für ihre Kinder entweder Kindergeld oder Freibeträge bei der Einkommensteuer, darunter den Kinderfreibetrag. Ob sie Kindergeld oder die Freibeträge bekommen, hängt davon ab, was für sie günstiger ist. 2014 war altersunabhängig je Kind ein Kinderfreibetrag von 4.368 Euro zu berücksichtigen.
Das FG Niedersachsen, bei dem die Klage einer Mutter zweier Töchter liegt, war davon überzeugt, dass die Höhe des Kinderfreibetrags für das Jahr 2014 (§ 32 Abs. 6 EStG a.F.) verfassungswidrig zu niedrig sei. Dabei beanstandete es die Berechnung des Kinderfreibetrags anhand des Existenzminimumberichts der Regierung.
Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift nicht gründlich genug geprüft
Laut BVerfG hat das FG aber bereits nicht erörtert, weshalb es überhaupt auf die Erwägungen im Existenzminimumbericht ankommen sollte – was tatsächlich auch nicht der Fall sei. Die Berichte erlaubten weder unbesehen einen Rückschluss darauf, welche Erwägungen der Festlegung des Kinderfreibetrags im parlamentarischen Verfahren zugrunde gelegen haben, noch begründeten etwaige Mängel der Existenzminimumberichte bei der Berechnung des Existenzminimums einen Verfassungsverstoß.
Dass das FG die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift nicht gründlich genug geprüft habe, zeige sich auch in seinen wiederholenden Ausführungen zur angeblichen Verfassungswidrigkeit des Ansatzes eines altersunabhängigen Durchschnittsbetrags für den Kinderfreibetrag 2014. Das FG habe sich nicht mit der Rechtsprechung des BVerfG und des BFH zu dieser Frage auseinandergesetzt.
Soweit es den Kinderfreibetrag 2014 jedenfalls (auf Basis des Existenzminimumberichts) um jährlich 72 Euro zu niedrig und eine Saldierung des Kinderfreibetrags mit dem Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf eines Kindes für unzulässig hielt, habe es sich ebenfalls nicht genug mit der Rechtsprechung des BVerfG und des BFH befasst.