BGH: Verbraucherverbände können bei Verwendung unwirksamer AGB Folgenbeseitigungsanspruch haben

Verbraucherverbände können gegen den Verwender unwirksamer allgemeiner Geschäftsbedingungen einen Folgenbeseitigungsanspruch aus dem UWG haben. Dies hat der Bundesgerichtshof auf Klage der Verbraucherzentrale Hamburg gegen die Allianz Lebensversicherungs-AG wegen intransparenter Klauseln entschieden. Danach sei das Unternehmen grundsätzlich verpflichtet, die betroffenen Kunden über die Unwirksamkeit der Klauseln zu informieren. Allerdings sei noch zu klären, ob der Anspruch nach wie vor bestehe oder das Unternehmen die Verbraucher bereits entsprechend informiert habe (Urteil vom 14.12.2017, Az.: I ZR 184/15, BeckRS 2017, 141115).

Berufungsgericht: Vorrangiges UKlaG enthält keinen Anspruch auf Folgenbeseitigung

Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte gegen intransparente Klauseln in den Lebensversicherungsverträgen der Allianz Lebensversicherungs-AG geklagt. Zugleich verlangte sie eine Beseitigung der Folgen. Während die Verbraucherzentrale mit ihrer Klage gegen die Verwendung der Klauseln bereits in den Vorinstanzen erfolgreich war, hatte das Oberlandesgericht Stuttgart im August 2015 in einem Berufungsverfahren entschieden, dass die Allianz Lebensversicherungs-AG nicht verpflichtet werden könne, ihre Kunden über die Unwirksamkeit der Vertragsklauseln zu informieren. Die Verbraucherzentrale habe keinen Folgenbeseitigungsanspruch aus § 1 UKlaG. Ansprüche aus dem UWG schließe das UKlaG als lex specialis aus. 

BGH: Folgenbeseitigungsanspruch nach UWG nicht ausgeschlossen

Dies sah der BGH anders. Zwar lasse sich ein Folgenbeseitigungsanspruch nicht aus § 1 UKlaG herleiten, eine Sperrwirkung gegenüber § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG trete aber nicht ein. Beide Gesetze bestünden gleichwertig nebeneinander. Der BGH hat das OLG-Urteil daher unter anderem zur Prüfung der Frage zurückverwiesen, ob die Voraussetzungen des Folgenbeseitigungsanspruchs (noch) vorliegen.

Verbraucherzentrale: Versicherer müssen künftig mit Erstattungsforderungen ihrer Kunden rechnen

"Versicherungskonzerne haben es nun schwerer, unrechtmäßig Geld von ihren Kunden einzubehalten", begrüßt Michael Knobloch, Vorstand der Verbraucherzentrale Hamburg, laut Mitteilung vom 26.02.2018 die Entscheidung der Karlsruher Richter. Bislang hätten Unternehmen bei der Verwendung unzulässiger Klauseln oft nur damit rechnen müssen, für die Zukunft auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden. Denn betroffene Kunden verlangten sehr selten rückwirkend Erstattung, da sie nicht wüssten, dass sie wegen rechtswidriger Vertragsklauseln einen finanziellen Schaden erlitten haben. "Nun müssen Versicherer gegenüber ihren Kunden Klartext reden, wenn sie mit umstrittenen Klauseln gearbeitet haben. Der Bundesgerichtshof hat Versicherungsnehmern mit seinem Urteil den Rücken gestärkt", freut sich Knobloch. 

BGH-Urteil betrifft Verbraucherschutz insgesamt

Die Verbraucherzentrale weist auf die weitreichenden Folgen der BGH-Entscheidung für den Verbraucherschutz insgesamt hin. Denn der BGH habe in seinem Urteil klargestellt, dass Verbraucherschutzverbänden wie den Verbraucherzentralen hinsichtlich aller verbraucherschützenden Vorschriften gleichermaßen ein Folgenbeseitigungsanspruch zustehen kann und sie entsprechende Informations- und Aufklärungsschreiben von Unternehmen einfordern dürfen. "Die im Urteil getroffenen Wertungen gelten demnach nicht nur für die Versicherungsbranche, sondern auch für andere Konsummärkte", schlussfolgert Knobloch.

BGH, Urteil vom 14.12.2017 - I ZR 184/15

Redaktion beck-aktuell, 26. Februar 2018.