Auch in verwalterloser Zweier-WEG: Nur WEG kann gegen zweckwidrige Nutzung klagen

Will in einer verwalterlosen Zweier-WEG der eine Wohnungseigentümer eine zweckwidrige Nutzung des anderen unterbinden, kann er nicht selbst auf Unterlassung klagen, sondern nur die WEG. Laut BGH kann er Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche auch nicht im Weg der actio pro socio geltend machen.

In einer Zweier-WEG ohne Verwalter wollte die eine WEG-Partei zu ihrem Sondereigentum gehörende Gewerberäume in zwei Wohnungen umbauen. In den Räumen hatte sich früher eine Metzgerei mit Schlachthaus befunden, sie standen aber schon seit einigen Jahren leer. Die andere Partei befürchtete allerdings mehr Lärm und Belästigungen und klagte unter Verweis auf die Teilungserklärung auf Unterlassung der beabsichtigten Umnutzung. Sie berief sich auf einen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB i. V. m. § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG. In den Vorinstanzen scheiterte die Klage. Das Berufungsgericht hielt sie mangels Prozessführungsbefugnis bereits für unzulässig. Nach der WEG-Reform liege diese bei der WEG, die WEG-Partei könne auch nicht für die WEG klagen.

Der BGH hat das Berufungsgericht bestätigt und die Revision der WEG-Partei zurückgewiesen (Urteil vom 09.02.204 - V ZR 6/23). Er bekräftigt seine bisherige Rechtsprechung, dass die Prozessführungsbefugnis für Klagen auf Unterlassung einer zweckwidrigen Nutzung des Wohnungseigentums nach der WEG-Reform allein bei der WEG liegt, und zwar auch dann, wenn zugleich mittelbar das Eigentum aller Wohnungseigentümer beeinträchtigt wird.

Keine actio pro socio bei Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüchen

Laut BGH kann die WEG-Partei einen Unterlassungsanspruch auch nicht im Weg der actio pro socio für die WEG geltend machen. Der diskutierten Übertragung dieses gesellschaftsrechtlichen Instruments auf die WEG erteilt der BGH grundsätzlich eine Absage. Auch in einer verwalterlosen WEG schließt er eine actio pro socio aus, jedenfalls für Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche. Denn bei diesen gehe es um die Einhaltung der WEG-Binnenregeln zur Nutzung, nicht um eine Leistung an die WEG. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle aber gerade die WEG gestärkt werden und sie allein für Ansprüche auf Einhaltung des Binnenrechts nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG prozessführungsbefugt sein. Für einen Anspruch aus § 1004 BGB wegen einer mittelbaren Beeinträchtigung des Sondereigentums scheide eine actio pro socio außerdem schon deshalb aus, weil Anspruchsinhaber nicht die WEG, sondern der Wohnungseigentümer ist.

Dem BGH zufolge wird die Durchsetzung von Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüchen dadurch auch nicht unzumutbar erschwert, auch nicht bei einer Zweier-WEG ohne Verwalter: "Denn die verwalterlose Zweiergemeinschaft wird bei der Geltendmachung von Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüchen, die sich auf Beeinträchtigungen des gemeinschaftlichen Eigentums durch einen der Wohnungseigentümer beziehen, von dem jeweils anderen Wohnungseigentümer vertreten; einer Vorbefassung der Eigentümerversammlung vor Klageerhebung bedarf es insoweit nicht." Der BGH überträgt hier seine Rechtsprechung zur Geltendmachung von Beitragsansprüchen in einer verwalterlosen WEG gegen einen Eigentümer ohne vorherige Beschlussfassung auf Unterlassungsansprüche. "In größeren verwalterlosen Gemeinschaften ist dagegen, wenn die Mehrheit der Wohnungseigentümer Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche nicht durchsetzen möchte, die Beschlussersetzungsklage gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG der richtige Weg, um den Minderheitenschutz zu gewährleisten."

Actio pro socio für Beitragsansprüche?

Explizit offen lässt der BGH die Frage, ob in einer WEG ohne Verwalter eine actio pro socio für Beitragsansprüche möglich ist. Bei größeren verwalterlosen Gemeinschaften sei die Rechtsdurchsetzung seit der Reform zwar "ganz erheblich erschwert". Der BGH musste aber im vorliegenden Fall nicht entscheiden, ob dem mit einer actio pro socio oder praktikablen Anforderungen an die Bestellung eines Notverwalters abzuhelfen sei, solange der Gesetzgeber nicht tätig werde.

BGH, Urteil vom 09.02.2024 - V ZR 6/23

Redaktion beck-aktuell, hs, 9. April 2024.